Review: Carry me away. Annisokay mit Fearless Vampire Killers & Novelists im LUX Club (04.10.2015, Hannover)

Foto: © Torsten Volkmer bs!
Foto: © Torsten Volkmer bs!

Wer keinerlei Erwartungen hat, kann nicht enttäuscht werden. Wer nicht wagt, gewinnt nicht und wer das Phrasenschwein totreden will, der hört lieber auf andere als in sich hinein. Annisokay, die junge bittersüße deutsche Post-Hardcore Band mit dem fantastischen Grafikdesign, den beeindruckenden Musik-Videos zu „Sky“ oder „Day To Tragedy“ und dem amerikanisch-deutschen Produzentendoppel, kann live doch nicht gut sein. Emo-Gesockse. Kitsch-Kiddies. Post-Pop. Watt soll da schon kommen.

Wer keinerlei Erwartungen hat, kann bestätigt werden. Support Nummer eins schürt mit den ersten 30 Sekunden Erwartungen à la frames, Hermelin oder Maybeshewill. Eine vielversprechende Fläche, die aber im Nu von unterirdischem Gesang zerbröselt wird. Ein Vorspiel ohne Höhepunkt oder Wiedererkennungswert, das nichts Gutes ahnen lässt. Der special guest, ist ganz schön special. Lassen wir das.

Foto: © Torsten Volkmer bs!
Foto: © Torsten Volkmer bs!

Support Nummer zwei, Fearless Vampire Killers, der lustigste Death Pop, den man sich vorstellen kann, kitzelt die blutenden Ohren versöhnlich, bringt die 150 Lux-BesucherInnen zum Tanzen, Mitsingen, hab Spaß auf der Bühne und hebt die Stimmung aus dem Jammertal. „Wanna feel your danger.“ Leider waren die Briten nur so kurz auf der Bühne, dass so manches Fearless Vampire Killers Girl nicht mal sein liebevoll beklebtes Glitzer-Herzchen-Schild hochhalten konnte. Shit happens.

21:45. Annisokay.

„Don’t wear a mask for so long you will forget who’s beneath it

You will forget who’s beneath it“

Wer Erwartungen für einen Ticketpreis von 18,-€ AK hat, kann beglückt, überrascht und verdammt high werden. I might be sexy, but I’ m nerdy as hell. Zugegeben, Annisokay sehen aus wie die Turnbeutelvergesser von gestern, nicht wie Rampensäue mit Livepotential. Doch der Eindruck täuscht gewaltig.

„Seid Ihr am Leben?!“ (Dave)

Foto: © Torsten Volkmer bs!
Foto: © Torsten Volkmer bs!

Wer Annisokay kennt, weiß, dass Shouter Dave Grundewald ein echter Charakter ist. Das Pullovertier mit der übergroßen Brille explodiert schon beim ersten Song. Das Publikum – von der  Metalcore Druckwelle aufgewirbelt – lässt sich auf melodischen Wellen, die an Asking Alexandria sicherlich vorbeigeschwappt sind, treiben.

Annisokay sind mehr als okay. Sie hauchen dieser Herbstnacht Leben ein, geben Energie, zucken mit einem rätselhaften Lächeln durch das Lux. Annisokay halten live definitiv, was die neue Platte Enigmatic Smile verspricht. Voll Emo. Voll okay. Voll Annisokay, springen sie ihre Songs; energiegeladen von der ersten Single des neuen Albums Carry me away bis zur Zugabe.

Naked City, dieser Song ist zum Tanzen da!“

Annisokay springen ’s vor, das Publikum lässt sich auf die Fliesen nieder, gehorcht roundcircled, bis der Lux-Club buchstäblich unter den Füßen, Bässen und Wellen von Applaus bebt. Tanzen ist eben Kraftsport ohne Turnbeutel.

„Are you brave enough

Are you brave enough to fear?“

Foto: © Torsten Volkmer bs!
Foto: © Torsten Volkmer bs!

Das Lux kann Emo, der Sound ist tatsächlich gut abgemischt, denn ohne die beeindruckenden Clean-Vocals des zweiten Sängers, Christoph Wieczorek, ohne die Mischung zwischen Härte und Zartheit, dem Streicheln und Prügeln der Stimmen, wären Annisokay vielleicht nur eine unter vielen Bands. Oder wie Bassist Norbert Rose es kürzlich im Interview mit pitcam ausdrückte. „Gitarre und Schlagzeug spielen können ganz, ganz viele und das machen bestimmt auch einige weitaus besser als wir, aber Christophs Stimme – und Daves eben auch – ist, was es dann einzigartig macht.“ Die Refrains bleiben hängen wie dieser Abend.

Annisokay. Sicherlich zu clean, zu gut produziert, zu perfekt für einige Fans von Metal und Co. Fazit: Man darf ruhig Erwartungen hegen und gespannt sein wohin sich Annisokay künftig entwickeln. Manchmal werden Erwartungen eben übertroffen, manchmal ist live schöner als versprochen. Manchmal muss man was wagen.

„Carry me away

Like driftwood to the sea

Though the sun is long gone

You’re keeping my heart strong

You’re keeping my heart strong“

Links:

www.annisokay.com
www.facebook.com/NovelistsMusic/
fearlessvampirekillers.com

 

 

Isabelle Hannemann
Isabelle Hannemannhttp://www.isabellehannemann.net
Die missratene Hypotaktikerin wird als Redakteurin Schrägstrich Fotografin bei be subjective! geduldet, hat versucht sich als freie Autorin und Herausgeberin verschiedener Artikel und Bände im Bereich der kritischen Sozialwissenschaft für Suchmaschinen selbst zu optimieren und will – wenn sie groß ist – mal sehen. Künstlerisch als Autorin und Fotografin mit diversen Bands und AutorInnen zusammenarbeitend, Texte zu Papier, Gehör und auf die Bühne bringend. Na dann Prost Mahlzeit!

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