Review: Springparade mit OooOomph! im Kraftwerk Mitte (10.03.2019, Dresden)

Sommer, Sonne, Sonnen… halt, das kommt erst später im Jahr. Es ist ein Sonntag ohne Sonnenstrahl, dafür mit heftigen bis extremen Sturmböen, die kleine Menschen problemlos gen Süden wehen könnten (auch nicht unbedingt schlecht, aber es gibt eine wichtige Mission!).

Wer an diesem stürmischen Abend auf der Suche nach Wärme, Geborgenheit und guter Musik an ist, landet quasi fast von selbst im Kraftwerk Mitte in Dresden. Hier regiert an diesem Abend wahrlich kein Sturmtief, sondern „Hoch OOMPH!“ aus Braunschweig, das heute allen zeigt, wo der Hammer hängt und wie man vor allem eines macht…

Ordentlich einheizen!

Mit ihrem aktuellen Album „Ritual“ haben sich die sympathischen NeuenDeutschenHarten in Herzen, Ohren und Tanzbeine ihrer alten und neuen Fans gespielt. So finden sich an diesem Abend zahlreiche enthusiastische Weiblein wie Männlein, durchschnittlich 30+, ob nun in Schwarz oder in Farbe, klein oder groß, in jedem Fall mit mächtig Bock im Kraftwerk Mitte ein. Der kürzlich sanierte Komplex für Kunst und Kultur in der Dresdner Innenstadt lässt schnurstracks alle Hineinstürmenden ins Warme. So kann man noch ein paar schöne Stunden im Wochenende schwelgen, die Aussicht auf Montag ignorieren.

Ein paar privilegierte VIP Ticketbesitzer frönen dagegen schon seit einigen Stunden in den großzügigen Räumlichkeiten des Kraftwerk Mitte und durften sogar beim Soundcheck lauschen, Fotos mit der Band machen, sich die besten Plätze in der ersten Reihe sichern.

Doch bevor OOMPH! die Gelegenheit bekommen, ihr volles Ritual zu zelebrieren, ist es um 20:00 Uhr Zeit für die Aufwärmphase. Die Band Nervenbeisser ist mit auf Tour. Der Name gibt sicherlich im Vorfeld einige Räume für Interpretationen. Ob die nun die Nerven schmerzend beißen oder die Nerven betörend beschwören kann jeder selbst entscheiden. Wer eingängigen Gothic-NDH-EBM mit deutschen Texten mag und dazu gern das Tanzbein schwingt, hat mit der 2001 gegründeten Band sicherlich seine Freude. Ansonsten geht man eben an die Bar und schaut mit etwas Abstand auf das Geschehen. Alles Gut.

Nervenbeisser (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)
Nervenbeisser (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)

Setlist Nervenbeisser:

  1. Liebesschmerz
  2. Alles Gut
  3. Märchenland
  4. Zeitenwandel
  5. Ein letztes Mal
  6. Todesengel
  7. Du gehst

In der folgenden Umbaupause werden die Reservoirs gefüllt bzw. geleert und etwas frische Luft geschnuppert. Im hinteren Bereich der Halle ist es mollig warm, am Rand zieht ein frischer Wind. So kann sich jeder optimal an seine körpereignen Temperaturempfindungswerte anpassen und sich einen guten Standort mit Blick auf die Bühne suchen. Kurz nach 21 Uhr ist es dann soweit, das Licht geht aus, der Jubel ist fanatisch. So fanatisch, dass tatsächlich noch Fragen wie „Wo kommt der Sänger dann raus?!“ gestellt werden. Es gibt sie also noch, die Groupies. Doch davon lassen sich OOMPH! nicht beeindrucken und entern genüsslich die Bühne, die mit großen weißen Schirmen dekoriert ist. Hinter dem Schlagzeug prangt der „Ritual“-Banner. In schicken schwarzen Lederkluften stehen sie nun umjubelnd vor dir. Zeit für

Dero, Flux und Crap

Laut, lauter, OOMPH!. Mit voller Wucht springt das gesamte Kraftwerk bereits mit den ersten Takten von Neuzugang TRRR – FCKN – HTLR. Das Heizen beginnt. Auf der Bühne. Vor der Bühne. Die Band ist wie immer sehr gut gelaunt und versprüht eine oomphige Freude. Ganz egal, ob man heute beim fünfzehnten, dritten oder ersten Konzert der Band ist: Alle haben Spaß, machen mit oder sind aufmerksame Zuhörer.

Oomph! (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)
Oomph! (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)

Springst du mit mir heut Nacht?

Bei Träumst Du kocht das Kraftwerk fast über. Frenetisch hüpft und klatscht alles, was zur Verfügung steht. Sänger Dero trommelt sich dazu freudestrahlend die Seele aus dem Leib. In der Single-Variante war neben Dero die Die Happy Sängerin Marta Jandová am Start. Die fehlt heute leider, aber man benötigt als Band ja auch noch Ansätze nach oben…

Oomph! (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)
Oomph! (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)

Mit unermüdlichen Ansagen von der Bühne aus und Aufforderungen zum Mitklatschen, Singen, Springen und Hände in die Luft halten lässt sich das begeisterte Publikum mühelos zur Interaktion auffordern – wenn diese nicht schon vorher von selbst losbricht. Der eingefleischte Fan kennt schließlich jede potentielle Stelle auswendig oder erahnt sie. OOMPH! Ist eben nix für eine schnelle Nummer nebenbei. OOMPH! fühlt man.

Spürst du die Sehnsucht, das Fieber – heut‘ nacht?

Nach wie vor unermüdlich ist die Euphorie für die alten Gassenhauer der Band. OOMPH! Bezeichnen sich ja selber gerne als “Alte Säcke” und so werden heute Abend auch alle Ende 80er Jahrgänge in die Faltendrohen-Schublade gesteckt. Ein kurzer betrüblicher Schmerz macht sich breit. Aber es ist doch auch irgendwie schön, dass man eine Band schon so lange kennt? Zum einen, dass es die Band immer noch gibt und sie alle Zeit überstanden hat und dass vor allem die Lieder aus der guten alten Zeit, dich immer noch bewegen und aktuell sind. Musik kann so wunderbar sein. Und so sind es OOMPH!.

Oomph! (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)
Oomph! (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)

Die Sehnsüchte nach den alten Liedern wie “Mein Herz”, “Gekreuzigt”, “Das weiße Lied” und auch “Niemand” sind so gewaltig, dass die Band gar nicht anders kann als sie zu spielen und zu leben. Zu lieben. Die akustische Darbietung von “Fieber” bietet ebenfalls äußerst interessante Ansätze für eine Tour der besonderen Art. OOMPH! Akustisch und ganz leise unterwegs? Ich wäre dafür…

Oomph! (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)
Oomph! (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)

Auch der neue Stoff vom neuen Album “Ritual” kommt nicht zu kurz und wird bereits textsicher unterstützt. Zum Schluss heißt es noch einmal “Augen Auf” und die vollgeschwitzte Halle springt und singt bis der Sauerstoff was gänzlich verschwindet. Kurz Türen auf und lüften. Weiter geht es. Mit Als Wär’s Das Letzte Mal” beenden OOMPH! Einen schweißtreibenden und wunderbaren Auftritt in Dresden. Der Text ist hoffentlich nur sinnbildlich gemeint…denn Wiedersehen macht ja bekanntlich Freude.

Galerien (by Kristin Hofmann bs! 2019):

Setlist Oomph!:

  1. TRRR – FCKN – HTLR
  2. Labyrinth
  3. Träumst Du
  4. Jetzt oder Nie
  5. Der neue Gott
  6. Mein Herz
  7. Das weiße Licht
  8. Tausend Mann und ein Befehl
  9. Niemand
  10. Kein Liebeslied
  11. Auf Kurs
  12. Fieber/Das letzte Streichholz (akustisch, Dero solo)
  13. Gott ist ein Popstar
  14. Gekreuzigt
  15. Alles aus Liebe
  16. Im Namen des Vaters
  17. Jede Reise hat ein Ende
  18. Kleinstadtboy
  19. Sandmann
  20. Augen Auf!
  21. Mein Schatz
  22. Als wärs das letzte Mal

Links:
www.oomph.de

Kristin Hofmann
Kristin Hofmannhttp://www.fotokatz.de/
Kristin Hofmann, das schnurrende Fotokatzl, ist uns von den Elbwiesen zwischen Nightwish und Lacrimas Profundere im Fotograben irgendwie zugelaufen. Das „Spätzchen“ fährt in der Regel nicht die Krallen aus, voll auf weißblaue Vierräder ab und hat die anderen sechs Nerdzwerge zwischen Datenkraken, Mediendschungel und Hexadezimal im Blinzelwettbewerb längst platt gemacht. Schnurrbart steht ihr übrigens nicht so gut wie DocMartens, aber irgendwas is’ ja immer. Bitte nicht füttern!

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