Rock
Fullsteam Records
27.01.2017
www.discoensemble.com
Tracklist:
- Reality
- Fight Forever
- Disappear
- Afterlife
- Nothing More
- Das Boot
- Hardcore People
- Face Down in a Fountain
- Surround Me
- Too Deep
- Midnight
Einige Bands wachsen mit dem Alter. Sie lernen dazu, erfinden sich neu, wechseln sogar manchmal ihren kompletten Stil mit Bravour. Seit ihrem ersten Album „Viper Ethics“ blieben die Finnen von Disco Ensemble ihrem energiegeladenen Stil treu. Wild, ungestüm und dabei doch in einer gekonnt musikalischen Ordnung, dass das Zuhören ob digital oder live eine Freude darstellte. Doch nun versuchen sie offensichtlich mit ihrer neuen Scheibe „Afterlife“ alte Wege zu ebnen und neue zu finden.
Bereits auf dem letzten Album zeigt sich eine starke Wendung zu etwas ruhigeren Klängen, was sich nun auf „Afterlife“ weiter festigt. Was sich nunmehr in mehr oder weniger rockigen Popnummern ausdrückt. Nach wie vor findet man interessante Gitarrenriffs und gut aufeinander abgestimmte Musiker, allerdings fehlt der punkige Pep den die Jungs früher an den Tag legten. Es scheint als wäre den Finnen komplett der Schneid verloren gegangen. Die Songs klingen, aber vor allem verklingen sie schnell, viel zu wahllos sind die Melodien. Popsongs die nicht hängen bleiben und vorbei plätschern. Zu allem Überfluss versucht Sänger Miikka Koivisto stellenweise in höheren Tonlagen zu singen. Dass dieses unsagbare Ergebnis tatsächlich auf Scheibe gepresst wurde wundert mich sehr. Apropos Gesang: der Schreigesang wurde dramatisch reduziert.
Es geht nicht einfach um das Prinzip, dass Disco Ensemble sich weiter entwickeln wollen und vergleichsweise ruhig geworden sind – viele Musiker zeichnet genau dies aus. Und ich hätte es mir im Falle dieser Band eine großartige Entwicklung sehr gut vorstellen können, denn die Voraussetzungen sind da: gute Musiker und Offenheit für Neues. Doch auf „Afterlife“ finden sich Popnummern, die gut sein hätten können, es aber leider nicht sind. Disco Ensemble haben viele gute Ansätze mit elektronischen Spielereien oder Details welche die Musiker mit ihren jeweiligen Instrumenten einbringen, doch im Gesamtbild folgen sie einfachsten Schemata und es fehlt eindeutig die Power, die jugendliche Wut. Die könnte sich auch in ruhigeren Tönen wiederfinden, aber dies passiert leider nicht. Die Worte fliegen seicht und oft einfallslos dahin.
Auf die einzelnen Songs möchte man hier gar nicht richtig eingehen, denn kaum einer bleibt im Kopf hängen. Nicht einmal die Refrains sind mehr der Reißer. Wo man früher gerne mitgesungen und -geschrien hat, bleibt man heute ratlos. Auch das Tribut „Das Boot“ mit seinem vielversprechenden Titel, das an den gleichnamigen deutschen Film anlehnt, ist nicht umwerfend. Die quengeligen Pianoklänge sind auf Dauer doch recht anstrengend. „Face Down In A Fountain“ ist ein wenig punkiger und geht ein wenig nach vorn, doch eine größere Überraschung bleibt aus. Einzig „Afterlife“ hat zumindest ansatzweise den Mut ein neues Konzept durchzuziehen. Elektronische Klänge und ein Song, der sich langsam aufbaut und in einem hörbaren Refrain mit überzeugender Melodie aufgeht. Aber ein Song alleine macht nicht das Album, auch wenn es der Titelsong ist.
Der Schritt in eine etwas neuere Richtung ist getan doch die Umsetzung lässt noch zu wünschen übrig. Wie bereits erwähnt traue ich dieser Band einen großen Schritt auf neuen Wegen zu, doch dieses Album erfüllt keineswegs die Erwartungen. Da hätten sie lieber nochmal alte Wege begehen sollen. Doch sieht man „Afterlife“ als lehrreichen Übergang, kann man gespannt sein, wie das nächste Album wird. Vielleicht kommt dort ja der große und erfolgreichere Umschwung.