Während aktuell so manche Band oder Künstler*in Konzerte in höchstens ganz passabel gefüllten Clubs spielen, diese in kleinere Locations verlegen oder aufgrund mangelnder Ticketverkäufe sogar ganz absagen müssen, gibt es auf der anderen Seite so Bands wie Provinz, um die es einen regelrechten Hype gibt und die von dem ganzen Struggle bisher verschont geblieben sind. Ob dieser Hype gerechtfertigt ist oder nicht, davon überzeugen wir uns heute. Es ist das 66. Konzert von Provinz in diesem Jahr und fast immer hieß es ausverkauft. 2.500 Menschen haben den Weg nach Bielefeld in den Lokschuppen gefunden. Eine viertel Stunde bevor es los gehen soll, wird die Musik, die leise im Hintergrund läuft, von einer Ansage unterbrochen. Provinz wenden sich in dieser mit folgender Nachricht ans Publikum:
Ein Provinz Konzert soll ein Safe Space für alle Besucher*innen sein. Gebt aufeinander acht und sollte jemand Hilfe benötigen, bekommt ihr diese bei unserer Merch Crew
sinngemäß
Klasse Aktion, die vom Publikum mit reichlich Applaus bedacht wird. Bevor Provinz selbst die Bühne betreten, darf zuerst Cinemagraph das Bielefelder Publikum für eine halbe Stunde aufwärmen. Pünktlich um 21 Uhr betritt das Quartett aus Mannheim die Bühne und liefert eine interessante Mischung aus Indie-Rock mit Pop-Elementen, Synth Sounds und Vocal-Leads. Ein Mix, der beim Bielefelder Publikum gut ankommt. Cinemagraph spielten zuletzt noch eine eigene Tour vor, nach eigener Aussage, im Schnitt etwa 50 Leuten. Jetzt ist es mal eben das 50-fache. Von Nervosität oder Ähnlichem ist der Band jedoch nichts anzumerken.
Auf der Bühne läuft unterdessen der Umbau. Als bei der im Hintergrund laufenden Musik Nina Chubas Song Wildberry Lillet gespielt wird, geht das Bielefelder Publikum plötzlich steil und singt den Chorus lauthals mit und auch bei einigen darauffolgenden Songs bietet sich ein ähnliches Bild. Die Stimmung ist jetzt schon top, dabei stehen Provinz noch gar nicht auf der Bühne. Wenn dass Mal nicht beste Vorzeichen sind. Die Vorfreude und Erwartung im Publikum ist jedenfalls riesig und man spürt die Energie regelrecht. Als Provinz mit etwas Verspätung dann die Bühne betreten entlädt sich diese Energie unmittelbar und das Publikum ist von Sekunde eins an voll da. Es wird getanzt und so gut wieder jeder Song perfekt mitgesungen. Das Bielefelder Publikum ist unglaublich textsicher, Frontmann Vincent könnte sich auch das ganze Konzert über an die Bühnenkante setzen und das Publikum für sich singen lassen, es würde dem Konzert keinen Abbruch tun. Von der oft so beschriebenen ostwestfälischen Zurückhaltung ist hier heute nichts zu sehen, generell bedarf es so gut wie keiner Animation seitens Provinz, das Bielefelder Publikum hat ein perfektes Gespür dafür, wann und wie es mitmacht.
Nachdem die ersten Songs noch mit viel Energie daher kamen, gönnen Provinz sich und dem Publikum eine kleine Verschnaufpause und stimmen nun ruhigere Töne an. Auch, wenn im Publikum jetzt etwas Ruhe einkehrt, singen viele immer noch jede Zeile deutlich hörbar mit. Zu den Songs in diesem Abschnitt gehört auch „Unsere Bank“ welchen Provinz zusammen mit dem Sänger von Cinemagraph spielen. Als Teil des regulären Sets spielen Provinz unter anderem die Songs „Neonlicht“, „Großstadt“, „Liebe zu dritt“ und „Was uns high macht“, den Abschluss macht der Song „Hymne gegen euch“. Die letzten Töne sind noch nicht ausgeklungen und Provinz noch nicht einmal von der Bühne, da werden bereits die Rufe nach einer Zugabe laut.
Für die erste Zugabe geht es runter von der Bühne und unter den am FOH aufgebauten Pavillon an dem jetzt auch die Lichterketten die das Dach bilden angegangen sind. Das Setup hier ist aus Platzgründen verständlicher Weise recht minimalistisch und so performen Provinz drei Songs nur mit Begleitung am Piano bzw. an der Gitarre. Für die besondere Stimmung sorgt hier erneut das Publikum welches nicht nur bei „Robin Skit“ sowie „Zorn & Liebe“ erneut lautstark mitsingt und so den perfekten Background Chor bildet sondern bei „Alles gut, keine Angst“ mit Smartphones und Feuerzeugen den gesamten Lokschuppen zusätzlich in ein Lichtermeer verwandelt.
Auf dem Weg zurück in Richtung Bühne schallen, wie zu erwarten war, erneut Zugabe Rufe durch den Lokschuppen. Bevor es allerdings mit der Zugabe und den letzten Songs für den Abend weiter geht, gibt es ein kurzes Geburtstagsständchen für Chris, der den Monitor Mix für die Band macht und kurzerhand mit auf die Bühne geholt wird. Mit „Diese Nacht“ starten Provinz dann die Zugabe. Darauf folgt „Spring“ und dieser Song verlangt vom Publikum im Lokschuppen vollen Körpereinsatz, wer kann geht mit in die Knie und nach kurzem Anzählen springt der gesamte Lokschuppen singend von der ersten bis zur letzten Reihe zum Chorus. Der Stimmungshöhepunkt ist damit trotzdem noch immer nicht erreicht denn für den letzten Song „Tanz für mich“ sammelt das Bielefelder Publikum noch einmal die letzten Energiereserven zusammen. Es wird ausgelassen getanzt, gesungen und geklatscht. Dieser letzte Song wird von allen noch mal voll ausgekostet denn niemand im Lokschuppen möchte jetzt schon nach Hause doch leider ist nach „Tanz für mich“ wirklich Schluss. Sichtlich glücklich verabschieden sich Provinz vom ebenso glücklichen Bielefelder Publikum.
Damit ist ein fantastisches Konzert an dem das Publikum einen maßgeblichen Anteil hatte vorbei. Da so eine Stimmung natürlich nicht von ungefähr kommt und wenn man sieht, wie Provinz es schaffen mit ihren Songs so viele Menschen fast zwei Stunden lang mitzureißen, ist es nicht schwer nachzuvollziehen, warum diese Band zu den aktuell gefragtesten in Deutschland zählt. Zurecht wie auch wir finden.
Galerien (by Rune Fleiter bs! 2022):
Setlist Provinz:
- Intro
- Wenn die Party vorbei ist
- Neonlicht
- Zimmer
- Zwei Menschen
- Großstadt
- Liebe zu dritt
- Aylin
- Unsere Bank
- Reicht dir das
- Verrate deine Freunde
- Diego Maradona
- Was uns high macht
- Hymne gegen euch
Encore - Robin Skit
- Zorn & Liebe
- Alles gut, keine Angst
Encore - Diese Nacht
- Spring
- Tanz für mich
Setlist Cinemagraph:
- Intro
- Seeing Someone Else
- Smiling Face
- Shadowkissing
- Through The Wall
- Sometimes
- 301
- Clean
- Strangers