Start Events Festivalberichte Review: Gesucht – Gefunden. Orange Blossom Special (2023)

Review: Gesucht – Gefunden. Orange Blossom Special (2023)

Manchmal fällt es schwer, die richtigen Worte zu finden. Manchmal fällt es auch schwer, etwas zu sagen, was noch nicht gesagt wurde. So geht es mir mit dem Orange Blossom Special Festival in Beverungen. Es gibt kaum ein positiv kontiertes Adjektiv, dass noch nicht im Zusammenhang mit diesem Festival am Weserufer genannt wurde. Es sind Worte zu lesen wie großartig, wunderbar, einzigartig, das schönste Festival der Welt, … die Liste könnte ewig weitergehen. So füllen (wahrheitsgemäße!) Lobhudeleien Artikel und Podcasts, Filme und Kolumnentexte. Und doch werden diese Beschreibungen erst in der Summe im Ansatz dieser Einzigartigkeit gerecht.

Mi casa Es Su Casa

Oder anders gefragt: Wie viele Festivals kannst du aufzählen, bei denen man freudestrahlend im hauseigenen Garten des Gastgebers empfangen wird, mit knapp 3000 Leuten ein ganzes Wochenende (und manchmal darüber hinaus) eng befreundet ist, Leute T-Shirts zu Ehren des kulinarischen Highlights Mini-Calzone tragen (nein, du schaffst wirklich keine zweite davon zu essen!) und immer wieder frisch gestochene Tattoos zum jährlich wechselnden Motto aufblitzen?

Die Nerven (Foto: Daphne Dlugai bs! 2023)
Die Nerven (Foto: Daphne Dlugai bs! 2023)

Bei wie vielen Festivals möchtest du dich am liebsten vor der Bühne festtackern, da das Line-Up so grandios kuratiert ist, dass du möglichst nichts verpassen möchtest und bei dem zum Surprise-Act (hallo Die Nerven!) morgens um 11 das Gelände aus allen Nähten platzt und zum Kinderchor Tiny Wolves so manches Tränchen verstohlen aus Augenwinkeln gewischt wird? Wie viele Festivals kennst du, bei denen im Vorfeld zu Charityzwecken (!) das Merchandise mottogerecht individualisiert wird (siehe grandiose Wortspiele wie Streichhörnchen, Crosshörnchen und Weichhörnchen 😉 ), bei einer Bildversteigerung Rekordsummen für Viva con Agua zusammenkommen und das Bild sofort freudestrahlend dem Gastgeber überreicht wird? Und bei wie vielen Festivals endet jeder Abend mit einem Teil eines (zugegebenermaßen flachen) 3-Tages-Witz, der in Summe an Abend drei dank Exkurs zum Exkurs schlanke 17 Minuten in Anspruch nimmt und trotzdem alle (mehr oder weniger) aufmerksam zuhören?

Geburtstagssause A La Remembert

25 (in Worten: Fünfundzwanzig) Jahre gehen natürlich nicht spurlos an Garten und Crew vorüber. Historisch gewachsene Traditionen (wer hat denn dieses Jahr die verlegte Mütze gefunden, kann mal jemand den Schnaps nachfüllen und wieso parkt schon wieder ein Auto vor der Einfahrt?) gehören nunmal genau so dazu, wie diverse Geburtstagsgaudies. Meiner Meinung nach sollte die Crew-Band Remembert von nun an einen so festgesetzten Slot der Minibühne versehen bekommen, wie deutsche Handtücher am Pool von Malotze morgens um 7.

Auf jeden Fall: Wer das OBS noch nicht erlebt hat, nächstes Jahr ist allerhöchste Eisenbahn!
Bis zum nächsten Jahr Glitterhouse Garten!

PS.:
Vor lauter Lobhudelei hab ich glatt vergessen was über die Auftritte zu schreiben. Naja, manchmal sagen Bilder mehr als 1000 Worte 😉

PPS.:
So ganz ohne ein Wort über die Musik zu verlieren geht es natürlich nicht. Also wie war das denn jetzt mit der Lala?
Zusammengefasst in kurz und schmerzlos: Oha was für nen Brett!

Get Jealous (Foto: Daphne Dlugai bs! 2023)

Und in der Langfassung: Oha, was für ein knallhartes Megabrett! Die musikalische Auswahl des Jahres hat (zumindest für mich) eine Größenordnung der Kategorie „wenn Weihnachten, Geburtstag und Ostern (!) auf einen Tag fallen“. Get Jealous eröffnen und treten der Lethargie des vergangenen Jahres erstmal so richtig in den Arsch. Was dann folgt ist ein (im positivsten Sinne) Fiebertraum des musikalischen Rundumschlags von Pop bis Rock. Abgeschlossen wird Tag 1 mit einem der (noch) seltenen Auftritte von Husten.

Husten (Foto: Daphne Dlugai bs! 2023)

Tag 2 ist nicht weniger genial: Eröffnet von den spontan eigesprungenen Loki über Kindermusik (auch für Erwachsene) von Deniz und Ove und meiner absoluten Entdeckung des Wochenendes: Krautwave von Kratzen. Fett abgezappelt weiter zwischen Haupt- und Minibühne bis bei Wrest erstmals etwas Ruhe einkehrt. Hält nur kurz an, denn Herrenmagazin sind zurück! Also zwischendurch mal ein bisschen und (so wird betont) ganz ohne neues Album oder große Tourpläne. Abgeschlossen wird auch Tag 2 natürlich mit Sphäre und Bombast von The Haunted Youth.

Kratzen (Foto: Daphne Dlugai bs! 2023)

Nur einmal Augenreiben und irgendwie ist schon wieder der letzte Tag angebrochen. Das ging jetzt fast ein bisschen zu schnell oder? Eröffnet wird der Tag mit dem (wie jedes Jahr) heiß spekulierten Surpriseact. Ein Blick auf die Bühne bestätigt einen der am heißesten gehandelten Tipps des Jahres: Der Aufbau kann nur von Die Nerven kommen! Umso härter die Show umso härter der Cut zu Hotel Rimini. Jetzt nen Aperölchen oder Limoncello bitte. Weiter geht es hin und her zwischen Country, Rock, und Pop (The Deslondes, Fire Horse und Accidental Bird). Bis dann endlich, endlich nach Jahren des Verschiebens und Gebietsschutzes und Pandemie Thees Uhlmann dasteht. Wiedersehen mit Freunden, aber zum ersten Mal bei dir zuhause, sozusagen. Der Abschluss: Natürlich erneut Bombast zwischen silbernem Hirschgeweih, Kronleuchter und angestrahlten Obstbäumen, wie sollte es auch anders sein. Applaus für A.S. Fanning, niemand sonst könnte das in diesem Jahr schöner, niemand sonst würde seeliger stimmen. Eingelullt und beseelt lauscht man auch gerne noch den 17 Minuten 3-Tages-Witz.

Galerien (by Daphne Dlugai bs! 2023):

Links:
Orange Blossom Special

Die mobile Version verlassen