Review: Große Zahlen einfach so toppen – AStA Sommerfestival 2018 (17.05.2018, Paderborn)

Alljährlich lockt das AStA Sommerfestival Personen von nah und fern mit einem anschaulichen Line-Up ins beschauliche Paderborn auf den nicht ganz so überschaulichen Campus.

Impressionen vom Asta Sommerfestival (Foto: Daphne Dlugai bs! 2018)

3 Outdoor-Bühnen, 2 Outdoor DJ-Areas, eine Indoor Aftershow-Party, alle 30 Meter eine andere Musikrichtung. Ich stürze mich für be subjective! in das Getümmel zwischen Haupt- und P-Bühne.

Umstritten war die Wahl der Künstler schon öfter, bei einem eintägigen Festival genau den Musikgeschmack aller zu treffen ist schlicht und einfach nicht möglich. Proteste mit angeblicher Gewaltandrohung, sind neu.

Die Texte von 187Straßenbande, sowie von McBomber und Karate Andi stehen besonders im Visier der Kritiker. Der Diskurs über den Umgang zwischen künstlerischer Freiheit und diskriminierender Texte zieht weite Kreise. Zwei Tage vor Beginn des Festivals wird dem Headliner 187Straßenbande der Auftritt abgesagt, auch McBomber wird nicht auftreten. Die Ankündigung weiterer Proteste (dieses Mal u.a. der Fans von 187) lässt die Veranstalter die Polizeipräsenz erhöhen, passieren wird im Endeffekt nichts Nennenswertes. Bevor das Pferd weiter von hinten aufgezäumt wird, ein Sprung zum Anfang des Festivals.

„Keinen Flitz und Donnerschlag, in Paderborn am Donnerstag“

Die Wettervorhersage verspricht ein kleines Wunder (=kein Regen!), trotz Protestaufrufe findet das Festival statt, gute Voraussetzungen für einen erfolgreichen Tag also. Nur 15 Minuten nach Einlassbeginn eröffnen die Monsters of Liedermaching die Hauptbühne. Knapp 40 Leute sind schon da, knapp 35 Leute kennen die Texte, singen, klatschen und tanzen mit.

Monsters of Liedermaching (Foto: Daphne Dlugai bs! 2018)

Dem Titel „Stimmungsmacher“ werden die Monsters mehr als gerecht. Welche Eröffnungsband in der Geschichte des Sommerfestivals kann sonst von sich behaupten innerhalb der ersten Lieder einen handfesten Pogo angezettelt zu haben? „Das ist so schön, das machen wir gleich nochmal und alle die das nicht machen rufen ‚Kein Pogo! Kein Pogo!’!“. Zu „Trink mit mir“ wird spontan Freibier verteilt, der perfekte Start in den Festivaltag.

„Willkommen in der #AntiArmy“

Antifuchs (Foto: Daphne Dlugai bs! 2018)

Hier könnten jetzt Phrasen stehen wie „geballte Frauenpower“ oder „Alpha-Frau“ oder wir überspringen diesen Part einfach. Antifuchs muss niemandem etwas beweisen. Sie rappt einfach alles an die Wand und das mit Vollgas. Während des Konzerts verdoppelt sich die Zuschauerzahl, zurecht lockt Antifuchs mehr Menschen an. Die Fuchsmaske bleibt auf und auch später sieht man sie so durch die Massen laufen. Gerne wäre ich länger geblieben, aber die Möglichkeit auch bei Blackout Problems fotografieren zu können lockt mich wieder quer über den Campus zur Hauptbühne.

Blackout Problems (Foto: Daphne Dlugai bs! 2018)

„Heute habt ihr alle dieses Semester mit 1 bestanden!“

Wenn das Publikum zu weit weg ist, muss eben die Band zum Publikum. So, oder so ähnlich scheint der erste Gedankengang von Sänger Mario Radetzky zu sein, der kurzerhand mit Gitarre und Mikro mitten auf der Wiese steht. Nach einigen Veröffentlichungen verspricht das aktuelle Album Kaos den großen Durchbruch. Rockig, mit schnellen Schritten nach vorne eilend, ein bisschen wie Dúné, „just as strong as black coffee“. Ein Weckruf und verspäteter Startschuss für das sich nur langsam füllende Gelände. Mit neuem Schwung geht’s zurück zu P und einer auf Tiavo wartenden Masse.

„Ihr bleibt second-hand, ich bin eher so Modehit“

Tiavo (Foto: Daphne Dlugai bs! 2018)

Das erste Mal überhaupt in Paderborn, das erste Mal AStA Sommerfestival, das erste Mal einige Songs vom ersten Album, definitiv nicht das letzte Mal, dass man von ihm hören wird. Was dabei fehlt sind diese unwohlen Gefühle von Unbekanntheit, fehlender Textkenntnis im Publikum oder mangelndem Interesse der Anwesenden. Kurzum: Tiavo überzeugt auf ganzer Linie.

„Ophelia, I leave my broken bones in the desert“

Giant Rooks (Foto: Daphne Dlugai bs! 2018)

Als Geheimtipp kann man Giant Rooks schon länger nicht mehr betiteln. Mit großen Sprüngen erklimmen die fünf Jungs aus Hamm die Karriereleiter und somit auch den Weg in die Herzen des Publikums.

Zum ersten Mal heute ist es vor der Hauptbühne so richtig voll, zum ersten Mal greift der Zauber der Gemeinschaft, des gemeinsamen Singens und Feierns. Giant Rooks glänzen auf der Bühne, die Sonne glänzt über dem Platz. Applaus schallt über den Campus und säumt den Weg zu P.

„Halleluja!“

Karate Andi (Foto: Daphne Dlugai bs! 2018)

Karate Andi ist der erste Künstler, der die vorangegangenen Proteste zur Wahl der Acts bewertet und dabei das (erz-)katholische Paderborn mehr als deutlich auf die Schippe nimmt. Sollte er doch mit McBomber zusammen auftreten, wird kurz vor dem Festival klar: McBomber kommt nicht.

Kein Grund nicht weniger Party zu machen. Dieses Mal eben so, „damit das katholische Paderborn das auch verstehen kann!“. Gemeinsame Hallelujas und Amens, ein zwinkernder Seitenhieb, Paderborn nimmt’s mit Humor. Karate Andi reiht sich in die Liste glänzender Auftritte ein, liefert eine grandiose Performance und entertained dabei gekonnt seriös im original Tourshirt von Peter Maffays 92er Tour, „der einzige Künstler der kleiner ist als ich!“.

Mehr als Umbaumusik

Minimalistisch schlicht ist der nächste Aufbau auf der Hauptbühne. Gesäumt von Boxentürmen ein schwarz verhangenes DJ-Pult, darauf ein Laptop und mehrere Stromanschlüsse, ganz am Rand eine Flasche Bier. Dahinter meditativ in seine Beats versunken: Fritz Kalkbrenner.

Fritz Kalkbrenner (Foto: Daphne Dlugai bs! 2018)

Im Sekundentakt bebt der Bass, nach und nach bauen Sounds auf diesem auf. So manch einem scheint nicht klar zu sein, dass es sich nicht um „Umbaumusik“, sondern um den nächsten Act handelt. Die, die es mitbekommen haben, nutzen die Chance zum Tanzen, ich nutze die Chance mit dem Heißluftballon auf dem Gelände das Festivalgeschehen von oben zu beobachten.

Boom, Boom, Boom, Boom

Drunken Masters (Foto: Daphne Dlugai bs! 2018)

Auch auf der 2. Bühne ein DJ-Set. Der Auftritt der Drunken Masters ist der Höhepunkt einer ganz eigenen Party abseits bei P. Nebel umhüllt die Bühne, Lichter schwirren, Bass wummert und mittendrin zwei DJs, die vom Publikum nichts mehr als breites Grinsen, blaue Flecken und Schweißperlen hinterlassen.

Egal ob ein Cover von K.I.Z. oder eigene Mixtapes, die Drunken Masters setzen der Party ein Krönchen auf.

Hopo Pongo (Foto: Daphne Dlugai bs! 2018)

Auf dem Weg ein kurzer Stopp bei Hopo Pongo und die Erkenntnis: Die Paderborner Musikszene fetzt. Weiter zur Hauptbühne, mal wieder.

Zirkuscampus

257ers (Foto: Daphne Dlugai bs! 2018)

Aus großen Zahlen werden größere Zahlen. Nur einen Tag vorm Festival wurde bekannt, dass die 257ers 187Straßenbande ersetzen. Ob dieser Ersatz nun „würdig“ ist oder nicht, soll kein Diskussionsthema mehr darstellen, voll ist es vor der Bühne so oder so. Wurden sich die 257ers nicht schon mehrere Jahre von vielen Kommilitonen gewünscht. Clowns eröffnen die Show, begleitet von parodierten Sportfreunde Stiller Gesängen. Der Vorhang fällt, dahinter die 257ers in Fußballoutfits, bereit alles zu geben. Von rechts-nach links wird eingehakt gehüpft, literweise Freibier aus einem Fallrohr geext, mitgesungen, mitgedrängelt.

257ers (Foto: Daphne Dlugai bs! 2018)

Immer wieder taucht die Crew der Jungs in verschiedenen Outfits als Komparsen auf, Holzfäller, Clowns, Cheerleader. Mario und Luigi spritzen mit Wasserpistolen, bedienen Konfettikanonen und verteilen das schon erwähnte Freibier. Wie ein riesig bunter Zirkus gibt es ständig neue Eindrücke zu verarbeiten. Die Zeit fliegt dahin. Der Abschluss des Auftritts bildet eine 90er Jahre Trashparty mit Eurodance Covern, Schaumkanonen, Konfetti, Wasserpistolen, Fahnen und Wabbelwackelarmigewinhosenkameraden. Es wird alles geboten, was geht und stoppt genauso schnell wieder. Abrupt endet der Auftritt ganze 10 Minuten früher als gedacht. Die 257ers bedanken sich, die Fans bleiben verwirrt stehen, bevor sie sich auf den Heimweg machen.  Nur ein Bruchteil der Besucher passt auf die Aftershow-Party im Hörsaal, ich entscheide mich nach einem langen Tag für mein Bett.

Anders, als die Vorberichte ankündigten, ein friedlicher Festivaltag. Anders, als Vorberichte ankündigten ein gefeierter Headliner. Anders, als der Wetterbericht ankündigte, ein trockener Tag. So, wie spekuliert, bin ich ganz schön fertig.

Galerien (by Daphne Dlugai bs! 2018):

Links:
http://257ers.de
http://antifuchs.de
http://www.das-sommerfestival.de
https://blackoutproblems.com
http://www.drunken-masters.com
http://fritzkalkbrenner.de
http://www.giant-rooks.com
https://www.facebook.com/hopopongo/
https://www.facebook.com/KarateAndibreakdance
https://www.monstersofliedermaching.de
https://www.facebook.com/tiavo66/
http://www.vibra-agency.de

Daphne Dlugai
Daphne Dlugaihttps://www.be-subjective.de
Daphne Dlugai. Eine lebendige Mindmap aus einem Kessel Buntes, läuft wie ein Duracellhäschen, wenn man Kaffee, kaffee, kaffee (hier als Nomen, Verb und Adjektiv verwendet) in ihr System kippt. Oder Schokolade. Im Herzen eine Disneyprinzessin (definitiv Mulan, die anderen sind zu girly),  im echten Leben Teilzeitcholerikerin, audiophil Vinyladdicted und ist Daphne ein bisschen sonderbar. Oder war es Sonderpädagogin? Wir wissen es nicht so genau. Man munkelt sie ist wegen Schokolade auf Bewehrung und versucht diese Schwäche mit Bastelkram zu kompensieren. Funzt! Alles ist schöner mit Kerzen! Sogar Kerzen.

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