Traditionell wird in Soest in den Mai getanzt, gepogt und gesungen, mit ganz viel Lübbe, Konfetti und der Kackbänd des Jahres. Ein Muss schon seit quasi immer. Kapelle Petra aus Nashville Tennessee (aka Hamm in Westfalen), haben in ihrer 21-jährigen Bandgeschichte schon so einiges erlebt.
Dass die Setlist direkt vor dem Konzert ausgelost wird ist neu. Quer durchs Publikum bahnt sich die Band ihren Weg zu den nächsten Interviewpartnern. Eine Mischung aus Bingo und Wer wird Millionär. Quizshowcharakter für die ganze Familie. Aus Ü-Eiern werden Songtitel gelost, durch „Dreh den Siepe“ wird die nächste Teilnehmerin ausgewählt. Opa schreibt fleißig mit, Ficken das Fährt (sic!) stellt die Fragen. 10 Lieder, teilweise gelost, teilweise gewünscht, den Rest bestimmt die Band.
„Survival-Training im Sauerland,
ist nicht unbedingt Rock ’n‘ Roll.“
Ein beständiger Aufruf wieder mehr auf Konzerte zu gehen, das schier endlose Engagement zur Rettung der Vokale, ein rasanter Anstieg der Aktien von Konfettifabriken deutschlandweit.
Ausgezeichnet wurden die vier Astralkörper mit dem Titel „Kackband des Jahres“, bewiesen wird, mindestens „Band des Jahres“ ist ein adäquater Titel. Seit 21 Jahren gibt es Kapelle Petra, die viel mehr sind als Geburtstag und Beklopptenpop. Wer kann denn sonst schon von sich behaupten DAS universelle Protestlied geschrieben zu haben?
„Durch die Clubs
durch die Nacht
die Flaschen sind leer
getanzt, gesungen, gelacht“
Begleitet von Konfettiregen, Luftballons und Seifenblasen der Reisegruppe Klinkenputzer geht’s von Stück zu Stück. Zwischendrin immer wieder „Zugabe“-Rufe, kurze Atempausen, die bei Band und Publikum dringend nötig sind. Kleinere technische Pannen werden mit Pausenmusik (im wahrsten Sinne des Wortes) überbrückt, Opa muss die Gitarre tauschen.
Die Stimmung ist ungebremst ausgelassen, ungehalten, aufgeheizt. Wer hier nicht schwitzt ist nicht wirklich dabei.
„Sag einfach ja, ich bin dabei“
Ficken Schmidt verteilt Weintrauben und Schweißperlen von seiner Stirn. Opa verteilt Komplimente an die Zuschauer. Siepes Grinsen ginge reihum, hätte er keine Ohren. Gazelle sitzt nahezu unberührt auf seinem Campingstuhl. Nur hin und wieder huscht ihm ein Lächeln übers Gesicht. Wie kann man bei so einem Abend auch cool bleiben? Immerhin hat nicht nur der Alte Schlachthof an diesem Wochenende 25-jähriges Bestehen gefeiert, es ist tatsächlich so, dass die Bühnenskulptur Gazelle genau heute Geburtstag hat! So mancher mag von diesem Zufall überrascht worden sein, echte Kapelle-Fans wussten das aber natürlich.
„Wir müssen mehr provozieren, sonst sieht und hört man uns nicht“
Die Zugaben läuten das Ende des Abends an. So richtig will das niemand hier. Nicht einmal Opa, der das Programm postwendend um mehrere Lieder erweitert, „weils hier so schön ist!“ Eine Flut von Konfetti fliegt zustimmend durch die Luft, eine stagedivende Person nach der anderen wird durch die Gegend getragen.
„Abstinenz führt auch nicht zur Unsterblichkeit“
Herzen regnen und bleiben auf verschwitzte Körpern kleben. Noch lange nach verstummen der Band singt das Publikum weiter. Immer wieder wird sich für die Treue der Fans bedankt, sich immer wieder erneut verbeugt und anschließend zusammen das Konfetti zusammengefegt. Ab jetzt beginnt die Festivalsaison für Kapelle Petra.
Galerien (by Daphne Dlugai bs! 2018):
Setlist:
- Geht mehr auf Konzerte
- Protestlied
- Über Fussball reden
- Geschminkt
- Tätowiert
- Gekämmt
- Ich kann nicht so gut mit fremden Mädchen reden
- Morgen ist frei
- Esoterikmädchen
- Überall diese erfolgreichen Familienväter
- Stereotypen
- Befund
- Ficken Schmidt
- Abstinenz führt auch nicht zur Unsterblichkeit
- Curly Sue ist doch kein Name für ein Kind aus Gelsenkirchen
- Pausenmusik (Publikumfreestyle)
- Hedwig
- Ja
- Geburtstag
- Alles verkauft
- Wo ich gern mal wär’
- Gazelle trainiert für Olympia
Encore: - Blut, Gehirn, Massaker
- Immer bereit
- Pogo in den Sonnenuntergang
- Frauenmagazin
- Abstinenz führt auch nicht zur Unsterblichkeit
Link:
http://kapelle-petra.de