Indie-Folk, Pop
Sony Music
21.04.2017
www.tallheights.com
Tracklist:
- Iron In The Fire
- Spirit Cold
- River Wider
- No Man Alive
- The Runaway
- Infrared
- Horse To Water
- Backwards And Forwards
- Two Blue Eyes
- Cross My Mind
- Growing
- Wayfarers
Was haben Rod Stewart, Paul Simon, Beck, David Gilmour und Bob Dylan gemeinsam? Genau! Sie alle haben als sogenannte Buskers, als Straßenkünstler angefangen.
Mit ihren Gitarren zogen sie durch die Lande, spielten und sangen ihre Songs, verdienten damit ihren Lebensunterhalt und sammelten erste Erfahrungen im direkten Kontakt mit dem Publikum.
Tim Harrington und Paul Wright haben haben es auch getan. Auf den Straßen von Boston haben sie ihren Weg gemacht. Jetzt nennen sie sich „Tall Heights“ und präsentieren mit „Neptune“ ihr Debüt bei einem großen Label.
Markenzeichen der Band ist ein harmonischer Duettgesang mit lyrischen Falsettstimmen, begleitet von einer einfühlsam gezupften Akustikgitarre (Harrington) und einem melancholisch geprägten Cellospiel (Wright). Zum Duo dazugesellt hat sich der Percussionist Paul Dumas, der mit kreativen Schlagzeugklängen rhythmische Teppiche beisteuert.
Schon die beiden ersten Stücke – „Iron In The Fire“ und „Spirit Cold“ –
zeigen wie gut sich das ausgiebige Zusammenspiel bewährt. Melodische Gitarrenläufe und ätherische Vocals im Wechsel, untermalt mit poetischen Texten, was stellenweise an Simon & Garfunkel erinnert.
„River Wider“ startet mit einer klassisch anmutenden Cellomelodie. Sehr reizvoll harmonieren dazu eine tiefere und eine hohe Stimmlage.
Auf „No Man Alive“ wabern atmosphärische Synthieflächen daher, unterlegt von dezenten Electro-Beats und auf „The Runaway“ pluckern Ambient-Effekte wie Wassertropfen über den Akkorden der Rhythmusgitarre.
I came along an empty planet, where I was born beside a lake.
The days were long, and there was nothing in my eye.
Not a tear, not a bird, not a snake.
Mit diesen lyrischen Zeilen beginnt „Infrared“ und weitet sich aus zu einer reichhaltig arrangierten Ballade. Hier wurde kein Ton dem Zufall überlassen – alles ist meisterlich aufeinander abgestimmt.
Im Studio hatten die „Tall Heights“ die Möglichkeit ihren Sound zu erweitern und ließen sich in neue kreative Richtungen treiben. „Das gab eine Schönheit und Einfachheit, aus der herauszutreten schon unheimlich war, denn dadurch wurden wir gezwungen, uns neu zu bestimmen und klanglich neu zu erforschen.“ So beschreibt Tim Harrington den Prozess der Aufnahmen.
Ein sentimentales Cello prägt „Horse To Water“ und dezent schleichen sich
E-Gitarrentöne mit reichlich Reverb ein. Der Duettgesang im Wechsel mit der Cellomelodie mutet dabei wie eine alte irische Weise an.
Bei „Backwards And Forwards“ klingt durch die prägnant gezupften Saiteninstrumente asiatisches Feeling an. Die kräftigen elektronischen Drumpattern ergeben dazu einen spannenden Kontrast und die zahlreichen Klangspuren sind gekonnt unterlegt. Nicht zuviel, aber gerade genug. Perfekt passen hier auch wieder die Textzeilen:
And the currents, the ripples, the slow flow to the ocean,
from the backwaters of our old lives.
They pull us sideways and forwards and any way they please.
No direction feels true.
Die Nummer „Two Blue Eyes“ wurde bereits auf ihrer 2015 erschienenen EP
„Holding On, Holding Out“ veröffentlicht. Ein feines Folk-Pop Juwel mit fremdartigen Blasinstrumenten.
In psychedelische Gefilde tauchen „Tall Heights“ dann bei dem Track „Cross My Mind“ ab. Abgehobene Lyrics wie aus den 70ern und die nach Räucherstäbchen duftenden Klangschwaden lassen einen dahintreiben und in farbenfrohe Träume versinken.
Beim vorletzten Stück „Growing“ geraten die Kopfstimmen aber dann doch gar zu süßlich und „Wayfarers“ ist wohl nur als klang-chaotische Spielerei gedacht – ein unvollendetes Soundfragment und deshalb vermutlich als Outro an den Schluss des Albums gestellt.
Mit den zwölf Songs von „Neptune“ zeigen die „Tall Heights“ ihre Fähigkeit stimmungsvolle, melodische Folk-Pop-Nummern zu schreiben. Sowohl spieltechnisch wie gesangstechnisch ist das Album absolut gelungen. Für das nächste Werk wünsche ich mir allerdings ein paar Stücke, bei denen die Tonhöhe des Gesangs zur Abwechslung mal eine halbe oder auch sogar eine ganze Oktave tiefer angesiedelt ist.