Review: Bis die Schuhe fliegen – Party.San Metal Open Air (10. – 12.08.2017, Schlotheim)

Mittwoch

Erneut öffnen sich neben der kleinen Stadt Schlotheim die Tore zum Party.San, die wohl das geeignetste Stadtwappen für dieses Festival überhaupt hat! Hell is Here! Von freundlichen Securities begrüßt und auf jegliches Glas durchsucht, geht es vorbei an fast nicht enden wollenden, reservierten Grünflächen bis zum Ende der Rollbahn. Nach einem kurzen Kampf mit den Zeltstangen steht es, das Zuhause für die nächsten Tage. Hätte ich mir doch bloß auch mal so eins von diesen Wurf- oder Klappzelten gekauft. Nichts desto trotz, es steht genau rechtzeitig zum ersten Regenschauer.

Donnerstag

Nach einer kurzen, klammen Nacht ist er da, der erste Festivaltag! Als Opener steht Night Demon auf der Bühne, satter Heavy Metal von der Pazifikküste. Mit Songs wie „Black Widow“ und „Screams In The Night“ heizen die Kalifornier von der Bühne ein, während sich das Gelände füllt. Die eingängigen Refrains laden regelrecht zum Mitsingen ein und bringen gute Laune an diesem bewölkten Nachmittag. Mit dem gelungenen Iron Maiden Cover „Wasted Years“ geht der Auftritt zu Ende.

Night Demon (Foto: Toni Gunner bs! 2017)

Mit der zweiten Band, den polnischen Azarath, wird es gleich deutlich härter. Ihre Mischung aus bösen Black und Death Metal Riffs die hier abgeliefert wird, klingt als würde Inferno da weitermachen, wo Behemoth beschlossen haben ihren Stil zu ändern. Der Sound klingt super abgemischt für die zweite Band, Respekt liebes Techniker Team! See you in Hell!

Lucifericon (Foto: Toni Gunner bs! 2017)

Mittlerweile schallt die Musik auch von der Zeltbühne. In einem roten Nebelmeer stehen Lucifericon und die okkulte Death Metal Wand, die von den Holländern über die Menge gefegt wird, kommt gut an beim Publikum. Leider bleibt mir nicht viel Zeit, weil draußen auf der Hauptbühne der nächste Hammer wartet. Trotzdem kann man gespannt sein, was von diesen Jungs in Zukunft noch auf uns zu kommt!

Das Lob, welches dem Soundtechniker Team gilt, hat einen kleinen Vorbehalt. Wer am Anfang bei den Isländern von Misþyrming vor der Bühne steht, muss Bass mögen. Doch mit der Zeit ist das dunkle Wummern auf einem angepassten Maß angekommen und die düsteren Gitarrensounds kommen durch. Böser Black Metal. Kalt, rau, melancholisch und wunderschön, wie das Land aus dem die Jungs kommen. Ein Schneesturm der mit Eiseskälte und doch majestätisch die Fröhlichkeit aus dem Leben zerrt und nichts als Tot und Chaos hinterlässt.

The Lurking Fear (Foto: Toni Gunner bs! 2017)

Ein weiteres Highlight kommt mit den erst dieses Jahr gegründeten The Lurking Fear auf die Zeltbühne. Sänger Tomas Lindberg und Drummer Adrian Erlandsson von At The Gates haben mit ein paar weiteren namenhaften, schwedischen Musikern ein hochkarätiges Death Metal Projekt aus dem Boden gestanzt. Mit Texten, die an den Horror von H. P. Lovecraft angelehnt sind, zerren sie an unserem Verstand und mit schnellen chaotisch, schwedischen Riffs nagen sie an unserer Seele. Das Zelt tobt!

Party.San Impressionen (Foto: Toni Gunner bs! 2017)

Draußen geht es weiter mit Mantar. Die zweier Kombo weiß mit düsteren Klängen und sympathischen Ansagen zu begeistern. „Wir wissen nicht viel, wir sind Bremer aber wir wissen, wie man die Stimmung zu uns lenkt und zwar mit Schnaps!“ Doomig, wie ein Donnergrollen rollt der Klangteppich perfekt abgemischt aus den Boxen. Die Jungs schaffen es, dass man einfach nicht stillstehen kann, man muss sich zu ihrer Musik bewegen!

Bösartig und düster stehen jetzt Ultha im Zelt. Erneut ein rotes Nebelmeer und dunkle Silhouetten im fahlen Licht der Scheinwerfer. Hass rollt einem aus den Boxen entgegen. Es ist großartig, genau für diese Stimmung kommt man zum Party.San! Danke Jungs!

In weißen Todesschleiern gewandet wirkt Onielar von Darkened Nocturn Slaughtercult wie eine wahr gewordene Dämonin aus den schlimmsten Albträumen. Die Bühnenpräsenz passt zu diesem Szenario. Man fühlt sich, als ob man nachts um zwölf auf dem Friedhof steht. Musikalisch sehr solider Black Metal, der zu überzeugen weiß.

Darkened Nocturnal Slaughtercult (Foto: Toni Gunner bs! 2017)

Pünktlich zu Urfaust platzt ein Wolkenbruch aus dem Himmel. Der Stimmung tut das kein Abbruch. Ein perfekter, klarer Sound fegt über die zahlreichen BesucherInnen, die klitschnass dageblieben sind um diese Spektakel zu genießen. Böse Zungen munkeln, das muss doch Playback sein, denen glaube ich aber kein Wort. IX hat die Menge mit seinem unverwechselbaren Gesang in der Hand und lässt sie staunend zurück.

Wer bei Overkill noch dageblieben ist, bekommt genau das was er/sie erwartet, old school Death Metal vom feinsten! „I hate you!“, viel mehr bekomme ich aus dem Whisky Zelt allerdings nicht mit.

Overkill (Foto: Toni Gunner bs! 2017)

Abbath, Er ist Abbath, er ist Immortal und genau das bringt der erste Headliner auf diesem Party.San an das Volk. Gerumpel vom feinsten. Der quirlige Frontsänger weiß wie man Grimassen schneidet. Schön! Eingängige Hymnen, die im Ohr bleiben. Immer noch nass wippt die Menge mit.

Freitag

Los geht es mit dem traditionellen Frühstücksgrind. Dieses Jahr dürfen Gut den Startschuss geben. Mit „hübschen“ Masken, Kostümen und dem üblichen Gummispielzeug startet der Circle Pit vor der Bühne in den Tag.

Was heute neu ist, die Securities vor der Bühne wollen nicht mehr, das Handy Videos aufgenommen werden, schon etwas seltsam.

Als zweites stehen die Finnen von Demilich bereit und heizen gleich ordentlich mit gurgelnder Stimme und ihrem speziellen Gitarrensound ein. Der melodiöse Death Metal wird solide von den sympathischen Jungs runter gespielt.

Party.San Impressionen (Foto: Toni Gunner bs! 2017)

Die US Thrasher Demolition Hammer lassen sich, wie von einem Freund treffend gesagt, am besten so beschreiben: „klingt wie Sodom“. Ähnlich alt machen die Jungs ihren Job aber auch genauso gut! Da bleibt nur zu sagen Demolition fuck´n Hammer!

Vital Remains (Foto: Toni Gunner bs! 2017)
Party.San Impressionen (Foto: Toni Gunner bs! 2017)

Auch wenn Purgatory dieses Jahr nicht spielen, hat Gott hier nichts zu suchen. Mit Vital Remains wird auf jedem ihrer Konzerte der Name Jesu Christi zerschmettert. Und da brennt auch schon das neue Testament in den Händen des charismatischen Sängers! Mit „A world without god“ gibt es gute 10 Jahren nach dem letzten Album einen neuen Song zu hören! Bei Dechristianize springt Brian Werner dann auch noch von der Absperrung, surft über die Menge und growlt in der Mitte seiner Fans weiter. Ein wahrer Hammer!

Mit UADA steht eine weitere US Band auf der Bühne. Bei nur einem Album fällt die Songauswahl nicht schwer, allerdings ist mit „Devoid of Light“ auch einfach Gänsehaut angesagt! Der Vergleich zu Mgla ist nicht von der Hand zu weisen, allerdings klingen die Jungs aus Portland doch anders und eigen. Düsterer Black Metal, schnell und eingängig.

Es bleibt dunkel und düster, Verheerer aus Flensburg spielen ein weiteres Black Metal Brett als heutiger Opener auf der Zeltbühne. Hasserfüllt wird die Debüt EP Archar zum Besten gegeben. Brilliant!

Moonsorrow (Foto: Toni Gunner bs! 2017)

Bei den Finnen von Moonsorrow gibt es wie gewohnt guten Pagan Black Metal. Melodiös spielen sie, was ihre Fans hören wollen.

Aufregend wird es im Zelt bei Kosmokrator aus Belgien. Eine okkulte Mischung aus Black und Death Metal, eingängig, altbekannt und doch neu. Laute Schreie voller Gefühl und dunkles growlen, dazu eine Wand aus Schlagzeug und Gitarre, ein Highlight dieses Festivals!

Nile (Foto: Toni Gunner bs! 2017)

Wer sich durch den Regen zu Nile kämpft, weiß warum. Die US Death Metaller mit einem Hang zu Ägyptologie sind eine Größe in ihrem Genre. Normalerweise mit Ventilator, wehen ihre Haare bei diesem Wetter heute von selbst im Wind. Das Wetter und der Regen bringt der Stimmung allerdings keinen Abbruch.

Technisch geht es im Zelt weiter mit Dew-Scented. Die Jungs aus Niedersachsen spielen eine Mischung aus Thrash und Death Metal und verkaufen sich sehr gut dabei! Leif weiß wie er das Publikum auf seine Seite bekommt.

Da ist sie wieder, die seltene Chance Autopsy zu sehen. Die Jungs aus den USA machen sich rar hier zu Lande und spielen auch jetzt exklusiv in Deutschland auf dem Party.San. Old School Death Metal nicht nur für Fans der ersten Stunde.

Samstag

Wie auch die Tage zuvor leitet der obligatorische Weckruf von Esmiralda den Tag auf dem Festival ein. Zwei hämmernde Kanonenschläge explodieren in der Luft.

Für die Frühaufsteher spielen die Schweden Sideburn Stoner Metal und danach die Berliner Indian Nightmare ihre Mischung aus Heavy Metal und Punk im Zelt.

Danach geht es auf der Hauptbühne los mit Gruesome Stuff Relish aus Spanien. Grindcore, Gore, Frog noise, so startet man mit guter Laune in den Tag.

Mourning Beloveth (Foto: Toni Gunner bs! 2017)

Doch mit der guten Laune ist schon wieder Schluss. Bei Mourning Beloveth klingt zu traurigem Operngesang und tiefem gegrowle eine düstere Melodie aus Schmerz und Verzweiflung. Doom der das Herz berührt, der tiefe Erinnerungen wach ruft und die Tränen in die Augen schießen lässt. Man fühlt sich elend und allein, es ist wunderschön!

Der Kloß im Kehle wird aber schnell von Merciless gelöst. Die Death Thrash Metaller aus Schweden feiern ihr 30. Jähriges Bestehen auf dem Party.San. Schnell und präzise gespielt, heizen Sie der Menge gnadenlos ein und lassen nichts von ihrem Alter erkennen. Schnelle Gitarren, mitreißende Riffs, ein würdiger Auftritt zu diesem Jubiläum.

Mit Hades Almighty sind wir zurück beim Black Metal. Die Norweger, die seit 1992 im Geschäft sind, spielen auch dementsprechend professionell. Sie singen über Wölfe und Raben und die Unterwelt. Es ist halt norwegischer Black Metal dem an nichts fehlt.

Inquisition (Foto: Toni Gunner bs! 2017)

Bei Inquisition streiten sich die Geister. Die einen lieben die immer gleich klingenden Vocals, die anderen Fragen sich, was diese Band auf dem Party.San zu suchen hat. Für die, die vor der Bühne stehen lohnt sich der Auftritt auf jeden Fall. Das Zweiergespann aus Schlagzeug und Gitarre spielt seinen markanten Black Metal mit erstaunlichem Wiedererkennungswert, doch ohne viel trara.

Mit Possessed steht eine weitere Legende aus den USA auf der Hauptbühne vom Party.San. Jeff Beccera lässt sich durch nichts aufhalten um mit seiner 1983 gegründeten Band die Wurzeln des Death Metal zu zelebrieren! Und das gelingt ihnen ehrwürdig, die Menge ist begeistert!

Marduk (Foto: Toni Gunner bs! 2017)

Böses, markerschütterndes Gekreische, schnelles Getrommel und fiese Gitarrenriffs, dazu ein Pentagramm aus Bühnenlicht und meterhohe Flammen. Marduk zeigt was sie können und das ist extremes Geknüppel vom feinsten. Die Schweden lassen einen kaum ausruhen zwischen dem Headbangen und spielen einen Hit nach dem nächsten.

Da Morbid Angel leider absagen mussten, springt Triptykon als Headliner ein. Die Schweizer haben einen schweren Start, da bei ihnen als letzten Band gefühlt zum ersten Mal technische Probleme auftreten. Aber wie Tom Gabriel Fischer so schön sagt, Seine kompetenten Mitarbeiter werden sich um das Problem schon kümmern. Dennoch spielen sie ihre Mischung aus Gothic, Black und Death Metal gekonnt zu Ende. So geht ein Hammer Wochenende mit viel Geknüppel und Geschrei ruhig ausklingend zu Ende.

Triptykon (Foto: Toni Gunner bs! 2017)

Ein Fazit, es war wieder ein super Fest, trotz des Regens! Erneut ein dickes Lob an die Soundtechnik, ich habe selten einen durchgehend so guten Sound auf einem Festival gehört! Natürlich auch an die KollegenInnen vom Licht, das war ein super Job! Auch die restliche Crew war super nett und hat uns ein unvergessliches Wochenende gezaubert!

Allerdings sollte die Security bei Oregano und Thymian Gewürzmühlen nicht so streng sein, wenn es doch im Gelände „Gläser“ aus Glas gibt! Nicht das ich gegen die Gläser bin, Whisky muss so getrunken werden und es ist super, dass es das hier gibt. Das Whiskyzelt ist das Beste auf dem Party.San, neben dem Metal!!

Zudem sollte die Security etwas aufmerksamer unseren Fotografen gegenüber sein. Es kann nicht sein, das die Pyrotechnik das eine Mal zu früh als Grund genannt wird, um den Graben zu verlassen und es dann bei einer späteren Band völlig vergessen wird die Pyro zu erwähnen. Auch schubsen müsst ihr die guten Fotografen nicht, weil sie mit einem Fuß auf die weiße Linie kommen! Ansonsten, danke das ihr auf uns aufgepasst habt!

Auch dieses Jahr war das Party.San eines der besten Festivals seiner Art!

See you next year!!!

Text: Thorsten Mix

Galerien (by Toni Gunner bs! 2017):

Links:
www.party-san.de

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