Es ist wieder November und das Metal Hammer Paradise lädt wieder zum fröhlichen Metal-Stelldichein ein. Dieses Jahr etwas später als die Jahre zuvor, welches aber organisatorische Gründe beherbergt wie die Zusammenarbeit mit dem Plague Noire, welches an dem darauf folgenden Wochenende stattfindet.
Gerade bei diesem grauen, kalten Nieselwetter können sich die Besucher/innen auf warme Zimmer, essen in Restaurants, flanieren durch den Metal-Markt, Gespräche in der Kneipe oder weiteren Freizeitaktivitäten im warmen freuen. Ach ja, da gibt es ja auch noch ein paar Konzerte auf drei Bühnen.
Den Startschuss machen, nach der Begrüßung von Sebastian Kessler, die Band Voodoo Kiss die den prall gefüllten Ballroom begrüßen. Die Band um Schlagezuger und Summer Breeze begründer Achim Ostertag gibt sich ganz klassisch gemäß den 90ern in der die Band ihren Anfang fand. Mit glasklarem Sound und schönen Gesangsdialogen tragen Steffi Stuber und Gerrit Mutz das Publikum in das Festival hinein.
Im Zelt sind Anvil der Opener. Die alten Bekannten des Festivals betreten die Bühne energiegeladen und mit vielen alten Songs um die Menge zu begeistern und in Bewegung zu bringen.Denn im Zelt ist es doch noch recht frisch. Das wird sich aber noch im laufe des Konzertes ändern, soviel ist sicher. Denn Songs wie „Free As The Wind“ und „Metal On Metal“ stehen hier auf dem Plan. Und auch im Zelt scheinen die Mischer, im Laufe der Jahre, den Sound mal langsam in Griff zu bekommen.
Inzwischen machen sich weitere Wiederholungstäter im Ballroom bereit. Mit viel Druck und wilden Double Bass Drums bringen Deserted Fear den Weissenhäuser Strand zum beben. So fällt dem Publikum gar nicht auf, dass das Zelt wegen einer Sturmwarnung geräumt wurde. Also heißt es in der Kälte warten bis die 3 m Grenze wieder aufgehoben wird und es endlich ins Zelt zu Equilibrium geht. Die Jungs lassen sich von den noch wehenden Zeltseiten nicht beeindrucken und starten gleich mit „Legends“ voll durch. Da wird einem schnell wieder warm. Eine gute Mischung aus älteren und auch neuen Songs wie „Shelter“ sorgen für eine grandiose Stimmung.
Auch an der Ostsee gerne wieder gesehene Gäste sind die Mädels von Burning Wiches. Der randvoll gesäumte Ballroom bricht gleich beim betreten der Band in großen Jubel aus. Welches die Kombo auf Händen trägt und Sängerin Laura in ihrer Bühnenpräsens bestärkt verschärft mit dem Publikum zu interagieren. Textsicher wird fast jeder Song von allen mitgesungen. Sei es „Hexenhammer“ oder „Dance With The Devil“ wird fleißig mitgegröhlt und abgefeiert.
Zeit für Legenden
Im Anschuss folgt ein alter Hase in dem gesamten Metalbusiness. Aber U.D.O. Und Accept auf einem Festival? Naja, zumindest sind sie durch die Tage getrennt, denn sie sind nicht gerade freundlich zueinander gestimmt. Wie auch immer. Nun ist eine Legende hier auf der Bühne. Gewohnt in blauen Licht (Was macht das Licht? Es leuchtet blau!) und viel Nebel, den es dieses Jahr wohl auch im dutzend günstiger gab, zeigt der German Tank sein großes Portfolio an eigenen Tracks wie „Touchdown“ oder „Man And Machine“. Aber dennoch kramt er auch in seiner Vergangenheitskiste und packt Songs wie „Metal Heart“ oder „Midnight Mover“ und weitere aus vergangenen Zeiten aus. Grandios!
Den Abend im Ballroom beschließen Enforcer. Hier befinden wir uns musikalisch wie auch optisch wieder in den 80ern und feiern den Metal aus dieser Zeit. Und das Ganze mit viel Power und Druck bringt das Publikum in eine Zeit zurück, in der ein Oberlippenbart noch in war.
Döpp Döpp Döpp
Sie scheinen auch immer wieder gerne an die Ostsee zu kommen. Headliner des heutigen Tages sind Saltatio Mortis. So entpuppt sich die Biomasse im Zelt als riesige Partygemeinschafft. Halt „Brot Und Spiele Für Die Massen“. Auch wenn Luzi Das L leider durch Krankheit verhindert ist, ist es eine großartige Show. Es werden viel neuere Lieder gespielt und ein Medley incl. „Hypa Hypa“ (Electric Callboy) und „My Mother Told Me“. Hier merkt man, dass auch die Band ein riesen Spaß an den Auftritten hat. So ist es für das Publikum leicht diesen Abend zu feiern und den krönenden Abschuß mit dem „Spielmannsschwur“ hinaus zu tragen. Wer dennoch kein Ende finden kann, findet sich im Motörhütt zur Aftershowparty vom Ballroom Hamburg ein. So ist dann auch das triste Wetter vergessen.
Von der Sonne wach geküsst
Der Samstag zeigt sich von seiner sonnigen Seite. Schon gleich tummeln sich die Leute auf dem Marktplatz, Strand und der Seebrücke oder holen sich beim ansässigen Bäcker ihre Frühstücksbrötchen. Auch das Spaßbad öffnet wieder seine Pforten für die Festivalgäste. Der Weissenhäuser Strand wird langsam wach.
Die Ankündigung ab 12:00 Uhr für das nächste Jahr wieder buchen zu können, entpuppt sich als Desaster. Es ist keine Minute vergangen und schon sind die Server vom Weissenhäuser Strand überlastet und abgeschmiert. Welches zur Folge hat, dass sich wieder endlose Schlangen zur Rezeption bildeten um die Buchungen manuell vorzunehmen. Das gleiche Bild wie im letzten Jahr. Nur wird man dieses Jahr beim warten nicht mit Bier versorgt.
Doch viel zeit bleibt nicht. Pyogenesis läuten die späte Mittagszeit ein. Dieses Mal findet das erste Konzert im Zelt statt. Gleich mit „Steam Paves Its Way (The Machine)“ machen sie gleich ordentlich Druck und haben jede Menge Spaß dabei. Auch hier zeigt sich wieder, dass auch die Bands feiern können. So klettert Sänger Flo von Schwarz immer wieder die Bühne runter und agiert im Graben mit dem Publikum. Er läßt sich sogar auf einem Gummiboot durch die Menge tragen.
Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Es geht ab ins Weltall! Denn Space Chaser haben im Laufe der Jahre ihren Stil vom erdigen Thrash-Punk in den Orbit getragen und kommen nun mit futuristischen, aber dennoch, sehr hartem Sound daher. So ist es auch nicht verwunderlich dass sie mit Songs wie „Juggernaut“ oder „Dark Decents“ den gut gefüllten Raum begeistern.
Nun wird es düster, denn nun nehmen Moonspell den Ostseestrand in Beschlag und umgarnen ihn mit ihren mysteschdunklen klängen. So zeigt sich schon gleich die Maximum Metal Stage im Zelt von der dunklen Seite der Macht. Mit „Opium“ hüllen die Mannen um Frontmann FernandoRibeiro die Menge ein und tragen sie mit „Finisterra“ und „The Future Is Dark“ durch die neblige, dunkle, über die Jahre gereifte Schaffenskraft. Abschließend zeigt der Mond auch noch seine Kraft, denn mit „Full Moon Madness“ beschließen die ihr Set.
Bewegungsdrang in Ketten
Moderner geht es nun bei League Of Distortion ab. Der Mix aus Industrial und Nu Metal gesungen von Frontfrau Anna Brunner wird gnadenlos auf das Publikum geprasselt, so dass auch die letzten Haare durch den Ballroom fliegen. Man fragt sich ob die Ketten an ihren Händen und die niedrige Decke des eigentlichen Konferenzraumes ihren Bewegungsdrang nicht behindern könnten. Aber nichts dergleichen. Viele Kicks die teilweise an Hip Hop erinnern und Interaktion mit Gitarrist und Mitbegründer Jim Müller (Kissin´Dynamite) zeigen dass auch Raum in der kleinsten Hütte ist.
Im Zelt machen sich alte Bekannte bereit. Mit reinem Old School Metal zeigen Grave Digger wieder mal das der Metal nie aussterben wird. Das wird klar wenn man sich die Setlist anschaut. Songs wie „Excalibur“ oder „Heavy Metal Breakdown“ werden sofort mitgesungen und auch „The Last Supper“ ist ein echtes Highlight.
Hierbei bleibt zu erwähnen, dass der Sound auf den Bühnen sich gefestigt hat und somit großartige Konzerterlebnisse erleben läßt.
Zum ersten Mal sind Evergrey auf diesem inzwischen ehrwürdigem Festival. Hier geht es nun in die progressive Richtung und die Schweden beweisen eindrucksvoll warum sie in diesem Genre zu den Großen gehören. Wie bei anderen Bands vorher haben wir hier auch wieder eine gekonnte Mischung aus alten Tracks wie „Eternal Nocturnal“ und neueren Songs wie „Midwinter Calls“.
Inzwischen sind wir am frühen Abend angelangt und der Magen drängt zur Nahrungsaufnahme. Da gibt es nun auch die verschiedensten Möglichkeiten. Pizza oder Pasta beim Italiener, Burger mit Pommes oder Chili beim Amerikaner, ein schönes Steak im Dschungelland, guten Ostseefisch im Möwenbräu oder eine einfache Wurst, nach Festivalmanier, draußen in der Kälte. Wobei letzteres wohl eher nicht so toll ist, denn es fängt nun immer wieder an zu regnen und Wind kommt auch wieder auf. Aber vielleicht hilft da ja ein Glühwein bei Mittelalterlichen Klängen, die dort von Osteuropäischen Spielleuten vorgetragen werden. Nebenbei kann ja auch noch fleißig Merch, Musik und andere Dinge geshoppt werden. Das Drumherrum hat so vieles zu bieten.
Oder man geht einfach zu Dark Tranquillity ins Zelt und zieht sich Melodic Death Metal rein. Mit „The Last Imagination“ starten sie auch gleich in den Abend. Die Mischung aus Growl- und Cleangesang von Sänger Mikael Stanne ist perfekt abgemischt und verspricht ein epischer Abend zu werden. Es folgen Songs wie „Lost To Apathy“ oder „The Wonders At Your Feed“. Aber auch neuere Songs haben sie im Gepäck. Mit „Phantom Days“ beispielsweise. Ein einmaliger Auftritt.
Es wird wild im Ballroom. Dust Bolt betreten… nein, rennen auf die Bühne im Ballroom. Energiegeladen mit einem Fünkchen positiver Aggressivität peitscht Frontmann Lenny Breuss das Publikum an nochmal Vollgas zu geben. Dieser Auftritt ist dieses Jahr der letzte der Bayern. Mit „Trapped In Chaos“, „Sick X Brain“ passiert genau auch das. Es wird gemosht was das Zeug hält. In alter Manier klettert Lenny in die Menge und um ihn steigt der Circle Pit. Gelungener Abschluss der Tour.
Von Hymen und Helden
Das Zelt betreten nun die holden Recken von Gloryhammer. Wie sehr sie schon erwartet wurden zeigt die Menge gleich bei dem ersten Song. Mit „Holy Flaming Hammer of Unholy Cosmic Frost“ eröffnen sie ihr Set. Und es geht gleich weiter mit Hits wie „Land Of Unicorns“ von denen auch einige im Publikum herum springen. Irgenwie entpuppt sich jetzt jeder Song als Hit. Es wird mitgesungen und gefeiert als wenn es kein Morgen mehr gibt. Highlight ist nunmehr das Lied „Gloryhammer“, welches dem noch die Krone aufsetzt. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Die letzte Band für dieses Wochenende im Ballroom sind Grand Magus, die hier auch schon mehrfach gastiert haben. Die epischen Doom Metaller und Erzähler nordischen Göttersagen haben entsprechend auch was im Koffer mit. Mit dem 2010 entstandenen Song „I, The Jury“ starten sie ihre Erzählungen aus dem Norden. Christofferssons tiefe Stimme unterstreicht die Rauheit in den Liederzählungen „Hammer Of The North“ oder „The Hunt“. Alle Fäuste sind in der Höhe und die Stimmen aus dem Publikum begleiten die Band auf ihrem Streifzug durch die Geschichten der nordischen Länder.
Endgültig die letzte Band und unumstrittener Headliner sind Accept, die ebenso den Metal der alten Schule leben. Die Setlist ist gespickt mit gleichwertig alten wie aber auch neuen Songs. Dennoch die Klassiker kommen immer noch am besten an. Mit „Princess Of The Dawn“, „Balls To The Wall“ mitten im Set entsteht ein riesengroßer Chor, der wahrscheinlich noch weit über die Ostsee zu hören ist. Zudem weiß die Band um Wolf Hoffmann wie man sich in Szene setzt und mit drei Gitarren einen wahren Sturm erzeugt der die Wellen noch höher schlagen lässt. Mit „Metal Heart“ ist dann auch dieses schöne Festival wieder vorbei und es bleibt nur auf das nächste Jahr zu warten.
Abreise
Der Sonntag zieht wieder sein graues Band mit sich, Nieselregen prasselt auf Scheiben der Fahrzeuge, die beladen werden um die Heimfahrt anzutreten. Aber trotzdem war es ein schönes, energiegeladenes Wochenende mit vielen Höhen und ein paar Tiefen. Aber so etwas gehört dazu. Und deswegen sagen wir: Bis nächstes Jahr! Metal Hammer Paradise 28. & 29.11.2025
Galerien (by Olaf Räwel bs! 2024):
Links:
Metal Hammer Paradise
Danksagung:
Wir danken dem Fotografen Dirk Jacobs für die Ergänzung des Bildmaterials vom Samstag (23.11.2024).