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Lindemann: Skills in Pills (2015)

Lindemann: Skills in Pills (2015)
Lindemann: Skills in Pills (2015)
Warner Music Germany
19.06.2015
www.skillsinpills.com

Tracklist:

  1. Skills In Pills
  2. Ladyboy
  3. Fat
  4. Fish On
  5. Children Of The Sun
  6. Home Sweet Home
  7. Cowboy
  8. Golden Shower
  9. Yukon
  10. Praise Abort
  11. That's My Heart

 

Bei dem Projekt „Lindemann“ verschmelzen zwei geniale Musiker-Köpfe zu einem Industial-Metal-Mutanten der Extraklasse. Wie der Name schon erahnen lässt – und wie die meisten sowieso schon wissen dürften – handelt es sich dabei um Rammsteinsänger Till Lindemann und Peter Tägtgren, einem hochkarätigen Metalproduzenten und der selbst Musiker in mehreren Bands wie Pain oder Hypocrisy tätig ist. Das Werk „Skills In Pills“, das bei dieser Zusammenarbeit entstand, ist überraschend gut und für Fans der leichten aber harten Kost recht simpel gehalten.

Natürlich ist man sofort versucht, einen Vergleich zu Rammstein zu ziehen – wie immer wenn ein Kopf einer großen Band ein Nebenprojekt hat. Und es gibt auch einige Ähnlichkeiten, vor allem in der stimmlichen Darbietung von Lindemann. Doch ansonsten klingt die Soundkulisse düsterer, etwas gothic-lastiger und Lindemann singt englisch mit einem sehr harten Akzent. Tatsächlich klingt es so, wie sich die englischsprachigen Bürger einen Deutschen vorstellen, der englisch spricht. Ob das nun gewollt ist oder einfach nicht besser hinzukriegen war: spätestens beim zweiten Song hat man sich daran gewöhnt. Ich hatte damit absolut kein Problem, es zeigt eine neue Seite von Lindemann und ich finde diesen Akzent ziemlich witzig, es scheint das I-Tüpfelchen in dem ohnehin schon sehr ironischen und von schwarzem Humor strotzenden Werk zu sein.

Doch nicht nur in der Sprache liegt das Besondere, auch bei einigen etwas ruhigeren Stücken zeigt Lindemann uns ungewohnt melodiöse Facetten und das steht ihm richtig gut. Die Texte sind gewohnt bissig, zynisch, voll schwarzem Humor – die geballte Provokation. Schon bei dem ersten Song „Skills In Pills“ könnte ich mich am Boden kugeln. Einfach herrlich, wie hier über diverse Pillen von Antidepressiva bis hin zu Viagra referiert. Und auch die Klangwelten, die Peter Tägtgren erschaffen hat sind einwandfrei. Zwar klingt vieles stark nach Pain, aber das macht überhaupt nichts. Die Rhythmen gehen nach vorne, der Sound ist voluminös und die dunklen Gothik-Elemente runden das Ganze ab.

Zu dem folgenden „Ladyboy“ nimmt der gewaltige Sound kaum an Fahrt ab – musikalisch als auch lyrisch, wie der Titel bereits vermuten lässt. Und weiter geht die Skandal-Kanonade mit „Fat“, in dem die Vorliebe für Beleibtere gepriesen wird. Obgleich des recht albernen und pubertären Textes zu „Fish On“, ist dieser Song ebenfalls ein Ohrenschmaus. Hier stechen die elektronischen Keyboard-Klänge von der ersten Sekunde an stark hervor. Mit eingängigen Melodien und einem einfachen Refrain, der hängen bleibt.

Ein klein wenig ruhiger wird es bei den Stücken „Children Of The Sun“, „Home Sweet Home“ und „Yukon“. Und eben diese Songs beweisen, dass es nicht immer die volle Breitseite sein muss. Zwar darf eine gewisse Härte als Würze natürlich nicht fehlen, doch ansonsten lebt der Song von seinen fast schon episch zu nennenden Stellen und dem nicht immer perfekten aber passenden Gesang.

Zu guter letzt dürfen die einfach gestrickten und genau darum so leicht zu Ohrwürmern werdenden Hits wie „Golden Shower“ und allen voran „Praise Abort“ nicht fehlen. Mit Lindemann in Bestform, ob textlich oder musikalisch. Treibende Sounds und knatternde Riffs untermalen die bitterbösen oder vor sexuellen Anspielungen triefenden Worte und man möchte sofort die Tanzfläche erobern. Wem der Song „Praise Abort“ schon gefällt, dem sei auch das Musikvideo von „Praise Abort“ zu Herzen gelegt. Abartigkeiten über Abartigkeiten vollgepackt mit Ironie.

Das Werk „Skills In Pills“ ist im Großen und Ganz sehr einfach gehalten. Man verlässt sich auf eine simple Soundschiene, bei der nichts schief gehen kann. Mittlere Tempi und Rock-Gothic-Metal nach altbekanntem und –bewährtem Strickmuster. Auch die manchmal zusehr gewollten Schocker lassen alteingesessene Fans nur müde lächeln. Doch für Freunde von genau dieser Art einfacher Musik, die man einfach mal so durchhören kann und die nebenbei auch noch Rammstein und den Humor von Lindemann mögen, ist es perfekt. Nicht DAS ultimative Album mit neuen Sachen, die man noch nie gehört hat, aber von guter Qualität und als Hör-Snack zwischendurch nicht zu verachten.

Anspieltipp: Praise Abort, Yukon, Golden Shower

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