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Faith No More: Sol Invictus (2015)

Faith No More: Sol Invictus (2015)
Reclamation/Ipecac/Pias
15.05.2015

Tracklist:

  1. Sol Invictus
  2. Superhero
  3. Sunny Side Up
  4. Separation Anxiety
  5. Cone Of Shame
  6. Rise Of The Fall
  7. Black Friday
  8. Motherfucker
  9. Matador
  10. From The Dead

 

Satte 18 Jahre ließen Faith No More mit einem neuen Album auf sich warten. Die unkonventionelle Band, die immer wieder für Überraschungen gut ist, beweist mit ihrer neuen Scheibe einmal mehr, dass sie Musiker mit Leib und Seele sind und vor allem bis zum bitteren Ende sein werden. Die Konzerte, die Faith No More zwischen durch – u.a. auch 2009 in Berlin – gegeben hatten wiesen Professionalität und hohe Qualität auf, was sich auch in „Sol Invictus“ wiederfindet. Diese Band macht keine halben Sachen.

Ich muss zugeben, anfangs war ich etwas verwirrt, wenn nicht gar enttäuscht von der Platte. Wie so oft muss man sich erst in die eigensinnige Welt von Faith No More einfinden – schließlich ist es lange her, dass sie ihren Fans Einblick in ihre gewagten und teilweise komplexen Klangwelten gewährten. Beim zweiten Hören wird es dann schlagartig besser und spätestens beim dritten Durchgang liebt man diese Scheibe.

Düster-melancholisch startet der erste Song "Sol Invictus", nach dem das Album benannt ist. Schwere Klavierklänge und schleppende Schlagzeug mischen sich perfekt mit Mike Pattons Vocals die auch ziemlich düster starten. Der Song bleibt größtenteils in den ruhigeren Gefilden, besitzt allerdings eine sich steigernde Spannung und verklingt dann wieder ganz leise mit Tastentönen.

Doch dann folgt „Superhero“ mit harten Riffs geschrieenen Vocals. Das Ganze löst sich dann in einem geschwindigkeitsgedrosselten Refrain auf, der mit seiner Melancholie einen harten U-Turn zu „Sol Invictus“ einschlägt. Ein wahres Faith No More Prachtstück: unvorhersehbar und doch so typisch für die Band. Es geht allgemein wieder etwas stärker in die Rock- und Metalschiene während der Pop und Prog etwas in den Hintergrund gedrängt wird.

Auch wenn man Mike Patton stimmlich die Jahre auf seinem Buckel ein klein wenig anhört, so gibt er doch wieder alles. Das gesamte Spektrum von melodiösem Gesang über Geshoute und Gebelle bis hin zu hemmungslosem Geschrei wird bedient. Nach wie vor ist er ein Meister am Mikro und besonders bei „Sunny Side Up“ stellt er das erneut unter Beweis. Und sofort kommt wieder eine Kehrtwendung zu Beginn von „Separation Anxiety“ mit sehr dunklen Bass- und Percussioneinsätzen. Geflüsterte Stimmeinlagen steigern nicht gerade das Wohlbefinden des Hörers, es kribbelt im Nacken als stünde ein psychopathischer Mike Patton hinter einem und flüstere Alptraumhaftes in das Ohr. Bis sich der Song ab ca. 2/3 Spielzeit in ein wildes Inferno auflöst.

Und es folgt wieder schwere Kost für Liebhaber der leicht eingängigen Songs. „Cone Of Shame“ ist wieder besonders… besonders schräg und einfach genial. Ein sehr komplexes Stück und eine Band in Bestform. Und so geht die Achterbahnfahrt weiter durch „Sol Invictus“ – ein nicht einzuordnendes „Rise Of The Fall“, das so viele unteschiedliche Elemente intus hat, dass ich nicht mehr mit komme. Da treibt mir der Wahnsinn die Tränen in die Augen – aber es sind nicht unbedingt Tränen der Trauer, sondern vielleicht der Freude… oder nicht? Und dann sind da die urplötzlichen hektischen Einsätze bei „Black Friday“, bei denen man sich fühlt als würde man Mike Pattons Hand schütteln, in der er einen Stromschlag-Handschocker-Scherzartikel versteckt hält. Nichts für schreckhafte Gemüter. Und es folg das herrlich ironische „Motherfucker“, bei dem man sich kaum das Lachen verkneifen kann. Ein grandioser Mitsing-Refrain mit sehr einfachem Text, den sicher schon jeder mal in seinem Leben – zumindest gedanklich und sinngemäß – von sich gegeben hat. Auf ein finsteres „Matador“, das einen in Trübsinn verfallen lässt, folgt ein erstaunlich entspanntes und fast schon normal zu nennendes „From The Dead“, das den Hörer wieder ein wenig runter bringt, bevor dieser als vollkommenes psychisches Wrack endet.

Bei „Sol Invictus“ lassen sich viele parallelen zu vergangenen Stücken ziehen. Jedoch sind diese Stränge recht dünn. Man muss sagen, dass das Album sehr eigenständig ist. Erstmal schwer verdaulich, doch genau das machte Faith No More ja schon immer aus. Sie waren noch nie leicht zugänglich und einfach zu verstehen. Eher bewegten sie sich meist in der Sparte „total abgedreht“ und gerade deswegen so inspirierend. Bei dieser Eigensinnigkeit gepaart mit einer gesunden Portion Ironie und vor allem dem vorhandenen Talent kann einfach nur solch ein kranker aber doch genialer Scheiß rauskommen, mit dem Faith No More hoffentlich auch künftig noch das ein oder andere Album mehr bestücken werden.

Anspieltipp: Black Friday

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