Hard Rock
Loma Vista Recordings/Spinefarm
11.03.2022
www.ghost-official.com
Tracklist:
- Imperium
- Kaisarion
- Spillways
- Call Me Little Sunshine
- Hunter´s Moon
- Watcher In The Sky
- Dominion
- Twenties
- Darkness At The Heart Of My Love
- Griftwood
- Bite Of Passage
- Respite On The Spitalfields
Es ist angerichtet: Papa Eremitus IV bittet zur Messe und diese muss gelesen werden! „Impera“, das fünfte Album der Schweden Ghost, wird weiter die Herde trennen zwischen den Ungläubigen (den Ghost-Hatern) und Gläubigen (den Ghost-Fans). Religionsfreiheit ist das eine, Passion das andere. Wer um eine Audienz bittet, der wird erhört und dessen Leib wird gesalbt. Die Pietätlosen finden dagegen erneut zahlreiche Argumente für ihre Verachtung: außenstehende Musiker spielten die Songs ein (u.a. Fredrik Åkesson von Opeth) und wieder eine Gruppe von „Nameless Ghouls“ performt sie live (Vorwurf: kein Bandkonzept, nur bezahlte „Darsteller“), erneute Mitwirkung von externen Musikschreibern aus dem Mainstreambereich (Vincent Pontare und Salem Al Fakir, besser bekannt als Vargas & Lagola, die bereits mit Künstlern wie Avicii, Madonna, Lady Gaga, David Guetta, Axwell Λ Ingrosso und Katy Perry zusammengearbeitet haben – Vorwurf: Anbiederung und Ausverkauf an den Kommerz/Mainstream) und die verlorengegangene Authentizität der musikalischen Qualität durch erneuter und gestiegener Pop-Klebrigkeit (Vorwurf: Verrat an den einst „härteren“ Musik-Wurzeln – Direkter Weg in die Hölle, nicht über Los gehen und kein Geld damit kassieren!). Aber lassen wir mal die Kirche im Dorf: Auch wenn dies alles stimmt und selbst wenn diese Ansicht auf Verständnis und Akzeptanz trifft, ist es am Ende des Tages alles eine Frage des jeweiligen Geschmacks. Und Abseits dessen, muss man anerkennen, dass die dargebotene Qualität der Songs einfach atemberaubend gut ist! Dies kann man „Impera“ definitiv zusprechen.
Wobei ich diesem Album von vornherein die Messlatte einen ticken tiefer angesetzt habe. Warum? Der Vorgänger „Prequelle“ (2018) war für mich nicht nur das damalige Album des Jahres, es wurde noch mehr: ein zeitloser Klassiker, der in meine persönliche Liste der Top 25 Lieblingsalben einen Platz fand. Seitdem hörte ich diese Platte unzählige Male, bekam Gänsehaut en masse und immense Gefühlsberührungen, die nur besondere Werke vorweisen können. Ein perfektes Album von der ersten bis zur letzten Sekunde. Dem ein ebenbürtigen Nachfolger folgen lassen war für mich ausgeschlossen. Und so ist es auch geschehen. Aber beim heiligen Papa Eremitus IV, man ist mit „Impera“ dem verdammt nahegekommen!
Obwohl „Impera“ einem Konzept unterliegt (dem Aufstieg und den unausweichlichen Fall Imperien), lautet das Motto: „Abwechslungsreicher, farbenfroher, offener, poppiger und mehr 80er!“. Ich betrachte es als Gegenstück zum 2015er Werk „Meliora“, dass viele ähnliche Trademarks enthält, aber düsterer und „spiritueller“ klingt. Und noch ein Brückenschlag: beide Alben wurden von Klas Åhlund produziert. Für meine Begriffe zielt „Impera“, aufgrund seiner Songs, mehr dem US-Markt ab, denn, beim Hören kommen ständige Erinnerungen an Bands wie Van Halen, Meat Loaf, Bon Jovi und dem 80er Glam, Melodic und Hairspray-Metal. Stadion- bzw. Arena-Rock par exellence.
Aber der Reihe nach: eingeleitet durch das melodische Instrumental-Leitthema „Imperium“, erfolgt die erste Segnung durch „Kaisarion“. Eingebettet von anfänglich hohem „Schrei“ bis hin zum Hammond-Orgel-Ende. „Spillways“ lässt zu Beginn an Bon Jovi´s „Runaway“ denken, ehe der eingängige Refrain die Weichen auf „Ghost“-typische Brillanz stellt. Anschließend folgt das düstere „Call Me Little Sunshine“ (Packend: „You will never walk alone, you can always reach me, you will never ever walk alone“ – Amen!) und die erste Single „Hunter´s Moon“ mit Synthie-Catchiness. Danach folgt der Geheimtipp „Watcher In The Sky“, der herrlich straight und direkt rifft, sodass dieser live zum richtigen Banger und Fistraiser avancieren könnte. Der simple, aber bärenstarke Refrain setzt dabei dem Ganzen die Krone auf. Die Überleitung erfolgt mit dem Instrumental „Dominion“, dass mit Bläsern den Startschuss setzt, ehe es „kurios“ mit „Twenties“ weitergeht: Oper-Feeling trifft auf Reaggaton-Beat (!) und theatralischen Choral im Refrain samt „verhöhnender“ Strophen-Phrasierung. Dieser Track benötigt eine gewisse Eingewöhnungszeit, denn er wirkt zu Beginn „fremdartig“. Aber nach einigen Durchläufen erschließt sich es einem. Versöhnlicher wird dann wieder mit der Powerballade „Darkness At The Heart Of My Love“ (Gänsehaut-Potenzial!) und mit der Van Halen-Verneigung „Griftwood“ (wer hört da nicht das Riff von „Ain´t Talkin ´Bout Love“?), der mit der Textzeile „I am your rock baby, i will not back down“ das „Stadion-Rock“-Klischee bedient. Das Grande Finale hat es in sich: „Bite Of Passage“ leitet mit kurzem Intro das monumentale „Respite On The Spitalfields“ ein, dass am Ende das „Imperium“-Leitthema aufgreift. The circle completes - push the button „repeat“.
Mit einem Cover Artwork von Zbigniew Bielak (u.a. Watain, Carcass, Mgla, Paradise Lost und Body Count), dass in meinen Augen nicht nur absolut klasse aussieht, sondern es wurde auch optisch hervorragend zur Musik in Szene gesetzt.
Bringen wir es auf den Punkt: „If you have ghost, you have everything.“ Die Höchstnote ist klar. Anwärter auf das Album des Jahres? Selbstredend. Die einzige Frage, die ich mir nun aber stelle: wie wollen Ghost den weiteren Weg bestreiten und als nächstes präsentieren? Es bleibt weiterhin spannend!