Die Idee ist so einfach wie genial. Und das Konzept noch viel besser. Man kombiniere das richtige Talent mit dem richtigen Song und schaffe so Gänsehautatmosphäre. Hört sich einfach an und ist es auch. Wenn mensch es kann. Dieser Typ kann es.
Die 2009 von Scott Bradlee gegründete Postmodern Jukebox (PMJ) hat mittlerweile 3,5 Millionen Abonnenten und über eine Milliarde Aufrufe auf YouTube gesammelt sowie mehr als 1,7 Millionen Fans auf Facebook. Im letzten halben Jahrzehnt bereiste PMJ die Welt und spielte Hunderte von Shows in ausverkauften Häusern auf sechs Kontinenten. Pamm. Wie funzt das? Zunächst braucht mensch eine Band. Klassische Zusammenstellung: Drums, Bass, Gitarre, Saxophon, Posaune und Piano. Einen Conférencier und Sänger, drei Sängerinnen unterschiedlichen Typs und für die Showeinlagen einen (Stepp-)Tänzer. Das Ganze wird dann möglichst mehrfach besetzt, sodass gleichzeitig in Europa und Amerika oder Asien oder wo auch immer unter einem Projektnamen getourt werden kann.
Fehlt nur noch die Musik? Soll mensch da etwa selbst was komponieren. Bist du irre? Natürlich nicht. Man bediene sich einfach aus allen Bereichen der Musikgeschichte. Rock, Pop, alt, neu, Filmmusik oder Charts. Das Ganze wird dann neu arrangiert und in eine der beliebtesten Musikrichtungen überhaupt transformiert.
I don’t care if it hurts
I wanna have control
I want a perfect body
I want a perfect soul
I want you to notice
When I’m not around
You’re so very special
Yeah I wish I was special
„Die letzten zwanziger Jahre gaben uns den Jazz, Amerikas ehrlichste Kunstform. Wer weiß, was in den 2020er Jahren möglich ist?“, sagt Bradlee.
Seine Postmodern Jukebox ist auf „Welcome to the Twenties 2.0 World Tour“ und an diesem Abend zu Gast im Capitol Hannover. Zwanziger, Zwanziger? Da war doch was. Die Serie „Babylon Berlin“ war der Straßenfeger in Deutschland und genau diese Mischung aus Swing, Ragtime und Jazz wurde dort, mensch kann schon sagen, zelebriert. Gefühlt 800 Fans haben sich gut auf den heutigen Abend vorbereitet. Viele Ladies im Charleston-Kleid mit Federschmuck und die Herren der Schöpfung stilecht im Hemd mit Fliege, Weste und Schiebermütze. Die 20er roaren nach wie vor.
Conferencier Lavance Colley führt durch die Show und die beginnt mit „Thats´s what I Like”. Von wem war noch mal dieses Lied? Boooaah. Mensch muss hier schon sehr textsicher sein, um es zu erkennen. Im Original ist es von Bruno Mars. „Hey there Delilah“, gesungen von Joey Cook, ist da schon einfacher zu erkennen.
Bei jeder PMJ-Show gibt einige Überraschungen, die einen umhauen. Die erste ist Tia Simone. Eine schwarze Sängerin, mit einer Ausstrahlung, einer Power, einer Stimme, die einen umhaut. Noch verhältnismäßig harmlos perfomt sie zu Beginn des Abends „I will survive“ von Gloria Gaynor doch im späteren Verlauf holt die Frau mit der SuperSuperLockenpracht mal die richtige Reibe raus. „Nothing Else Matters“ von Metallica wurde nie besser performt. Dritte Sängerin ist Olivia, die mit Bowies „Life on Mars“ überrascht und später noch eine flotte Sohle mit Tänzer Caley hinlegt. Alle zusammen geht auch. „Africa“ von Toto ist von Haus aus ja eher ein ruhiges Lied, kriegt aber im Swing-Sound einen ganz neuen Drive. Zweite große Überraschung des Abends ist Lavance Colley. Bei seiner Erscheinung denkt mensch eher an einen tiefen Bass, doch der Mann kann hoch, noch höher und „Halo“ singen. Beyonce ist bestimmt Fan von ihm.
Die Fans im Capitol sind definitiv Fans von ihm, von ihr, von allen. Eine kurze Pause im Mittelteil tut der Stimmung keinen Abbruch. Die Fans feiern: die Performance, sich selbst, einen tollen Abend. Was will mensch mehr? Vielleicht die Klassiker wie „My Heart will go on“, „Creep“ oder „What is Love”. Jetzt singen alle im Saal.
Setlist:
- That´s what I Like
- Hey there Delilah
- I will survive
- Sunday Morning
- Forget you
- Life on Mars
- Ain´t no rest for the wicked
- Nothing Else Matter
- Africa
- Bad Romance
- Welcome to the black Parade
- Last Friday Night
- Mario Tap Medley
- Feel it still
- Halo
- All about the Bass
- My Heart will go on
- Creep
- What is Love?
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