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Leichenwetter: Letzte Worte (2005)

Leichenwetter: Letzte Worte (2005)
Leichenwetter: Letzte Worte (2005)
Nadine Schmitt
Metal Axe
10.01.2005
www.leichenwetter.de

Tracklist:

  1. Nur Dich (Else Lasker-Schüler)
  2. Letzte Worte (Annette von Droste-Hülshoff)
  3. Verführer (Hermann Hesse)
  4. Mutter (Albrecht Haushofer)
  5. Grenzen der Menschheit (J. W. Goethe)
  6. Mondnacht (Joseph von Eichendorff)
  7. Die schlesischen Weber (Heinrich Heine)
  8. Weltende (Else Lasker-Schüler)
  9. Im Nebel (Hermann Hesse)
  10. Schnitterlied (Unbekannt)
  11. Dort und hier (Franz Werfel)
  12. Verführer
  13. Nur Dich – Allisone
  14. Jenseits von Eden

 

Bis vor ein paar Tagen war mir die Band namentlich nicht mal ein Begriff. Das Album „Letzte Worte“ ist mir so ins Auge gefallen und da ich ohnehin der Poesie verfallen bin, fand ich die Stilbezeichnung „Poetic Metal“ überaus ansprechend.

Leichenwetter setzen sich zusammen aus 5 maskierten Herren, die eigentlich typischen – wenn auch vielleicht teilweise etwas härteren – Gothic Metal zelebrieren.
Das pikante an der Sache ist aber, dass sie dabei bekannte poetische Werke großer Künstler mit diesem Metal-Gewand einkleiden.

So leitet Else Lasker-Schülers „Nur Dich“ das Album ein, wobei man in den ersten Sekunden mit den kraftvollen Worten “Mein Herz pocht!“ bombardiert wird und sich fast in einem Rammstein-Album glaubt.
„Nur Dich“ zeigt sich aber als eines der besten Stücke, weil Text und Musik in harmonischem Einklang stehen, einerseits hört man zwar Metal, andererseits verschwindet der Ausdruck des Gedichtes dahinter jedoch nicht.

Auch „Verführer“ von Hermann Hesse musste herhalten für die experimentierfreudigen Poesie-Fanatiker. Ein meiner Meinung nach ganz wundervolles Gedicht über die Vergänglichkeit von Lust und Leidenschaft, wurde umgestaltet zu einer erkenntnisreichen Ballade, die zwar in den Strophen etwas härter klingt, im Refrain aber richtig sehnsüchtig.Als Refrain wählten Leichenwetter folgende Verse:

“Und immer, wenn ein Mund sich mir ergab
Und immer, wenn die Gier Erfüllung fand
Und immer sank eine selige Fantasie ins Grab
Und immer hielt ich nur Fleisch in der enttäuschten Hand.“

Ein absolutes Schmankerl ist Goethes „Grenzen der Menschheit“, was schon an sich ein sagenhaftes Werk ist. Vertont wurde es hier zu einer Art Hymne, die an Großartigkeit und Aussagekraft kaum zu übertreffen ist. Gänsehaut-Feeling pur, bei mir zumindest.

Was natürlich wohl vielen bekannt ist, ist das Lied der schlesischen Weber von Heinrich Heine. Beim Lesen erschloss sich mir nie eine tiefere Bedeutung, als die geschichtliche, aber so wie Leichenwetter dieses Gedicht musizieren wird das Ganze zu einem mitreißenden Wut-Ausbruch der ausgebeuteten Weber. Man sollte sich hierbei nicht vom Anfang des Songs abschrecken lassen, der mit dem aggressiven Ausspruch „Deutschland! Deutschland“ erst etwas anrüchig klingen mag.

Hermann Hesses „Im Nebel“ ist vielleicht auch dem ein oder anderen ein Begriff. Leider ist hier die Vertonung nicht ganz gelungen. Zwar finde ich die Musik zu „Im Nebel“ allein vom Instrumentalen und von der Melodie her richtig klasse, aber in der 2. Strophe wird ein Musikpart eingeschoben, der sich zwischen Techno und Darkwave bewegt und hier zweifelsohne total daneben ist.

Als ich mir das Album „Letzte Worte“ das erste Mal intensiv angehört habe, dachte ich zuerst, dass ich mich damit gar nicht anfreunden kann, weil mir einfach Gedichte als solche zu kostbar sind, um sie mit Gitarrenriffs zu verunstalten. Aber so kann man sich täuschen.

„Letzte Worte“ ist durchaus durchwachsen. Es ist eine hohe Kunst, einen poetischen Text so zu vertonen, dass sein Wert nicht verfälscht wird und bei manchen Gedichten ist Leichenwetter das wirklich gelungen, bei anderen tätigten sich dagegen allerdings einen sprichwörtlichen Griff ins Klo. Dazu zählen „Im Nebel“ und Eichendorffs „Mondnacht“.

Dennoch werde ich die Augen offen halten und ich kann jedem ans Herz legen, mal reinzuhören, wenn auch nur, um in Erfahrung zu bringen, wie solch bekannte Texte musikalisch klingen könnten.

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