Start CD / DVD Reviews Edguy: Tinnitus Sanctus (2008)

Edguy: Tinnitus Sanctus (2008)

Edguy: Tinnitus Sanctus (2008)
Edguy: Tinnitus Sanctus (2008)
André Tuchtenhagen
Nuclear Blast
14.11.2008
www.edguy.net

Tracklist:

  1. Ministry of saints
  2. Sex fire religion
  3. The pride of creation
  4. Nine lives
  5. Wake up dreaming black
  6. Dragonfly
  7. Thorn without a rose
  8. 9-2-9
  9. Speedhoven
  10. ead or rock
  11. Aren't you a little pervert too?

Nachdem sich Edguy Frontmann Tobias Sammet mit seinem Soloprojekt Avantasia in aller Welt einen Namen gemacht hat, widmet er sich wieder ganz seiner Power Metal Truppe Edguy und veröffentlicht noch im selben Jahr ein neues Album. Das zeugt nicht nur von Engagement, sondern auch von sehr großer Leidenschaft zur Musik.

Schon im Sommer kündigte Sammet Veränderungen am Stil der Band an und ließ die Fangemeinschaft damit aufhorchen, und Tatsache: Ministry Of Saints, Opener des Albums und erste Singleauskopplung gleichermaßen überrascht mit einem für die Band recht harten Riffling und wirkt insgesamt reifer und künstlerischer als vorheriges Material.  Mit einem wuchtigem Intro und einem schwungvollen Refrain leben die Hessen auch im folgenden Song Sex Fire Religion ihren Hang zum Heavy Metal aus. Weniger riffbetont, dafür aber um einiges melodischer kommt The Pride Of Creation daher. Durch wieder höher gestimmte Gitarren und schnelleres Tempo wirkt der Song nach dem wuchtigen Auftakt sehr auflockernd, und quietschende Gitarren überall im Song erinnern an den wilden Edguy Stil aus den vorherigen Alben.

Eine ganz besondere Aufmachung besitzt der Song Dragonfly. Beim ersten Hören ein Fantasy-Song der merkwürdigen Art, hinter dessen Lyrics aber mehr steckt, als man auf dem ersten Blick erwartet: "Der Typ in dem Song meint einfach nur, dass er es nicht abwegiger findet, eine Libelle zu rauchen als sich Waschpulver durch die Nase zu ziehen", äußerte sich Sammet zu diesem Song und offenbarte damit, dass es sich um einen Anti-Drogen-Song handelt, der lediglich als Fantasy-Song getarnt ist. Eine Tatsache, die die theatralische Aufmachung mit den vielen Chören gar nicht vermuten lässt.

Thorn Without A Rose ist die Ballade des Albums und in üblicher Weise aufgebaut: startet sie noch mit ruhigen Tönen , die sich im Laufe des Songs allmählich steigern, geht sie bald in einem musikalischem Feuerwerk auf, das in einem dramatischen langgezogenen Gitarrensolo seinen Höhepunkt findet. Zugegeben, diese Ballade ist voll radiotauglich, besticht aber trotzdem mit einem Flair, den man sonst in typischen Rockballaden aus den 80ern vorfindet. Speedhoven, der progressivste Song auf Tinnitus Sanctus, behauptet, dass das Ertauben Beethovens eine rein natürliche und evolutionsbedingte Reaktion auf die Kritik sei, mit der man seinen Stücken entgegentrat. Im Folgenden zieht nun der Geist der Kunst umher, um bei der Kritikerschaft Rache auszuüben. Vertont wird dieser schräge Inhalt mit viel Melodie, Tempo und Chören, die zusammen einen musikalischen Wirbelsturm ergeben, der jedoch nach etwa vier Minuten in ein ominöses Orgelspiel abstürzt und nach einer theatralisch-epischen Bridge verstummt. Der Song könnte jetzt vorbei sein, prescht aber noch einmal los, um das Gitarrensolo nachzuholen, für das in den vorherigen fünf Minuten vermutlich kein Platz war. Abgelöst wird dieses lange Solo von Tobias Sammets durch den Verzehrer gejagten Gesang und schließt somit an den ersten Teil des Songs an, um schließlich nach über sieben Minuten zu einem Ende zu finden.

Als Bonustrack und lustige Zugabe fungiert "Aren´t You A Little Pervert, Too?!" ein countrymäßig, schwungvoller und textlich humorvoller Song, der sich von den anderen Liedern auffallend abhebt, das Album aber gut abrundet und den Hörer mit einem Grinsen im Gesicht zurücklässt.

Letztendlich stellt das Tinnitus Sanctus eine deutliche, aber gelungene Weiterentwicklung, die aber immer noch zu 100% Edguy ist. Tobias Sammets unvergleichliche Stimme, sowie das häufige Mitschwingen eines musikalischen Augenzwinkerns und die allgegenwärtige edguy´sche Ironie sind unverkennbar. Edguy sind wieder einmal mit viel Leidenschaft bei der Sache und haben ihrem neuen Werk viel Atmosphäre verpasst. Insgesamt wurde das Tempo ein wenig herunter geschraubt,als auf anderen Alben, allerdings wird der wuchtige Bombast und die theatralische Epik dem Albumtitel gerecht. Wenn schon der Heiland aus dem Ohr blutet (siehe Album-Cover), dann dürften sich die Fans auf der kommenden Tour warm anziehen.

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