Review: Zum Glück nicht ins Wasser gefallen – Das Heart van Cleef (28.07.2018, Hamburg)

Die Temperaturen der letzten Woche haben den in der Regel nur wenig sonnenverwöhnten Norddeutschen ordentlich zu schaffen gemacht. Regen! Regen sollte her, um jeden Preis. Und  weil der Wettergott einen unglaublich schlechten Humor hat, lässt er es ausgerechnet dann schütten, wenn das wunderbare Grand Hotel van Cleef Geburtstag feiern will.

Grillmaster Flash & the Jungs (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Grand Hotel van Cleef? Geburtstag? Hamburg? Regen?

Hat es das nicht schon Mal gegeben? Klar, 2017! Bei der ersten großen Geburtstagsparty. Aber weil Geburtstagskuchen eh das tollste auf der Welt ist, feiern die Menschen des Grand Hotel van Cleef einfach das ganze Jahr und machen den gleichen Stunt mit ‘nem geilen Open Air und so ‘nem bisschen Hamburger Schmuddelwedder einfach nochmal. Diesmal jedoch umsonst und mitten in Hamburgs fetzigstem Szeneviertel. Dazu haben sie sich ein paar ihrer fetzigsten Bands eingeladen. Super Sache.

Durch den plötzlichen Regenbruch schieben sich Einlass und Konzertbeginn um etwa eine Stunde nach hinten. Macht nix. Die HamburgerInnen sind bekanntlich hart im nehmen und verharren eingetütet in sexy transparente Regenponchos, bis sich die Einlassschlange endlich bewegt und nach und nach auf das liebevoll gestaltete Gelände gelassen wird.

Thees Uhlmann (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Moderiert wird der Abend von Labelmitbegründer Thees Uhlmann, dessen unverkennbares Grinsen auch die letzten grauen Regenwolken vertreibt. Gut gelaunt und mit vielen, meist alkoholverbundenen Anekdoten, kündigt Uhlmann über den ganzen Abend die einzelnen Künstler an.

Keele (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Den Beginn machen Keele, die im April letzten Jahres ihr Debütalbum „Gut und dir“

veröffentlicht haben. Die hamburgischen Jungs fühlen sich sichtlich wohl auf der kleinen Bühne und begeistern mit ihrem poppigen Punkrock den, noch nicht ganz gefüllten, 45Hertz Platz auf voller Länge.

Nach er ersten kurzen Umbaupause steht der Superheld Grillmaster Flash aus Bremen Nord auf den Brettern. Statt Superheldencape gibt’s jedoch ne ordentliche Jeanskluft. Da der Sprung von Bremen Nord in die Mitte der hamburgischen Sternschanze schon einer kleinen Weltreise gleicht, die eine Menge Mut erfordert, hat er sich als emotionale Unterstützung seine Jungs eingepackt, die auch als musikalischer Support einiges her machen. So wirken die teilweise äußerst witzigen Lieder des jungen Bremers noch ausgereifter und tanzbarer, als bei seinen Solo Shows. Die Beine der Gäste wackeln, die Witze der Musiker zünden, alles in allem fügen sich Grillmaster Flash & the Jungs bestens in das Programm des hamburgischen Labels ein.

Grillmaster Flash & The Jungs (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Energiesparen ist keine Option

Fjørt (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Deutlich härter und mit weniger Witz geht es im Anschluss bei Fjørt zur Sache. Das Aachner Post-Hardcore Trio hat sich, nicht zuletzt dank ihres jüngsten, stark politischen Langspielers „Couleur“ einen festen Platz in den Herzen von uns Musikliebhabern erspielt. Die Show ist energiegeladen, laut und wütend und animiert das Publikum zu wildem Kopfnicken, genau so, wie es der weise Thees Uhlmann 10 Minuten zuvor prophezeit hat. Songs mit deutlichen Botschaften wie „Paroli“ werden vom Publikum gefordert und gefeiert. Sänger und Bassist David Frings wirbelt wie wild über die Bühne und denkt gar nicht daran, Energie für seinen zweiten Auftritt mit Adam Angst zu sparen.

Adam Angst (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

 

Adam Angst, die erst kürzlich die Veröffentlichung ihres zweiten Langspielers „Neintologie“ feierten, stehen im Anschluss als finaler Act des Abends vor dem mittlerweile prall gefüllten 45 Hertz Platz in dessen Mitte sich zahlreiche andere labelinterne und labelfremde Musiker sehen lassen. Hamburg ist ja auch ein Dorf. Bereits mit den ersten Tönen von „Punk“ ziehen die Musiker die schönen HamburgerInnen in ihren Bann. Der charismatische Felix Schönfuss gleicht einem modernen, etwas übergeschnappten Prediger, der seine kritischen Ansichten über das aktuelle Zeitgeschehen teils wütend, teils ironisch in die Köpfe seiner Schäfchen streut.

Adam Angst (Thea Drexhage bs! 2018)

Die Zeit vergeht wie im Flug während die Sonne hinter fast schon kitschig bunten Wolken untergeht. Der gesamte 45Hertz Platz hört nicht mehr auf zu tanzen. Nach etwa einer Stunde wütendem Punkrock hat sich die Menge passend zum idyllischen Sonnenuntergang, noch etwas Liebe und Harmonie verdient, daher kehrt Schönfuss noch einmal Solo auf die Bühne zurück, um den Oasis‘ Klassiker „Don’t look back in anger“ zu performen und alle singen mit (oder versuchen es zumindest).

Fjørt (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Und damit neigt sich das Programm des Heart van Cleef dem Ende zu. Dem Grand Hotel van Cleef ist an dieser Stelle, trotz wetterdebingter Startschwierigkeiten, ein ganz wunderbares Event gelungen, um den musikbegeisterten Unterstützern des Labels danke zu sagen und eben diese geben ein herzliches

 

Thank you for the music

zurück.

 

Setlist Adam Angst:

Adam Angst (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)
  1. Punk
  2. Ja Ja
  3. Teufel
  4. Wochenende
  5. Lauft um euer Leben
  6. Wunderbar
  7. Professoren
  8. Alexa
  9. Splitter
  10. Don’t look back in anger

Galerie:
Heart van Cleef 2018

Links:
www.keele.de
www.grillmaster-flash.de
www.fjort.de
www.adamangst.de
www.ghvc.de

Thea Drexhage
Thea Drexhagehttps://www.be-subjective.de
Thea Drexhage hat Salma Hayek einiges voraus! 10 mm. Wie die meisten Frauen der Redaktion, Duffy, Beth Ditto, Joan Rivers oder Angus Young kann sie die MusikerInnen aus dem Bühnengraben also völlig problemlos sehen, wenn jemand ihren Hocker trägt, wird aber - das hat sie mit Salma dann doch wieder gemein - dennoch viel zu oft auf Ihre Körpergröße, ihre Mähne und ihre leicht misanthropischen Anflüge reduziert. Damit sie also nicht im nächstbesten Titty Twister von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang Menschenmengen und Bläser mätzelt, halten wir “Aggro-Thea”, die zuvor ganze Landstriche in Mecklenburg Vorpommern ausgerottet hat, halbtags im spießbürgerlichen Oldenburger Exil an der langen Leine. Seither legt sich die scheißpünktliche existentialistische Besserwisserin analog mit Sartre, Camus & Kodak an und ja, auch wir müssen neidlos zugestehen, dass der Instagram-Account ihrer beiden Katzen “Salma” und “Hayek” mehr Follower pro Tag hat, als unser webzine im ganzen Jahr.

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