Review: Locals, Lukas und der Lenny – NDR 2 Plaza Festival (24.05.2019, Hannover)

Um die Leute zu einem Tagesfestival zu locken, bedarf es immer eines Highlights, das am Ende des (langen) Tages die Menschen noch mal mitreißt. Nur wegen diesem Act kommen die Fans in der Regel. In der Regel gehören diese Künstler der Güteklasse A an. Aber in diesem Jahr haben die Veranstalter tatsächlich ganz oben ins Regal gegriffen. Das ist Güteklasse AAA+++.

Da haben die Künstler, die die diesen Tag eröffnen, es doch relativ schwer. Die Expo-Plaza in Hannover füllt sich erst nach und nach und man kriegt als Band nicht die volle Aufmerksamkeit. Aber egal. Hauptsache dabei sein.

BenjRose macht den Opener an diesem Tage. Sie sind regaltechnisch eher weiter unten anzusiedeln, aber das wird nicht so bleiben. BenjRose ist die Band um den Sänger Benjamin Rose aus Köln und die Jungs haben als Support von Pink, Seed, Hurts, Philipp Poisel, Deichkind oder auf der Westernhagen-Tournee 2015 schon einige Vorschusslorbeeren einheimsen können. Ihre aktuelle Singleauskopplung „Where do we go“ ist durchaus hörenswert und „No Catastrophe“. Am 13.06.19 bringen sie ihr Album raus. Läuft bei den Kölnern.

Den kürzesten Anreiseweg dürften Wingenfelder an diesem Tag gehabt haben, sie sind die Locals, kommen sie doch aus der Region Hannover. Wingenfelder sind die Brüder Kai und Thorsten Wingenfelder, gleichzeitig auch die Köpfe der Band Fury In The Slaughterhouse. Sie haben sich auf Deutsch-Pop mit anspruchsvollen Texten festgelegt. „Verlieb dich nicht in mich“ , „Dinge die wir nicht verstehen“ und „Sieben Himmel hoch“ sind Perlen. Da bleibt keine „Time to Wonder“.

Lea hat auch einen Bezug zu Hannover, hat sie doch 5 1/2 Jahre hier gelebt. Sie ist an diesem Tag, sowas wie das brave Mädchen von nebenan. Die Singer-Songwriterin hat schon mit Mark Forster, Seven und Glasperlenspiel auf der Bühne gestanden. Bei diesem Gig ist sie solo mit Band unterwegs. Ihre Texte handeln von Liebe, Freundschaft und Einsamkeit. „Immer wenn wir uns sehen“ ist nett anzuhören. „Zu dir“ ist nett, „Leiser“ ist sowieso nett. Lea ist nett.

Lea (Foto: Michael Lange bs! 2019)

 Let’s fade into the sun

 Let your spirit fly

 Where we are one

 Just for a little fun

 Oh oh oh yeah!

Lukas Graham kommen aus Dänemark. Die Kopenhagener kombinieren Soul, Funk, Hip-Hop und Pop zu einem durchaus gelungenen Soundgemenge. Tempiwechsel und Bläserparts in den Songs machen gute Laune. Lukas Forchhammer ist Sänger und Frontmann der Truppe. Jung, gutaussehend und singen kann er auch. Warum nur zieht er sein Tanktop aus und prostet dem Publikum mit einer Pulle Bier auf Deutsch zu: „Zur Mitte,.., zack zack“. Manche Dänen sind ja soo lustig.  Was wohl die Mama gesagt hätte („Mama said“)? Das gibt „Seven Years“ Alkoholverbot.  Bleib nüchtern und „Love Someone“.

Lukas Graham (Foto: Michael Lange bs! 2019)

Rea Garvey ist wahrscheinlich der Führende in der Gesamtwertung, was Auftritte auf der Plaza angeht. Sowohl mit Reamonn als auch solo, hat er schon diverse Male die Plaza bespielt. Aber auch in diesem Jahr saugt er die Abend-Atmosphäre der 25.000 Fans auf wie ein Lebenselixier. Er würde wahrscheinlich alle küssen wollen („Kiss Me“) und das er die Stille nicht ertragen kann („Can´t stand the Silence“) glaubt ihm hier auch keiner. Aber Stop! Auch Stille muss manchmal sein. An diesem Abend gibt es mal keine Konfettikanone. Das wäre ja nur ein Knall und dann ein Effekt von knapp 60 Sekunden.  Zum Wohl der Vögel wird darauf verzichtet. Garvey hat eine viel bessere Idee. Er schickt 10 Riesenluftballons auf die Plaza hinaus. Davon haben die Fans fast 2 Stunden was. So einfach geht das.

Rea Garvey (Foto: Michael Lange bs! 2019)

Mit Lenny Kravitz präsentieren die Veranstalter den Künstler aus dem obersten Regal. Booah, wat nen Kerl, denken die Männer. Boaah, wat nen Kerl, denken die Frauen, haben dieses gewisse Grinsen im Gesicht (das 90 Minuten auch nicht weggeht) und glänzende Augen. Ja, da steht er oben auf der Bühne, zunächst etwas im Hintergrund, und gibt mit „Fly Away“ gleich mal die Richtung vor: heute hebt die Plaza ab. Kravitz hat exzellente Musiker um sich geschart.  Gitarrist Craig Ross, Drummer Franklin Vanderbilt und Bassistin Gail Ann Dorsy (auch schon für Bowie tätig gewesen) sind Top-Leute. Spricht Kravitz auch mal zum Publikum? Es dauert etwas, aber ja. Aber erst gibt’s ein Best of seiner bisherigen Karriere: „American Woman“, „It Ain’t Over ‚Til It’s Over“, das neue  „5 More Days ‚Til Summer“, „Always on the Run”. Apropos Run. Wird dieser überaus coole, fast unnahbar wirkende Amerikaner es wagen, in Publikum zu gehen. Rein in die Menge zu den Fans? Macht er. Zack, nach links weg von der Bühne und rein in die Menge. Da kriegt die Security mal richtig Puls, weil sie hinterher muss. Ein kleiner Rundgang und wieder rauf auf die Bühne. Die Ordner klatschen sich ab. Geschafft. Denkste Puppe. Lenny hat Spaß, diesmal rechts von der Bühne und noch eine Runde. Die Security gibt alles. Genauso wie Lenny Kravitz und seine Band. Ein mehr als denkwürdiger Auftritt.  

Setlist Rea Garvey:

  1. Kiss Me
  2. Water
  3. Is It Love?
  4. Oh My Love
  5. Can’t Say No
  6. Alright 
  7. Through The Eyes Of A Child
  8. Can’t Stand The Silence
  9. Love
  10. Armour
  11. Run for the Border
  12. Wild Love

Setlist Lenny Kravitz:

  1. Fly Away
  2. Dig In
  3. Bring It
  4. American Woman (The Guess Who cover) (ending with a snippet of Get… more)
  5. It Ain’t Over ‚Til It’s Over
  6. Can’t Get You Off My Mind
  7. Low
  8. 5 More Days ‚Til Summer
  9. I Belong to You 
  10. Always on the Run
  11. Where Are We Runnin‘?
  12. Are You Gonna Go My Way / Love Revolution Encore:
  13. Let Love Rule

Links:
www.benjrose.com
www.wingenfelder.de
www.thisislealea.de   
www.lukasgraham.com        
www.reagarvey.com/home  
www.lennykravitz.com                     

Michael Lange
Michael Langehttps://www.be-subjective.de
Michael Lange. MichaL ist der Methusalix in unserem Team. Ein Original, ein Sympath, ein Genießer von A wie Abba bis Z wie Zabba und im realen Leben ein Stepptänzer. »Jawohl, das mit dem KlackerdiKlack.« MichaL hat schon Rock’n’Roll gehört, da waren die Little Boy Blue and the Blue Boys noch grün hinter den Ohren. Man munkelt er konnte schon einparken, da gab es noch nicht mal Rückspiegel, geschweige denn Einparkhilfen. Dennoch ist die MichaL noch lange kein Oldy oder darauf fokussiert. The big L war plötzlich da. Zeitlos. Unerwartet und doch völlig freiwillig tauchte er in unserem Universum auf und bereichert es. KlackerdiKlack.

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