Indie-Pop
Grand Hotel van Cleef
13.12.2024
Tracklist:
- Intro
- Maya Hawke
- Lachrymal Glands
- Lucky Get Laid
- Ducks In Morocco
- S/T
- N4N
- Dawn Girl
- Lisa
- Simp
- Done (ft. Brockhoff)
- S/T is for Septic Tank
- We`re Gonna Need a bigger Boat
Es könnte alles so rosig schön sein. Eine Insel mit Palmen irgendwo im Meer, nicht allein gestrandet, sondern mit guten Freunden. Das lassen zumindest Titel und Cover der neuen Shitney Beers Platte vermuten. Eine einfache, kleine Insel auf hellblauem Grund. Kein Wölkchen trübt die Idylle – bis die Musik beginnt. Shitney Beers bzw. Maxi Haug hält wieder melancholische Popsongs bereit, diesmal nicht allein, sondern mit kompletter Bandunterstützung.
Begrüßt werden Hörer*innen von sanften Banjoklängen, bevor Maxis Stimme abwechselnd aus linkem und rechtem Lautsprecher schallt. Es geht um den Umgang mit den eigenen Ängsten, eine neue, nüchterne Lebensrealität und den Antrieb, das alles irgendwie unter einen Hut zu bekommen. Der Grundstein für „Amity Island“ ist gelegt.
Deutlich rockiger legt „Maya Hawke“ nach, da ist sie also, die ganze Band. Das hat ganz herrlichen 90er Jahre Flair – passend zur besungenen US-Schauspielerin, die ebenfalls durch die Retro-Show „Stranger Things“ ins Rampenlicht geriet. Irgendwann kommen ja alle Trends mal wieder.
Traurig aber irgendwie doch beschwingt geht es weiter zu „Lachrymal Glands“ bevor mit „Lucky get laid“ - eine neue queere Hymne vielleicht über einen edlen Ritter und einen einfachen Mann, die doch einfach irgendwie mal zusammenfinden müssen. Während der Song von ganz fröhlichen Gitarrenakkorden begleitet wird, bleibt die Grundstimmung weiterhin melancholisch. Sanft ins Mikrohauchen ist es, was Maxi am besten kann. So geht es auch auf Ducks in Morocco, einem Song über die eigene verschmähte Liebe weiter.
Nach einer kurzen Saloon-Piano Unterbrechung redet Maxi auf „N4N“ dann Klartext über das misgendert werden als nichtbinäre Person, untermalt von dicken Gitarren und einem langen, dramatischen Outro. Sie selbst sagt zu dem Song: „Im Grunde ist N4N kein Song der die Welt verändern kann oder soll. Es geht um meine ganz persönliche Erfahrung und mein Gefühl, was wahrscheinlich nicht alle nicht-binären Menschen teilen. Hier geht es nur um mich. Ich bin es leid mich zu entschuldigen, bevor ich Leute verbessere, ich bin es leid mich ständig erklären zu müssen, ich bin es leid immer noch das Wasser testen zu müssen, bevor ich mich sicher genug fühle mich zu outen, ich bin es leid mich bei jeden neuen Person die ich kennenlerne überhaupt outen zu müssen, ich bin es leid ständig auf andere Rücksicht zu nehmen obwohl sie mich verletzen, ich bin es leid mir von Leuten erklären zu lassen, dass das doch nicht sein kann weil ich so feminine Gesichtszüge habe, ich bin es leid in Artikeln oder Interviews immer noch Frontfrau, Sängerin, Songwriterin genannt zu werden.“
Ein harter Cut. Grunge-ige Töne, gniedelnde Gitarrensoli. „Dawn Girl“ bricht mit dem zuvor gehörten, bevor es mit „Lisa“ wieder melancholisch wird. Und diese Wechsel beschreiben die gesamte Platte ganz gut. Mit „Amity Island“ bekommt man ein einerseits abwechslungsreiches anderseits uniformes Album dass die neuen Bandmöglichkeiten in alle Richtungen auslotet. Auch, wenn der Grundton ein nachdenklicher ist, lässt sich durchaus Comfort in der Platte finden. Gerade kurz vor den Feiertagen stellt „Amity Island“ einen netten Fluchtpunkt dar, um irgendwo zwischen all dem Familiengewusel, den unnötigen Politdiskussionen mit betrunkenen Onkeln oder dem ekelhaften Völlegefühl im Magen einen Rückzugspunkt zu finden. Eingekuschelt im eigenen Zimmer unter der Decke. Wenn jetzt dazu noch etwas Schnee fallen würde, dann wäre es perfekt - wie gut das auch zu dem schönen Duett mit Brockhoff ("Done") passen würde...