Power Metal/Speed Metal
Nuclear Blast
02.09.2022
www.blind-guardian.com
Tracklist:
- Deliver Us From Evil
- Damnation
- Secrets Of The American Gods
- Violent Shadows
- Life Beyond The Spheres
- Architects Of Doom
- Let It Be No More
- Blood Of The Elves
- Destiny
Ach ja, die blinden Gardinen, ähm, pardon, Blind Guardian, haben es einem in den letzten Jahren nicht gerade leicht gemacht. Der 2015er Longplayer „Beyond The Mirror“ und das Orchester-Album „Legacy Of The Dark Lands“ (als Blind Guardian Twilight Orchestra 2019 veröffentlicht) waren pompöse, bombastische und anspruchsvolle Werke, die zwar ihre Hörer fanden, aber für viele auch erdrückend, überladen und als „too much“ empfanden. Auch ich zähle mich zu den Letztgenannten, dessen Euphorie der Band gegenüber eher bergab ging. Da war die Bauchlandung des Keep It True Rising!-Gigs, mit einem Old-School-Set (das nur bedingt Erwartungen erfüllt hatte) keine Hilfe diese Ansicht zu ändern. Blickt man allein auf das Cover des neuen Albums „The God Machine“, nimmt dies die streitbaren Diskussionen keinen Wind aus den Segeln: Im Grunde ist die Arbeit des Künstlers Peter Mohrbacher ein sehr ansprechendes und auch schönes Artwork, aber im Kontext zu Blind Guardian eher unpassend. In meinen Augen passt es nicht ganz zu Blind Guardian und beißt sich. Andere Stimmen behaupten auch die Farbmischung sei unstimmig oder es sei hässlich, aber über Geschmack lässt sich eh bekanntlich streiten…
Für die Krefelder ist das Coverbild aber eine Neuausrichtung, die gewissermaßen für einen Neuanfang stehen soll. Wie darf aber diese Neuausrichtung verstanden werden? Nachdem ich „The God Machine“ mehrmals gehört habe, kann man mit Fug und Recht behaupten, dass man den Spagat geschafft hat, auf der einen Seite die modernen und bombastischen (in dezenteren Nuancen) Elemente beizubehalten, aber auch wieder einen deutlichen Schritt Richtung Vergangenheit gemacht und härtere bzw. kompaktere Thrash-lastigere Nummern komponiert hat. Ebenso muss erwähnt werden, dass das neue Material einen etwas düsteren Touch hat, was wiederrum einen gewissen Charme verleiht. Der gute Opener „Deliver Us From Evil“ und „Blood Of The Elves gehen gut nach vorne, „Architects Of Doom“ und „Life Beyond The Spheres sind da noch komplexer (bzw. „progressiv“), und mit „Secrets Of The American Gods“, „Destiny“ und „Damnation“ epischeres. Aber das eigentliche Highlight ist die Power-Ballade „Let It Be No More“, dass eine schöne Tiefe an Emotionen erreicht (der Song wurde inspiriert vom Tod von Hansi Kürschs Mutter, die nach einer längeren Leidenszeit kurz vor Pandemiebeginn verstarb) und mit starkem Refrain brilliert.
Mit „The God Machine“ machen Blind Guardian wieder einen (positiven) Schritt nach vorne, verbindet Moderne mit der Vergangenheit und kann sich als Ganzes sehen lassen. Das Einzige, was man an dem Werk vermisst, ist der „Signal-Hit“, einen Fistraiser, einen Banger oder von mir aus auch Mitgröhl-Song, wie auch immer man es für den jeweiligen Hörer betiteln möchte. Auch wenn das Material zwar überzeugt, hat man nach den rund 51 Minuten immer das Gefühl, dass noch etwas gefehlt hat. Die Neuausrichtung ist aber soweit geglückt und man darf sich beim nächsten Mal, bei diesen fehlenden Punkt, weiter verfeinern. Ich bin gespannt!