Punk
Reprise/Warner Music
07.02.2020
www.greenday.com
Tracklist:
- Father Of All…
- Fire, Ready, Aim
- Oh Yeah!
- Meet Me On The Roof
- I Was A Teenage Teenager
- Stab You In The Heart
- Sugar Youth
- Junkies On A High
- Take The Money And Crawl
- Graffitia
Es gibt das ungeschriebene Gesetz, dass Punk-Bands ab Ü30 erwachsen werden, qualitativ hochwertigeres Material abliefern und geerdeter bzw. substanzieller klingen. Bei vielen Bands kann ich da zustimmen und auch im Falle Green Day trifft das zu. Oder soll ich lieber sagen, traf es zu? Denn nach dem mehrmaligen Hören von „Father Of All…“ stellt sich mir am Ende die Frage: „Midlife-Crisis?“ Wir brauchen nicht lange um den heißen Brei reden und auch wenn das vielen Die-Hard-Fans sauer aufstoßen wird, Green Day haben seit Jahren keine richtige Relevanz mehr für die Punk-Szene. Noch krasser ausgedrückt: Green Day haben sich seit „21st Century Breakdown“ (2009) mit jedem weiterem Album in die Bedeutungslosigkeit des Musikbusiness manövriert und überleben das Ganze nur noch aufgrund ihres (damaligen) Stellenwertes ihres Klassikers „American Idiot“ von 2004 (das inzwischen auch als Musical inszeniert wurde – sehenswert!).
Allein ich habe es daran festgemacht, dass ich bei der Recherche zu diesem Review nur noch die Trilogie-Langweiler „¡Uno!“, „¡Dos!“ und „¡Tré!“ (allesamt 2012 erschienen) im Kopf hatte und ich gar nicht mehr auf dem Schirm hatte, dass 2016 mit „Revolution Radio“ ein weiteres Album veröffentlicht wurde. Das sagt an Relevanz alles aus…
Die Euphorie über ein neues Album hielt sich damit genauso in Grenzen wie Oliver Pochers Hommage an Michael Wendler. Man nimmt sie zur Kenntnis, aber so wirklich interessieren tut das aber nicht. Wobei ich im ersten Moment noch ein wenig gehofft hatte, nachdem ich das uncoole Cover sah, dass „Father Of All… (dessen Titel scheinbar zensiert (oder doch bewusst „entschärft“?) wurde und eigentlich „Father Of All Motherfuckers“ heißt), mehr poppige Rotzigkeit enthalten würde, wildert man lieber im Rock´n´Roll der 50er bis 70er, ein wenig Glam-Rock und bedient sich an trockenen Garagenrock-Sounds. Das klingt, zugegebenermaßen, absolut unerwartet und daran muss man sich erstmal gewöhnen.
Während man der Platte aber lauscht, stelle ich mir unweigerlich die Frage, was mit Sänger Billie Joe Armstrong los ist, denn dessen Stimme wird in einigen Songs verzerrt und wenn er mal ohne Verzerrung singt, dann klingt er bei weitem nicht mehr so kraftvoll und dominant wie sonst. Oder wurde sonst sein Gesang mehr in den Vordergrund gerückt und auf „Father Of All…“ nur ausgleichender abgemischt? Nur bei „Sugar Youth“ bekommt man seine Stimme in gewohnter Rotzigkeit zu hören. Und apropos Rotzigkeit: in typischer Punkmanier, hat man dieses Album mit zehn Songs in unter 27 Minuten eingezimmert und somit das kürzeste Green Day überhaupt veröffentlicht. Gott sei Dank?
Trotz aller negativen Punkte, die einem Verriss gleichkommen, kommt nun das große Aber: Unter dem Strich ist „Father Of All…“ kein langweiliges oder gar schlechtes Album. Richtig gelesen, denn ich rechne es ihnen hoch an, dass Green Day ihre „Midlife-Crisis“ erklingen lassen, wie ein typischer 16jähriger Teenie in den USA: Ohne viel nachzudenken, will man unbeschwert am Wochenende eine Party schmeißen und mit vielen Mädels/Jungs knutschen. Voll auf die Kacke wird zwar nicht gehauen, aber man geht mit einem Lächeln und positiven Gefühl ins Bett. Und für diese Party war „Father Of All…“ eine passende Hintergrundmusik ohne wirklich große Hits abliefern (zu müssen – Mal ehrlich: du flirtest gerade mit einer Person, die du süß und am liebsten küssen würdest und dann kommt ein Megahit, den du abfeierst und immer mitsingst? Die Konzentration auf den Flirt wird „gestört“ und du hast deine Gedanken wo anders. Das will in der Situation keiner…).
Des Weiteren wird durch den Rock´n´Roll-Touch („Stab You In The Heart“) eine gewisse Frische dem Material einhaucht, was der Band guttut. Daran darf in Zukunft gerne weiter angeknüpft werden und dies wieder mit einer höheren Hitdichte kombiniert werden. Dann wächst auch wieder die Relevanz von Green Day. So ist „Father Of All…“ ein solides Album, dass man hören kann und besser dasteht als seine vier Vorgänger. Gemessen am bisherigen Schaffen, aber natürlich kein Highlight ist und somit 3 Sterne absolut fair sind.