Das Elbriot geht dieses Jahr in die sechste Runde und erntete im Vorfeld mehr als nur Kritik in den sozialen Netzwerken. Die Bandauswahl wäre zu schwach und man bewahre sich eine Band als Special Guest bis zum Schluss auf. Die Allgemeinheit ist enttäuscht, da es kein Possenreißer ist. Ist das schon die Übersättigung der Metal-Gesellschaft? Auf jeden Fall spiegelt es das allgemeine Leben mit dem vielen Schnickschnack wieder, in dem wir uns zurzeit befinden und nicht genug bekommen können. Sprich, manchmal können die Veranstalter dem Druck einfach nicht gerecht werden und auch nicht zaubern. Aber das Preisleistungsverhältnis stimmt.
Nichtsdestotrotz pilgern dieses Jahr auch wieder, aus den Zügen stolpernd, die Kuttenträger/innen aus dem Hamburger Hauptbahnhofes in Richtung Großmarkt. Bei sogenanntem Kaiserwetter bahnen sich die bösen Gestalten ihren Weg. Und dieses Jahr ist es ein bisschen anders. Vorbei an dem Haus der Fotografie geht es die Banksstraße durch zu Einlass. Doch was ist das? Man passiert ein leeres Gelände. Wo die Jahre vorher das Festival stattfand und hier ist nichts. Der Weg führt weiter um das Mehr! Theater herum auf die andere Seite. Hier sind dann auch die ersten Dixies und Zelte zu sehen. Eigentlich ist diese Seite die Größere der beiden Seiten um das Gebäude, in der Tat aber kleiner gehalten durch die Umzäunung.
12:00 Uhr. Erstmal neu orientieren. Wo sind welche Buden und vor allem, wo ist der Merch. Der Buschfunk hat getrommelt, dass Arch Enemy, wie bei den anderen Festivals, auch ein Elbriotshirt rausbringt. Trauben bilden sich um den Stand. Aber der Merch von Arch Enemy hängt noch nicht.
Plötzlich kommen die ersten Töne von der Bühne. Our Mirage eröffnen den heutigen Tag. Erst leider kaum wahr genommen füllt sich langsam der Bereich vor der Bühne. Die nordrhein-westfälischen und eher melodischeren Post-Hardcore Band knackt das harte Band des unbekannten Openers. Die Verarbeitung von Ängsten in den Texten täuscht aber nicht über den musikalischen Style hinweg. Hier fehlt allerdings mehr Growlgesang um ihre Nachrichten weiter zu verbreiten. Wie sagt man so schön, die Mischung machts.
So wirkt es noch ein wenig unausgereift. Aber nach ihren ersten vier Veröffentlichungen kommt im September der erste Longplayer raus, und man kann hoffen, denn in dieser Band steckt ganz viel Potenzial. Ein bisschen was konnte man schon bei dem Gig erahnen. Also reinhören ist Pflicht.
Die Fläche vor der Bühne füllt sich jetzt so langsam. Ein jeder hat sein Bier, ne Wurst oder was auch immer in der Hand um die nächste Band zu sehen. Kaum ein Jahr älter als ihre Vorgänger entern Uncured die Bühne. Die beiden Brüder Rex Cox und Zak Cox knallen direkt mit ihrem, ja was ist es eigentlich genau? Melodic, progessive, technical metal? Wie auch immer, die beiden Jungs ballern ihren hohen und tiefen Growlgesang mit so einer Gewalt über die Elbe, dass Sturmfluten da echt nicht ausgeschlossen sind.
Auch wenn sie noch recht jung wirken rocken sie richtig die Gemeinde. Aber mit auch nur einem Album ist auch dieser Auftritt sehr kurz.
Zeit sich mal richtig umzuschauen. Wenn da nicht die Scharen von Wespen wären, die in dieser Zeit schon erstaunlich aggressiv sind. Es ist ja noch nicht mal September. So heißt es gehörig auf sein Trinken und Essen zu achten. Immer noch eine riesen Traube vorm Merch, ah die Arch Enemy Shirts sind da. Aber kein extra Hamburg Shirt. Dennoch sieht man bei den Größenangaben schon viele rote Kreuze. Somit sind die reinen Elbriot-Shirts dieses Jahr wohl nicht so angesagt. Zudem wirkt der Stand recht leer, anscheinend legen so einige Bands da nicht ihren Fokus drauf. Aber worum geht es der Menschheit? Essen und Trinken. Angefangen vom klassischen dänischen Nationalgericht, den Hotdogs über die Wurst im Brötchen und Pommes geht es auch in den vegetarischen Bereich mit Schafskäse im Fladenbrot bis hin zum Falafel. Somit sind hier doch viele Geschmäcker abgedeckt. Und die Bierstände, im Jahr 2013 noch sehr in der Kritik mit unfähigem Personal, ist über die Jahre viel professioneller geworden. Wartezeiten sind trotz Andrang recht kurz.
Doch nun wird es laut. Im Gegensatz zu den ersten Bands wird die Dezibel zahl hochgedreht und Jamey Jasta steht auf den Brettern. War er doch schon letztes Jahr mit seiner Band Hatebreed schon hier, gibt er nun seinen Soloauftritt da. Inzwischen ist auch der Pit voll mit Leuten, die doch so einiges erwarten. Und sie werden nicht enttäuscht. Mit viel Spritz und Charme weiß Jamey die Menge zu begeistern. Zudem sieht man, wie viel Spaß er hat und dann mächtig los rockt. Zum zweiten Song kommt ein Gastmusiker dazu. Howard Jones, nein nicht das Teen-Idol der 80er Jahre, der ehemalige Sänger von Killswitch Engage. Und der Song Chasing Demons ist schon ein Hammer. Doch dem nicht genug, beim weiteren Song kommt ein weiterer dazu. Plötzlich steht Dino Cazares von Fear Factory mit auf der Bühne. Es ist wirklich ein Fest, welches auch gebührend gefeiert wird. Howard scheint auch die Bühne gar nicht verlassen zu wollen und nun hat man eher das Gefühl, dass sie ihre eigene Party feiern.
Die Menge feiert mit und geht voll ab. Aber das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Auch bei solchen Acts kann man ja noch ein As im Ärmel haben. Final steht plötzlich Kirk von Crowbar mit drauf und singt zusammen mit Jamey. Was soll man noch sagen? Es ist ein Fest! Nebenbei sei erwähnt, dass Jasta seinen Hardcore nach wie vor voll durchzieht und immer wieder die Menge zum kochen bringt. Dieser Auftritt ist ein absolutes Highlight. So sollten jetzt jegliche Kritiker verstummen.
So, und nu? Die Menge erwartet nun einen oben drauf. Ein hartes Brett von Beartooth. Und eben diese lassen sich nicht lumpen. Es ist zwar für die Band aus Ohio eine nicht einfache Sache, nur schaffen sie es den Schwung mitzunehmen und weiterhin in das Publikum zu transportieren. Ebenfalls eher in der Hardcore-Richtung und dem heutigen Metalcore einzuordnen können sie wunderbar auf den Vorgänger aufsatteln. Es ist, als würde die Biomasse vor der Bühne gar nicht mitbekommen, dass die Band gewechselt hat. Hier geht es weiter rund. Apropos rund, Circle Pits bilden sich immer häufiger und auch die Security muss sich öfter mit Crowdsurfern auseinandersetzen.
Die Menge geht mit und ignoriert die Wespenplage.
Und nun kommen Satyricon. Ein Dämpfer? Denn auf die vorangegangene Musik eigentlich ein krasser Gegensatz. Hier aber mit nichten, jeder hat sein Genre und ob nun Back- oder Deathmetal hat seine Fans. Somit können Sigurd „Satyr“ Wongraven aus den vollen schöpfen. Auch wenn der ausladende Mikroständer fehlt und durch einen mit zwei einfachen Schlangen ersetzt wurde, oder die Schminke auch nicht so üppig ausfällt, zeigen sie ihre Stellung in der Metalgesellschaft. Dieser Auftritt festigt die Stellung in der Gemeinde.
Kontroversen ziehen sich durch den Tag. Haben wir eben die dunkle Seite der Macht kennen gelernt, kommt jetzt auch noch der Imperial March! Skindred spielen mit diesem Intro auf. Thronend die Katze mit der Sonnenbrille gibt die den Weg frei für eine Mischung aus Reggae, Hardcore, Punk und Metal. Was in den 90ern Crossover genannt wurde, findet hier einen neuen Weg. Hier ist jetzt Party angesagt. Es wird gefeiert und gehüpft was das Zeug hält und bunte Farben wehen durch den Hamburger Wind. Spätestens bei Kill the Power hält es keinen mehr auf den Beinen. Das Publikum springt und singt, Arme in die Höhe und:
You know you can’t kill the power!
So schallt es, wenn ca. 10.000 Menschen dieser Musik lauschen. Wie gesagt diese Jungs schaffen es auch Massen zu bewegen. Und womit Jasta angefangen hat, wird nun in Bravour weitergeführt. Überraschend sind einige Einspieler, die in die Songs integriert werden. Aber es ist halt live und mach genau deswegen viel mehr Spaß.
Kurze Verschnaufpause und die Wespen nerven immer noch. Doch nicht lang gefackelt es geht weiter.
Suicidal Tendencies! Heimlicher Headlinder, der vor 25 Jahren unweit vom Großmarkt auf dem Hamburg Rocks schon mal gespielt hat. In dem Sinne das zweite Open Air in der alten Hansestadt. Kein Schnickschnack, es geht gleich los mit You Can´t Bring Me Down und Mike Muir ist quirlig wie eh und je. Auch wenn er die Boxentürme nicht mehr hochklettert, wie früher, tobt er über die Bühne wie ein Derwisch. Es ist immer noch Hardcore, Punkrock und Thrash und Skate von früher. Für die Älteren eher ein holding back the years und für die Jüngeren eine neue Erfahrung. Es muss nicht viel über die Songs geschrieben werden, denn jeder spricht für sich. Schade nur, dass sie nicht Alone oder How Will I Laugh Tomorrow spielen. Aber um für den Headliner anzuheizen vielleicht zu soft. Aber dann beim letzten Song Pedge Your Allegiance passiertes. Was alten Hasen noch von früher kennen, werden die Fans auf die Bühne gebeten. Die Security sichtlich überrascht und überfordert lässt nach kurzem blocken Gewehren. So ist im Nullkommanichts die Bühne voll mit Fans. Ein Erlebnis welches noch lange Gedächtnis bleiben wird.
Nun muss erstmal aufgeräumt werden. Zeit sich auf Arch Enemy zu freuen. Es dauert auch nicht lange hier, es sind wirklich absolute Profis am Werk, da geht es auch schon los. Böse Zungen behaupten, dass es das selbe Lineup wie bei den anderen Festivals wäre. Nur, ist es ein Wunder? Der straffe Zeitplan wird durch eine digitale Uhr am Bühnenrand den Künstlern aufgezeigt. Und hier ist um 22:00 Uhr Schluss, da es mitten in der Stadt liegt. Dennoch liefern Arch Enemy perfekt ab und geben sich auch nichts. Wirkte Alissa im Januar doch etwas angeschlagen als sie in der Freiheit spielten, ist es nun wie der bunte Frühling. Obwohl sie einen Tag vorher auf dem Summer Breeze waren. Mit gefühlten 10.000 Konzerten in diesem Jahr, so frisch zu sein und perfekt abzuliefern gleicht schon Marathonläufern. Hut ab!!!
Aber es geht auch schnell so ein Tag mit vielen Erlebnissen zu Ende. So bleiben Zugaben aus und der Abbruch ist aprupt und unvermittelt. Dennoch war es ein geiler Tag mit vielen Ereignissen und der Hoffnung, dass noch viele Elbriots folgen werden.
Galerien (By Olaf Räwel bs! 2018):
Links:
www.elbriot.de