Start CD / DVD Reviews NDR Elbphilharmonie Orchester & Thomas Hengelbrock: The First Recording (2017)

NDR Elbphilharmonie Orchester & Thomas Hengelbrock: The First Recording (2017)

NDR Elbphilharmonie Orchester & Thomas Hengelbrock: The First Recording (2017)
NDR Elbphilharmonie Orchester & Thomas Hengelbrock: The First Recording (2017)
Klassik
Sony Classical
13.01.2017
www.elbphilharmonie.de

Tracklist:

1. Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90 – I. Allegro con brio
2. Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90 – II. Andante
3. Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90 – III. Poco allegretto
4. Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90 – IV. Allegro
5. Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98 – I. Allegro non troppo
6. Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98 – II. Andante moderato
7. Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98 – III. Allegro giocoso
8. Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98 – IV. Allegro energico e passionato

Die Elbphilharmonie, ein Meilenstein der Stadtarchitektur, wird als neues Wahrzeichen der Hansestadt Hamburg weltweit bestaunt und bewundert. Der große Konzertsaal ist das Herzstück des Neubaus, der vom japanischen Top-Akustiker Yasuhisa Toyota konzipiert wurde und jetzt schon als einer der spektakulärsten Konzertsäle der Welt gilt.
Fast zeitgleich zur feierlichen Eröffnung des Hauses am 11. Januar 2017 erscheint bereits die erste Aufnahme mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester unter Leitung von Chefdirigent Thomas Hengelbrock.

Zu diesem festlichen Anlass wählte man die 3. und die 4. Sinfonie des gebürtigen Hamburgers Johannes Brahms.

Die Dritte ist die philosophischste – vielleicht auch
die vollendetste von allen vier Sinfonien.

Die 3. Sinfonie entstand im Sommer 1883 während eines Aufenthaltes in Wiesbaden. Brahms war 50 Jahre alt und ein wenig verliebt in eine junge Dame. Er komponierte nicht mit Notenpapier und Feder in der Hand, sondern pflegte mit seinen musikalischen Einfällen spazierenzugehen. Das Schreiben wurde frühmorgens und vormittags erledigt, denn die Nachmittage und Abende verbrachte er gerne in geselliger Runde.

Der 1. Satz startet mit zwei Bläserakkorden, dann beim dritten Akkord steigen die Streicher leidenschaftlich mit ein und gehen spielerisch in einen walzerartigen Takt über. Doch bald donnern auch schon die Pauken los.

Im 2. Satz schmiegen sich die Klarinetten an die Waldhörner. Ein sehr ruhiges, getragenes Stück. Am Ende sehr bedächtig und ganz zum Schluß löst sich alles wie in einem zarten Echo auf. Schlicht, aber in der Einfachheit auch ergreifend.

3. Satz. Aah! Traumhafte Melodien, voller Dynamik und klanglich perfekt ausgewogen. Wer den Film „Lieben Sie Brahms?“, mit Ingrid Bergmann, Anthony Perkins und Yves Montand gesehen hat, wird sich bestimmt erinnern an diesen flehend-eindringlichen Satz.
Der 4. Satz beginnt ganz mysteriös, dann treibt das Thema energisch voran. Die Pauken allerdings geraten für meinen Geschmack etwas zu pathetisch.

Wir bekommen Einblick in viele verschiedene
Resonanzräume der brahmsschen Seele.

Als Entstehungszeit für die 4. Sinfonie lässt sich nur die Zeit zwischen Juni und Oktober 1884 und zwischen Mai und September 1885 vermuten. Natürlich wieder im Sommerurlaub komponiert – diesmal im österreichischen Mürzzuschlag.

Fast nahtlos geht der letzte Satz der 3. Sinfonie in den ersten Satz der 4. über. Ein durch und durch schwermütiges Stück. Die forschen Hörner scheinen zur Jagd zu blasen. Dann sorgen die Streichinstrumente für einen turbulenten Fortgang.

Im 2. Satz eröffnen die Klarinetten zart, fast wehmütig das Thema.

Gut gelaunt, frisch und zackig trällert es im 3. Satz dann voran. Es wird heiter und lustig. Bilder eines Spaziergangs im Schloßpark tauchen auf. Ein wenig klingt es auch nach Militärmarsch.

Treibend geht es im 4. Satz weiter. Aber so schön, hat man Blas- und Streich-Instrumente zusammen wohl noch nie gehört. Meisterlich schafft es Brahms, seine von der Natur inspirierten Klangideen passgenau zu filigranen Schmuckstücken zu verbinden.

Die CD erscheint in einer Standardversion sowie in einer limitierten Deluxe-Edition, welche die sehenswürdige Doku „Die Elbphilharmonie – Von der Vision zur Wirklichkeit“ enthält, die auf gelungene Weise den Entstehungsprozess von den ersten Planskizzen bis zur Fertigstellung zeigt. Das ansprechend gestaltete 56-seitige Booklet präsentiert zahlreiche Fotos und Wissenswertes über die Elbphilharmonie und den großen Saal.

Absolute Highlights des Albums sind für mich der 3. Satz der 3. Sinfonie und der 1. Satz der 4. Sinfonie. Aufnahmetechnisch finde ich das Werk rundum stimmig. Aber gute Aufnahmen kann man mit moderner Tontechnik heute auch in Räumen machen, die mit geringerer Spitzenakustik ausgestattet sind.

Wer genau wissen will, ob die Elbphilharmonie akustisch wirklich perfekt gelungen ist, sollte versuchen eines der heiß begehrten Tickets zu ergattern.

 

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