We Love Music (Universal)
26.04.2013
www.heartagram.com
Tracklist:
- Unleash The Red
- All Lips Go Blue
- Love Without Tears
- I Will Be The End Of You
- Tears On Tape
- Into The Night
- Hearts At War
- Trapped In Autumn
- No Love
- Drawn & Quartered
- Lucifer's Chorale
- W.L.S.T.D.
- Kiss The Void
Endlich ist es soweit. Am 26. April 2013 erscheint HIM's achtes Studioalbum mit dem Titel "Tears On Tape" in Finnland. Verkaufsstart für Deutschland und das restliche Europa ist der 29. April. In Nordamerika wird das Album ab dem 30. April zu haben sein.
Lange, lange und mit viel Ungeduld und Spannung haben viele Fans dieser CD entgegengesehen. Nach dem Bruch mit ihrer letzten Plattenfirma Sire Records/Warner vor zwei Jahren, war es zunächst still um die Band geworden.
Im Sommer 2012 hatten die fünf Finnen zwar immer noch kein neues Label gefunden, kündigten aber an, dass sie im September 2012 mit den Aufnahmen für ihr neues Album beginnen wollten.
Erst nach der kompletten Fertigstellung sollte dieses potentiellen, neuen Plattenfirmen vorgestellt werden. Das waren News nach Geschmack der Fans - und zwar nicht nur, weil endlich eine neue CD in Aussicht stand, sondern vor allem deshalb, weil es sich bei der neuen Scheibe um hundertprozentige HIM-Qualität handeln würde. Unverfälscht und ohne Fremdeinflüsse, genau so produziert und eingespielt, wie die Band es wollte. "Tears on Tape" wurde in den Helsinkier Finnvox Studios aufgenommen, produziert von Hiili Hiilesmaa und abgemischt von Tim Palmer. Beide sind langjährige Freunde der Band, und haben bereits viele andere HIM-Alben mitproduziert.
Für das künstlerische Design war diesmal Daniel P. Carter zuständig, der in Zusammenarbeit mit Frontman Ville Valo ein Albumcover entwarf, wie es mystischer nicht sein kann: Eine Schlange windet sich um ein Heptagramm, in dessen Mitte sich ein Heartagram befindet. Das Ganze erinnert stark an das Sigillum Dei Aemaeth. Auf dem Rücken der Schlange befindet sich ein Code in Malachim, der entschlüsselt den Refrain des Titelsongs "Tears On Tape" ergibt.
Doch jetzt zum Inhalt der CD. Insgesamt 13 neue Tracks sind auf der Scheibe, und der Einstieg beginnt passenderweise mit dem für einen Kassettenspieler typischen Einschaltgeräusch. Die folgenden, verspielten Synthesizerklänge verursachen im ersten Moment ein besorgtes Stirnrunzeln, doch sobald die Bässe einsetzen und die Melodie in ein kraftvolles Moll übergeht, ist alles okay. Das klingt nach HIM so wie wir sie kennen!
Beim ersten Anhören entpuppt sich das ganze Album als sehr basslastig. Im heimischen Wohnzimmer voll aufgedreht, vibriert der Fußboden, so wie es sein sollte. Neben dem instrumentalen Intro "Unleash The Red" und Outro "Kiss The Void" (ebenfalls instrumental) gibt es überraschenderweise noch zwei weitere Nummern komplett ohne Gesang.
"Trapped In Autumn" und "Lucifer's Chorale" könnten einerseits als unnötige Füller angesehen werden, die lediglich dazu dienen, die durchschnittliche Anzahl von dreizehn Songs pro Album zu erreichen. Andererseits formen sie auflockernde Brücken zwischen den gesungenen Nummern, die stimmungsvoll-sphärisch die Gesamtatmosphäre des Albums unterstreichen, und dafür sorgen, dass der emotionale rote Faden der Scheibe von Anfang bis Ende bestehen bleibt.
HIM sind dafür bekannt, nicht allzu massentauglich zu sein. Dafür sind Valos Melodien zu komplex, die Texte zu schwermütig. Von den Plattenfirmen zwar immer wieder versuchsweise zum Mainstream hingebogen, hatten es die seit dem Durchbruchsalbum "Razorblade Romance" herausgebrachten Alben zwar allesamt in die europäischen und nordamerikanischen Charts geschafft. Trotzdem hatte man immer das Gefühl, dass damit nur an der erfolgreichen und markttauglichen Oberfläche der Band gekratzt wurde, während das wahre künstlerische Potential im ewigen Dornröschenschlaf vor sich hin schlummerte.
Nicht so auf "Tears On Tape": Die Thematik Liebe, Schmerz und Sehnsucht sowie die Valo-typischen Paradoxien sind dieselben wie sonst auch; allerdings fährt die Band endlich volles Geschütz auf. Valo schluchzt und schmachtet mit einer Hingabe ins Mikro, wie man es selten zuvor von ihm gehört hat. Bassist Mige gibt so richtig Gas, und trägt entscheidend zur Grundstimmung des Albums bei. Schlagzeuger Gas hat sich offensichtlich und Gott sei Dank von seiner Krankheit erholt, Gitarrist Lindes Soli sind souverän wie eh und je, und Keyboarder Burton sorgt für die passende elektronische Untermalung.
Dass Valo singen kann, hat der HIM-Frontman schon auf den früheren Alben und vor allem auch bei zahlreichen Liveauftritten bewiesen. Auf "Tears On Tape" jedoch gibt er nicht nur hundert, sondern zweihundert Prozent, und zieht alle Register seines gewaltigen Stimmumfanges von fast sechs (!) Oktaven. Besonders beeindruckend ist die Nummer "W.L.S.T.D" ("When Love Starts To Die"). Vom gefühlten, satten E?1 bis zum kraftvoll herausgeschrienen F6 ist alles dabei. Vom Sound und der Tonart her erinnert "W.L.S.T.D" etwas an den Bonustrack "Love's Requiem" vom 2003 erschienenen vierten Album "Love Metal".
"Tears On Tape" ist ein Album voller Ohrwürmer, und zwar von Anfang bis Ende. Doch das ist noch lang nicht alles. Für die "Limited Deluxe Edition" des Albums haben die fünf Finnen im August 2012 auch noch diverse alte Songs neu eingespielt. Schon wieder neue Versionen, davon gibt es doch schon genug? Das mag zwar sein, aber die neuen Nummern haben es in sich! Insgesamt sieben Stück gibt es davon auf einer Extra-DVD. Von jedem ihrer bisherigen Alben, bis auf "And Love Said No" hat die Band jeweils einen Song ausgewählt, von "Love Metal" sogar zwei. Besonders die neue Variante von "Kiss Of Dawn" geht so energiegeladen und kraftvoll aufs Ohr, dass man die Nummer gleich noch mal hören möchte. Überhaupt hat man das Gefühl, dass die Band bei der Neueinspielung so frei und ungezwungen wie nie ans Werk gegangen ist, und sichtlich Spaß bei der Sache hatte.
Schon beim Helldone Festival 2012 stellten HIM erstmals ihren neuen Song "I Will Be The End Of You" der Fangemeinde vor. Das Video der ersten Single-Auskopplung "All Lips Turn Blue" war bereits in Deutschland und Nordamerika im Internet zu sehen.
"Tears On Tape" kommt beim ersten Mal eher ruhig rüber. Nach häufigerem Anhören merkt man aber, dass die Scheibe richtig heavy ist, und durchaus rockt. Sowohl von den Texten als auch von den Songs selbst ist das Album meiner Meinung nach das Beste, das die Finnen bisher herausgebracht haben. Einmaliges Reinhören reicht jedoch nicht. Die Platte braucht Zeit und mehrmalige Durchgänge, bis man sie richtig zu schätzen weiß. Valo, aus dessen Feder fast alle HIM-Songs stammen, hat es geschafft, aus jeder noch so komplexen Nummer des Albums einen Ohrwurm zu kreieren, ohne sich auf die Schiene des Mainstreams zu begeben.
Für die Zukunft kann man sich nur wünschen, dass die Band sich bei ihrem neuen Label (mit dem passenden Namen Razor & Tie!) die gleiche künstlerische Freiheit bewahren kann, über die sie bei der Aufnahme von "Tears On Tape" verfügten.