Folk Noir, Dark Wave
Trisol Music Group
19.01.2018
CD
www.rome.lu
Tracklist:
1. Blighter
2. Nurser
3. Hunter
4. Slaver
5. Martyr
6. Hawker
7. Prayer
8. Keeper
9. Clemency
Auf früheren Veröffentlichungen nahm sich Rome hauptsächlich historischen und philosophischen Themen an. In den Kompositionen von „Hall Of Thatch“ geht es nun mehr um das persönliche Drama – allerdings auf einer transzendentalen Ebene. Gleichzeitig geht es aber auch um die Abgründe unserer Zeit, ohne dabei politisch zu werden. Vermutlich prangt deshalb auf dem T-Shirt des Limited Collectors Set der Spruch: „A FRONTE PRAECIPITIUM, A TERGO LUPI“. Vorn klafft der Abgrund, hinten lauern die Wölfe.
Die Vorgeschichte des neuen Werkes beginnt bereits vor einigen Jahren. Jérôme Reuter der das Projekt Rome 2005 gründete, hatte sich vor einiger Zeit auf eine Reise nach Vietnam begeben. Die Kultur und die Lebensart der Menschen, die vor einem halben Jahrhundert die Apokalypse erlebt hatten, beeindruckten ihn genauso wie ihr Bezug zum Buddhismus.
Des öfteren gab er Konzerte im südöstlichsten Teil des asiatischen Festlands und fuhr per Moped, ausgerüstet mit einem Aufnahmegerät quer durch das Land. Einige dieser Gesänge und Gebete dieses Field-Recording-Trips fanden ihren Weg auf das Album und gaben die nötige Inspiration für die neuen Songs. Dabei ist Jérômes dunkle und andächtige Stimme das tragende Element im Klangkosmos von Rome. Auf markante Weise sorgt sein Organ mit dem zart kratzenden Timbre für den nötigen Pathos der Stücke.
Mit satten Gitarrenakkorden der akustischen Art empfängt uns „Blighter“ – der erste Track. Der gewohnt tiefe und mahnende Gesang Jérôme Reuters setzt ein und nimmt uns mit auf die Reise zu den Tiefen seiner Innenwelt. Spannend, wie der Titel sich aufbaut, wie er mit archaischen Lauten unterlegt wurde und wie sich gegen Ende dann eine E-Gitarre mit brüchigem Solo einfadet.
„Nurser“, fährt dann einen Gang zurück und entwickelt sich hin zu einer getragenen Ballade. Auf gepflegte Art wird dem Hörer hier ein düsteres Gebräu aus klirrenden Pianofetzen und hypnotischen Droneloops serviert.
Das Album ist nicht das friedvolle Endprodukt jenes Wesens,
das man zu guter Letzt sein will, sondern es bringt
den Kampf zum Ausdruck, der an diesen Punkt führt.
„Hunter“ startet mit Mantras und verzerrten Glockensounds bevor sich der Jäger zur Jagd aufmacht. Donnernde Drums galoppieren dahin und werden von gewaltigen Gitarrenriffs begleitet. Darüber flirrt noch eine Sologitarre hinweg. Reuter hetzt die Stimme wie im Soundtrack zu einer schwarzen Messe. Hexen tauchen aus dem Nebel auf – ihr fanatisches Kreischen dringt durch Mark und Bein.
Fernöstliche Percussions und Ritualgesänge begleiten uns bei „Slaver“. Schweiss tropft auf die schweren Ruder, wenn Rome seine Barke durch die Dämmerung des Unbewussten steuert.
„Why was i born in my body, and not in my brothers body?“ fragt eine Stimme am Anfang von „Martyr“. Der Sänger brüllt sich die Wut aus der Kehle beim Kampf mit den eigenen inneren Dämonen. Das lässt den Hörer nicht kalt, weil es so erschütternd ehrlich ist.
Weiter geht es mit dem Hausierer. „Hawker“ heißt die nächste Nummer. Man vernimmt klagende Frauengesänge vor der Tempeltür. Kräftig wird in die Hörner geblasen. Dann löst sich die melancholische Stimmung auf und verwandelt sich in eine große, mächtige Ballade, die an erhabene Momente des Progrocks erinnert. „Lord have mercy on me!“ Die Orgel schwillt an und das wunderbare Stück geht nahtlos über in …
… „Prayer“. Ein Marsch auf schier endlosem Weg. Überall Staub. Die Kehle aufgerissen vom Rauch der Feuer auf den Bergen. Monoton schreiten die Klänge der Gitarre und die Verse Hand in Hand dahin und lösen sich schließlich in fremdartigen Obertongesängen auf.
Von fern ruft einer zum Gebet.
Die meisten Krankheiten, die wir heute haben,
sind politische Krankheiten. Wenn die Außenwelt zu krass wird,
reagieren wir mit dem ganzen Körper und kollabieren.
Bei „Keeper“ meint man Nick Cave zu hören: „Tell me Keeper, will my Brother come?“ Die Gitarre erinnert mit den satten Mollakkorden an die frühe Spielweise eines David Gilmour. Jeromes Gesang erklingt hier so melodisch und ergreifend wie noch nie. Dazu Woodblocks und Sounds wie von berstenden, staubtrockenen Knochen.
Um Gnade wird auf „Clemency“ vergebens gefleht. Stimme und Sound bleiben dicht beieinander und lassen dennoch genügend Freiraum, damit sich Spannung aufbauen kann. Dann verhallt der letzte Song und lässt den Zuhörer in demütiger Stille zurück.
Der Sound des neuen Albums ist unglaublich dicht gewoben und verkettet die einzelnen Songteile zu einem großen Ganzen. Es ist ein starkes und wuchtiges Werk geworden und die Bezeichnung Konzeptalbum scheint hier angemessen. Das Meisterstück eines Musikers, der in der Lage ist sein Innerstes auszuloten um aus diesem reichen Seelenquell Ideen schöpfen zu können. Optisch kommt das auch noch sehr ansprechend daher, denn Cover und Booklet wurden äußerst ästhetisch gestaltet.