Rum Diedel Bum Diedel Dudelsack
Heute treiben wir Schabernack
Heute wird Musik gemacht.
Einmal nur ist …
Es gibt Bands, die hießen mal Kapelle. Es gibt Songs, die mehr als nur Lieder sind und mehr erzählen, als sich erahnen lässt. Vielleicht nicht in einem politischen, in jedem Falle aber in einem emotionalen Sinne. An diesem Abend aus Seide, erzählen sie viel. Es ist heiß und nur Saharastaub trübt den Sonnenschein. Die Puhdys setzen Segel. Unser Schiff erklingt und selten hat man Hannovers Publikum vom ersten Song an so glücklich mitsingen, seine Arme in die Höhe reißen und die Augen schließen sehen.
„Auf unserm Schiff, sind wir zu Haus‘
Werfen keine Anker, steigen nie aus
Die Fahrt ist lang, hört niemals auf
Wir nehmen Flauten und Stürme in Kauf.“
Bei 31° C im Schatten begrüßt ‚Maschine’, Dieter Birr, das Publikum. Man habe heute spontan den Saunabesuch abgesagt, um hier zu sein. Die Parkbühne strahlt bis in die letzten Reihen und wären Paul und Paula hier, ließen sie jetzt ihren Drachen steigen, Geh zu ihr und alles singt mit. Geh zu ihr. Vielleicht ist nicht jedem Urhannoveraner oder sturm- und erdverwachsenen Niedersachsen klar, dass die Puhdys nicht schnöde Ostalgie zelebrieren. Was hier zwischen Publikum und Band funkt, ist nicht nur das große „Was wäre wenn“ (alles anders gekommen wäre) des Lebens, es sind nicht die großen politischen Umbrüche, es sind unendliche Sehnsüchte, Träume, die kleinen Legenden, die unauflöslich mit den Songs der Puhdys verwachsen sind, die sich zwischen hier und dort, um damals und heute, Paul und Paula ranken. Der erste Kuss, die erste Liebe, das erste Mal .. das Herz gebrochen.
„Was für AC/DC Rosie, ist den Puhdys ihre Melanie.“
Der dritte Song im Set – Melanie – erinnert in der Tat auch visuell an einen aufblasbaren Altherrenwitz. Eher witzig als erotisch, reckt das überdimensionale 80s Darling seinen Mittelfinger in die Höhe. Pferdeschwanz, bauchfrei, rote Nägel, rote Lippen – ein freches Klischee. Was soll’s, dem Publikum gefällt ’s. Keine gefühlsduseligen Ansagen, eher schnodderiger Witz. Puhdys eben.
Nach 45 Jahren auf der Bühne geben sie auf ihrer Abschiedstour im letzten Drittel des Abends jedem eine Ehrenrunde auf der Parkbühne: Peter ‚Bimbo’ Rasym verabschiedet sich mit einem Basssolo, TV-Show ist wie für den „Ringo Star, den Schlagzeuger von Johannes Hesters, gemacht“, flappst ‚Maschine’ und Klaus Scharfschwerdts lässt die Sticks fliegen. Die liebe kleine Schaffnerin gehört ganz Dieter ‚Quaster’ Hertrampf und Lebt denn der alte Holzmeyer noch? – wie sollte es anders sein – ist eine Persiflage, die ganz Peter ‚Eingehängt’ Meyer gebührt. Schließlich stellt sich Dieter ‚Maschine’ Birr mit einer gesunden Portion Selbstironie als der liebe Gott vor.
„An den Ufern der Nacht
Zieht der Tag an mir vorbei
War er gut? War er schlecht? Habe ich gelebt?
War ein Traum für mich dabei?“
Manche nennen das, was die Puhdys ausmacht eine aggressive Art der Melancholie,[1] eine die über dem Abend liegt und ihn dennoch in Leichtigkeit taucht. Wer – allen voran die Band selbst – könnte ohne sie? Eine rhetorische Frage, denn wenngleich die Konzertsaison 2014/15 ihre letzte sein wird, können die PUHDYS nicht ohne Musik oder Live-Gigs und stecken bereits in den Plänen zu einer gemeinsamen „ROCK LEGENDEN“-Tour und -CD mit den KollegInnen von City und Karat.
„Behaltet uns und diesen Abend gut in Erinnerung“ (Maschine)
Und wenn sie nicht gestorben wäre(n), hätten Paul und Paula heute wohl mit all den anderen gesungen, applaudiert, getanzt. Wären auf einem Feuerwerk aus Melancholie und Wunderkerzen barfuß auf dem Rasen der Parkbühne in den Abend geschwoft und hätten um dreiviertel Zehn (21:45) energisch nach Zugaben verlangt!
Ein Abend wie Seide, gemacht aus Melancholie und Saharastaub. Schön war’s.
Setlist
-
Unser Schiff
- Geh zu ihr
- Melanie
- Kühle Lady
- Die Welt ist ein Wunder
- Wenn Träume sterben
- Ich will nicht vergessen
- Wilder Frieden
- Es war schön
- Sternstunden
- Bis ans Ende der Welt
- Saxophon Solo Peter Mayer
- Drum Solo Klaus Scharfschwerdt
- Abenteuer
- Perlenfischer / Lied für Generationen / He John / Reise zum Mittelpunkt der Erde / Sturmvogel / Ikarus
- An den Ufern der Nacht
Bandvorstellung + Basssolo Peter ‚Bimbo’ Rasym
Bandvorstellung + TV-Show Klaus Scharfschwerdt
Bandvorstellung + Liebe kleine Schaffnerin Dieter ‚Quaster’ Hertrampf
Bandvorstellung + Lebt denn der alte Holzmeyer noch? Peter ‚engehängt’ Meyer
Bandvorstellung + Ich bin der leibe Gott Dieter ‚Maschine’ Birr - Ich bin der liebe Gott
- Wenn ein Mensch lebt
- Lebenszeit
- Alt wie ein Baum
- Rockerrente
Encore - Hey, wir woll’n die Eisbärn seh’n
- Das Buch
Links:
[1] http://tiny.cc/puhdys [3.7.15].