Start Events Festivalberichte Review: Mera Luna Festival 2009 (08.-09.08.2009, Hildesheim)

Review: Mera Luna Festival 2009 (08.-09.08.2009, Hildesheim)

 

Foto: Torsten Volkmer

Auch in diesem Jahr war es wieder soweit: zum 10. Mal trafen sich die Anhänger der Wave-Gothic-Szene in Hildesheim zum alljährlichen Schaulaufen auf dem Flugplatz in Hildesheim. Man ist schließlich stolz darauf, dass man weiß wie 3 Tage im Zelt makellos geschminkt zu überstehen sind, und zelebriert dieses geheime Wissen nach allen Regeln der Kunst. Innerhalb von 2 Tagen spielten 40 Bands auf der Bühne sowie im Hangar des Flugplatzes, die laut Veranstalter mehr als 23.000 Besucher anlockten.

Die Wettervorhersage ließ zunächst nichts Gutes hoffen, deshalb packten einige noch die etwas dickere zerrissene Strumpfhose und das wasserfeste Make-Up in den Koffer, aber: ganz umsonst! Der Himmel hatte ein Einsehen, Regen gab es keinen, und das obwohl nur wenige Kilometer weiter im Landkreis Hildesheim am Samstagabend ein Unwetter die Straßen mit bis zu 60 Liter Regen pro Quadratmeter unpassierbar machte. Stattdessen sorgte ein leichter Wolkenschleier dafür, dass die brütende Sonne den Besuchern trotz meist schwarzer Kleidung das Festival nicht verleiden konnte, wobei es trotzdem gefühlt an die 30 Grad hatte und man sich schon mittags auf die nächste Dusche freute. Fazit: super Festivalbedingunge dieses Jahr!

Am Samstag wurde das M’Era Luna um 11 Uhr mit No More eröffnet, die zu der frühen Stunde natürlich nur vor einer handvoll Zuhörern musizierten. Die Band aus Kiel, die nurmehr aus 2 Mitgliedern besteht, versuchte die Meute mit „Suicide Commando“ gleich richtig auf das bevorstehenden Wochenende einzustimmen, aber ein Song der nur aus 666 Wiederholungen des Wortes Suicide besteht, war dann wohl doch zu viel des Guten. Hell, Death und Kill hätten auch noch gut reingepasst, schade. Das ganze konnte mich inhaltlich sowie musikalisch nicht so recht überzeugen.

Foto: Torsten Volkmer

Pünktlich zum Mittagessen betraten dann Krypteria die Bühne. Sowohl Frontfrau Ji-In als auch den anderen drei Musiker wird ja nachgesagt, dass sie erstklassige Sänger seien. Leider kommt das Gesangsstudium von Ji-In wohl nur im Studio zur Geltung, denn was sich auf Platte durchaus nett anhören lässt, kommt live nicht überzeugend rüber.

Trotzdem ist die Dame natürlich eine Augenweide und man schaut gerne hin. Zumindest bist der Magen knurrt und endgültig nach der langersehnten Chinapfanne verlangt.

Foto: Torsten Volkmer

Gesättigt ging es nun auf zu Letzte Instanz. Langsam füllte sich der Bühnenvorplatz auch mehr und mehr, die Klamotten klebten passend zur Mittagshitze an den Körpern… Die richtige Stimmung also! Dementsprechend wurde nun auch ordentlich gehüpft, geklatscht und geschrien, während die Jungs auf der Bühne ihr Bestes gaben. Die Stimmung wurde stetig besser, als schließlich die Apokalyptischen Reiter die Bühne betraten. Nicht zuletzt, weil Keyboarder Dr. Pest sich der geifernden Meute als lederbeschlüpperter Lustklave anbot und mit gekonntem Peitschenschwung ordentlich Dampf in die Bude brachte.

Foto: Torsten Volkmer

Gespannt wartete man danach auf Oomph!. Von den einen als zu kommerziell abgeschrieben, von der Fangemeinde hochgejubelt, schafften sie es durchaus mit Anfeuerungen wie „wollt Ihr Sex?!“ und dem entsprechenden Song das Publikum mitzureißen. Natürlich, das gehört zum Programm, ebenso wie die Gestik und Mimik von Sänger Dero, im Westen also nichts Neues. Dieser erfreute immerhin noch die männlichen Autogrammjäger, indem die Schlange vor dem Autogrammzelt urplötzlich stark dezimiert wurde, als sich unter der weiblichen Fangemeinde herumsprach, dass Oomph! dort ohne ihren Frontmann angetreten waren.

Eine tolle Show lieferten danach The Birthday Massacre aus Canada ab. Sängerin Chibi tobte angenehm unaffektiert über ihre Bühne und brachte mit ihrer rockigen Stimme die Menge zum mitfeiern. Mit gitarrenlastigem Alternative-Gothicrock kann man ja meist auch nicht viel falsch machen, gut so!

Foto: Torsten Volkmer

Etwas gebremst wurde die Stimmung danach durch den Auftritt von Blutengel. Vielen sicher bekannt, ging ich völlig unbedarft an den Auftritt heran, und war recht schnell gelangweilt. Zwei statisch wirkende Frontfrauen, die ohne großen Elan ihre Texte heruntersangen, und das auch nicht durch herausragende stimmliche Leistungen oder die Tänzerinnen mit den engelsgleichen Federfächern wieder rausreißen konnten.

Musik vom Band mit einer Bühnenshow zum Einschlafen… dies war auch die Meinung anderer Festivalbesucher.

Foto: Torsten Volkmer

Nicht gerade zum Wieder-Aufwecken geeignet aber doch vielen ein Begriff war der nun anstehende Peter Heppner mit seiner Band. Für mich so ein Bisschen der Xavier Naidoo-Typ: Ein Lied ist okay, nach zwei Liedern klingeln einem die Ohren von dem Jammergesang. Erfreut hat er mich jedoch mit „die Flut“, wobei das natürlich ohne die geile tiefe Stimme von Joachim Witt nur der halbe Spass ist, aber immerhin!

Kurzfristig begaben wir uns danach in den finsteren und recht stickigen Hangar, um uns das Konzert von Zeraphine nicht entgehen zu lassen. Hier kam auch gleich die passende Stimmung auf und die Fans jubelten begeistert.

Foto: Torsten Volkmer

Dann standen die altbekannten Cellisten von Apocalyptica aus Finnland auf dem Programm. Hochgelobt und sicherlich auch hochbegabt… Doch nach einiger Zeit denkt man doch etwas sehnsuchtsvoll an die Originale von Metallica und die Stimme von James Hetfield fehlt im Ohr.

Jedoch wurde auch das Chart-bekannte „I’m Not Jesus“ mit einem Gastsänger zu Gehör gebracht, leider war der Sound teilweise nicht so toll. Vielleicht lag es einfach nur am frischen Wind der aufkam, aber das Schlagzeug war stets sehr präsent und die Celli gingen in Form von leichter Tonsuppe etwas unter, schade.

Foto: Torsten Volkmer

Im Anschluss daran nun also das Highlight des Tages: Nightwish, Headliner des diesjährigen Festivals und seit einiger Zeit eher bühnenabstinent, wurde sehnsüchtig erwartet. Aber was soll man sagen, wo Licht ist, ist dann eben doch auch Schatten… Fairerweise muss hinzugefügt werden: sie hatten es nicht leicht. Nachdem Sängerin Tarja 2005 die Band verließ, bemüht sich seitdem „die Neue“ Annette Olzon um Anerkennung und ihren Stand in der Band. Ein Festivalbesucher sagte treffend „sie ist zwar die Frontfrau, aber nicht der Star“.

So denkt sie wohl selber auch, und hält sich vehement zurück auf der Bühne, um Co-Sänger Marco das Feld zu überlassen. Dazu kommen die steten Schwierigkeiten mit den alten Songs, denen ihre Stimme nicht so recht gewachsen ist. Songs vom neuen Album hingegen machen schon mehr Spass.

Während des Konzertes gab die Band schließlich noch ihre Abkehr von der Bühne für mehrere Jahre bekannt und bedankte sich bei den Fans für die Unterstützung, was viele sicher schockte: war’s das jetzt? Kommt doch die Auflösung, die böse Zungen schon seit 2005 befürchteten? Als wäre das nicht genug, schoss sich pünktlich um 23.30 Uhr die Soundanlage ab. Da die Monitore der Band jedoch noch funktionierten, machten sie unbeirrt weiter, ein recht seltsames Schauspiel. Erst nach ca. 10 Minuten, die Band hatte inzwischen die Bühne verlassen, schien das Problem behoben und Nightwish spielten noch einige Songs.

 

Am Sonntag ging es frohgemut weiter. Etwas weniger heiß, dafür umso mehr schwül, ließ der Tag sich gleich gut an. Scream Silence, die erneut auf dem M’Era Luna zu finden sind, müssen zu Unrecht immer noch die Weckschicht übernehmen, und spielten vor einer Handvoll „Frühaufstehern“. Diese schienen jedoch zu wissen, für was sie zu nachtschlafender Zeit die Betten verlassen hatten, feuerten die Band begeistert an und spendierten ordentlich Beifall. Sofort fiel dem geneigten Hörer auf: Nach dem Ausfall von gestern musste etwas mit der Anlage passiert sein. Der Sound war lauter, der Bass drückender. Ob dies sein musste und die Ohren nicht unnötig bis an die Grenzen strapazierte, sei hier mal dahingestellt.

Im Anschluss daran und vor sich langsam vermehrendem Publikum spielten dann Zeromancer. Vielen ein Begriff lieferten sie eine solide Show, leider mit wenigen ihrer „Klassiker“ und (vermutlich) größtenteils Songs vom neuen Album. Nach dem Mittagessen also ab zu Schelmish. Eine ganze Horde mittelalterlicher Spielmänner auf der Bühne, die die Fans zum Kochen brachte, eine schöne Sache.

Foto: Torsten Volkmer

Dann L’Ame Immortelle, auch ein recht bekannter Name. Aber wie wir ja wissen schützt Bekanntheit nicht davor, durch eher maue Leistung aufzufallen, so auch hier. Sängerin Sonja hat meiner Meinung nach live ordentliche Schwierigkeiten den Ton zu treffen, was auf Dauer recht anstrengend anzuhören ist.

Publikumsmeinungen ließen verlauten, dass die Band, die bereits seit über 10 Jahren gemeinsam unterwegs ist, in den letzten Jahren immer schlechtere Auftritte abliefert. Warten wir ab ob‘s nochmal besser wird, bis dahin bleiben uns ja die Alben der österreichischen Band.

Foto: Torsten Volkmer

The Crüxshadows waren ebenfalls schon einige Male zu Gast beim M’Era Luna und rockten auch heute wieder die Massen. Sänger Rogue tobte auf der Bühne hin und her, während die 5 weiblichen Bandmitglieder dekorativer Blickfang im Hintergrund waren. Elektrowave mit geigenden Amazonen, das wurde vom Publikum mit frenetischem Applaus belohnt.

Trotzdem sollten die zwei silber glänzenden Tänzerinnen eventuell nochmal Detlef „D!“ Soost zwecks Ausmerzens von Asynchronitäten in der Performance konsultieren, aber das konnte das Gesamtbild natürlich auch nicht nachhaltig trüben.

Foto: Torsten Volkmer

Alexander Veljanov ist vor allem durch seine Band Deine Lakaien bekannt geworden. Als Solokünstler macht er besonders durch seine Instrumentierung mit Krummhorn und Hirtenflöte von sich reden, die aus seiner mazedonischen Heimat stammen.

Von Bühnenshow kann natürlich kaum gesprochen werden, da ein einzelner Sänger (wie auch bei Herrn Heppner schon gesehen) eigentlich auch nicht viel mehr tun kann als stehen und singen. Meine Musik war es nicht so, meine Stimme irgendwie auch nicht… Aber das ist ja Geschmackssache.

Im Anschluss daran folge der Auftritt von Tiamat. Tiamat ist eine alteingesessene Band mit 20 jähriger Geschichte auf dem Buckel, die sich aber in den Jahren sehr verändert und weiterentwickelt hat. Vielleicht ist das aber auch der Grund für einen Mangel an Wiedererkennungswert bei den Hörern, denn während bei anderen jüngeren Bands (manchmal erstaunlicherweise) die Post abging, war es bei Tiamat trotz schöner Stimmung relativ leer.

Foto: Torsten Volkmer

Spätestens seit Stefan Raabs Songcontest auch einer breiten Masse bekannt sein dürften Subway To Sally, die nun an der Reihe waren. Vielleicht hat die Band jetzt aber auch etwas viel um die Ohren, denn Frontmann Eric machte einen etwas überdrehten Eindruck und flitschte wie ein Derwisch auf der Bühne herum.

Eine beeindruckende Feuershow rundete den Auftritt ab, bei der man oft angstvoll nach oben schaute, ob nicht doch gleich ein Scheinwerfer abfackeln würde. Aber alles ging gut und die Fans jubelten begeistert.

Foto: Torsten Volkmer

Nach Subway ging es nun ab in den Hangar zu den Deathstars. Die Halle war durchaus gut gefüllt, das erste Mal dass ich mehrere Male umgerempelt wurde, aber so sind sie eben, die liebestollen weiblichen Fans der „Death-Glam“-Band. Nach 5-minütiger Verspätung wurde die Band lautstark auf die Bühne beordert und folgte den Rufen schließlich. Eine begeisterte Masse feierte die Schweden dann ordentlich ab.

Last but not least erwarteten nun alle gespannt The Prodigy. Da immer wieder Stimmen laut wurden, dass die Band aus Großbritannien mit ihrem Elektro-Punk auf dem M’Era Luna eigentlich nichts verloren hätte, wird berichtet, dass Keith und Co. tatsächlich etwas Bammel hatten, von der Bühne gebuht zu werden. Alle Sorgen waren aber umsonst, denn der Auftritt war ein voller Erfolg. Wenn man auch auf Grund der recht grellen Lightshow und in Ermangelung einer Leinwand von den Jungs nicht viel sehen konnte: Der Bass wummerte durch und durch und riss einen sofort mit! Das Publikum war dennoch etwas gespalten, während die einen wild tanzten und augenscheinlich den größten Spass des Wochenendes hatten, gingen andere dann doch mit den Worten „das ist doch Loveparade-Techno“ schon früher zu den Parkplätzen um sich auf den Heimweg zu machen. Ich persönlich fand the Prodigy übrigens großartig…. !

 

Insgesamt ein schönes Festival, anstrengend und warm, aber geil! Auch das Rahmenprogramm war wie immer umfangreich, so gab es ein Mittelalterspektakel mit Gauklern, Feuerspuckern, Schmied und Barbier zu bestaunen, und auch die große Shopping-Meile lockte wieder viele Modeinteressierte an. Mode war auch das Stichwort bei der ersten Modenschau des M’Era Luna, die zusammen mit Notability Trash auf die Beine gestellt wurde. Das neue Chill-Out-Zelt, in dem auch die Autogrammjäger auf ihre Kosten kamen, wurde ebenfalls gut angenommen. Zeitweise bildeten sich Schlangen weit bis zwischen die Stände vom Aal-Klaus und der Pommes-Marie hinein.

Wie auf vielen Festivals der letzten Zeit gab es auch auf dem M’Era Luna dieses Jahr die Möglichkeit, seine Pfandbecher für einen guten Zweck in die blauen Tonnen von VIVA CON AGUA zu werfen und den einen Euro damit für Brunnenbauprojekte zu spenden. Leider wurde hierfür meiner Meinung nach viel zu wenig die Werbetrommel gerührt. Während auf anderen Festivals dieses Jahr selbst die Bands dazu aufriefen, die Becher für den guten Zweck auf die Bühne zu werfen, musste man hier schon genau hinschauen um überhaupt einmal eine der blauen Tonnen zu Gesicht zu bekommen. Eine gute Idee, die jedoch in der Umsetzung noch verbesserungswürdig ist.

Bis zum nächsten Mal, Eure immer noch etwas staubige uschi.

Konzertfotos:

 

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