Review: Douglas Dare bringt Club-Atmosphäre in die Kantine am Berghain (27.09.2024, Berlin)

An diesem stürmischen Freitagabend trafen in Berlin zwei Welten aufeinander: Auf der einen Seite Girl in Red, auf der anderen Douglas Dare. Beide queeren Indie-Ikonen spielten nicht nur zeitgleich, sondern auch fast nebeneinander. Während sich die Indie-Rock-Fans bei Girl in Red versammelten, fanden sich die Club-Leute in der Kantine am Berghain ein, um sich auf die düster-schillernde Klangreise von Douglas Dare einzulassen.

MM‘99 als starker Auftakt

MM '99 (Foto: Franz Naumann bs! 2024)
MM ’99 (Foto: Franz Naumann bs! 2024)

Den Abend eröffnete die vielversprechende Musikerin MM‘99, deren Sound sich an der Schnittstelle von ethereal vocals und elektronischer Produktion bewegte. Ihre Performance erinnerte stark an Crystal Castles, gemischt mit der stimmlichen Intensität von Ethel Cain. Ihre Stimme füllte den Raum und ließ keinen Zweifel daran, dass sie eine Musikerin ist, die man im Auge behalten sollte, wenn man elektronische Musik mag. Bisher hat sie ausschließlich den Song Heaven veröffentlicht.

Douglas Dare: Club-Sounds und intime Momente

Douglas Dare (Foto: Franz Naumann bs! 2024)
Douglas Dare (Foto: Franz Naumann bs! 2024)

Als Douglas Dare die Bühne betrat, war die Verbindung zum Publikum sofort spürbar. Die Kantine am Berghain, fast ausverkauft, wurde von dichten Nebelschwaden und dunklen, atmosphärischen Lichtern erfüllt. Die Beleuchtung war passend zur Stimmung des Albums Omni gewählt, das stark von der Clubkultur und dem Berghain selbst inspiriert ist. Bunte Regenbogenlichter durchzogen die neblige Dunkelheit und spiegelten das LGBTQIA+ Publikum wider, das sichtbar bewegt und euphorisch auf die Musik reagierte.

Douglas Dare strahlte Dankbarkeit und Freude aus. Er erzählte offen, dass die Tour fast abgesagt worden wäre, doch durch sorgfältige Planung und die Unterstützung von Freund*innen, sowie das Nutzen von Zügen, anstatt eines Tour-Vans und geliehenem Equipment, konnte die Tour doch noch stattfinden. Dieser Hintergrund gab dem Abend eine besondere Intensität – man spürte die tiefe Verbindung zwischen Künstler und Fans.

Eine emotionale Klangreise

Musikalisch bewegte sich die Performance zwischen alten Favoriten und neuen, aufregenden Arrangements. Besonders der Medley aus bekannten Songs in der neuen Omni-Produktion war ein Highlight. Songs wie Heavenly Bodies und Sailor erhielten durch die clubartige, düstere Soundkulisse eine völlig neue Dimension. Für mich persönlich stach der Song Heavenly Bodies besonders hervor, der in seiner Solo-Performance eine emotionale Tiefe erreichte, die das Publikum in Stille schwelgen ließ.

Douglas Dare (Foto: Franz Naumann bs! 2024)
Douglas Dare (Foto: Franz Naumann bs! 2024)

Als Zugabe brachte Dare One Eye Open in einer völlig neu arrangierten Version auf die Bühne. Das Publikum wurde von den clubbigen Beats mitgerissen und wollte gar nicht mehr aufhören, zu tanzen. Selbst nach dem letzten Ton blieb die Energie in der Luft spürbar.

Ein Abend zwischen Club und Gemeinschaft

Das düstere, stürmische Wetter an diesem Abend schien perfekt zur Grundstimmung des Konzerts zu passen. Es war eine schwierige Wahl, an diesem Abend queer und in Berlin zu sein – Girl in Red oder Douglas Dare? Die Club-affine Menge entschied sich für Dare, und es war offensichtlich, dass dies die richtige Entscheidung war. Wer jetzt aus der Kantine am Berghain stolperte, hatte nun noch die Wahl: Weitertanzen im Berghain oder doch lieber den Heimweg antreten? Ich selbst entschied mich für den Spaziergang nach Hause, Omni im Ohr und das warme Gefühl eines gelungenen Abends im Herzen – und ja, auf die Girl in Red-Fans bin ich dann auch noch getroffen.

Galerien (by Franz Naumann bs! 2024)

Douglas Dare (Foto: Franz Naumann bs! 2024)
Douglas Dare (Foto: Franz Naumann bs! 2024)


Setlist Douglas Dare:

  1. Omni
  2. Sailor
  3. Absentia
  4. Three Roads
  5. Painter
  6. 8w9zeros
  7. No Island is a Man
  8. Teach Me
  9. Mouth to Mouth
  10. Heavenly Bodies
  11. The Joy in Sarah’s Eyes
  12. Swim / Red Arrows
  13. One Eye Open
Franz Naumann
Franz Naumannhttp://www.be-subjective.de
Franz wird auch oft einfach Dino(junge) genannt, denn wenn er einmal anfängt, von Dinos zu erzählen, hört er so schnell nicht mehr auf. Passend zu seiner Liebe für MySpace & Tumblr, könnte man meinen, dass Franz in der Zeit stehen geblieben ist, aber vielleicht ist es auch einfach eine grosse Portion Nostalgie. Er liebt analoge Fotografie & kennt Pop-kulturelle Momente & die Indie-Szene so gut, wie die Welt der Dinos. Schwarz ist die einzige Farbe, die er trägt, weil „alles Andere in Berlin einfach gefährlich ist“. Und wenn er nicht gerade mit seiner Fuji vom Fotograben aus fotografiert, gibt er viel zu viel Geld für Schallplatten aus.

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