Glen Hansard: Between Two Shores (2018) Book Cover Glen Hansard: Between Two Shores (2018)
Folk Rock, Acoustic, Indie Rock
Anti (Indigo)
19.01.2018
www.glenhansardmusic.com

Tracklist:

  1. Roll On Slow
  2. Why Woman
  3. Wheels On Fire
  4. Wreckless Heart
  5. Movin' On
  6. Setting Forth
  7. Lucky Man
  8. One Of Us Must Lose
  9. Your Heart's Not In It
  10. Time Will Be The Healer

Mit 13 hat er die Schule geschmissen und mit 17 die Band „The Frames“ gegründet. Am Anfang seiner musikalische Karriere tingelte Hansard durch die Straßen von Dublin. Er gab seine Songs vor den Eingängen der Shops und in den zahlreichen Pubs zum Besten.

Dann zog es ihn zum Film. So spielte er 1991 in „The Commitments“ eine tragende und 2006 in „Once“ sogar eine Hauptrolle. Gemeinsam mit seiner damaligen Partnerin Markéta Irglová komponierte er dazu die Filmusik und für den Titel „Falling Slowly“ aus dem Soundtrack erhielten beide 2008 den Oscar in der Kategorie „Bester Song in einem Film“.

Mit „Between Two Shores“ legt Glen Hansard jetzt sein drittes Soloalbum vor. Die zehn Nummern hat er seit seinem 2015 veröffentlichtem Album „Didn’t He Ramble“ reifen lassen wie weichen Irish Whiskey – denn mindestens drei Jahre beträgt auch die Verweilzeit der Spirituose in edlen Eichenfässern.

Das ganze Album klingt, als hätten sich ein paar Kumpels eingefunden und einfach drauflos gejammt. Irgendwie war es wohl auch so, wie sich Hansard erinnert: „Jeff Tweedy von Wilco meinte: Hey, geht doch in mein Studio. Alle waren wir ja gut eingespielt – und dann haben wir einfach losgelegt.“

Bandkollege Dave Odlum von den Frames hat sich den dort entstandenen Songs angenommen und Hansard damit in sein Studio nach Frankreich ins Loire-Tal verfrachtet. Ein typisches, altes Farmhaus. Viel Holz und Stein, sehr gemütlich und wohl der geeignete Rahmen um alles bestens zusammenzufügen.

Veränderung ist gut,
man muss sie willkommen heißen.
Wenn du das nicht kannst,
bist du am Arsch.

Waren die ersten beiden Soloalben noch stark folkorientiert, geht es bei den aktuellen Stücken eher in Richtung Rhythm And Blues mit souligen Anleihen.

„Roll On Slow“ beginnt als straighte Rocknummer mit druckvollen Drums, doch schon im zweiten Track „Why Woman“ zeigt uns Glen seine melancholische Ader und liefert eine bittersüße Ballade ab. Die anschwellende Hammondorgel und die getragenen Bläsersätze runden den Song perfekt ab.

Bei „Wreckless Heart“ gibts dann feinsten Soul in Hansard’s gewohnter Singer-Songwriter-Manier. Ganz sparsam instrumentiert und dabei trotzdem spannend – mit einem zärtlichen Trompetensolo von Ronan Dooney am Ende.

Manche Stücke erinnern von der Stimmung her an seinen Landsmann Van Morrison. So auf „Movin’ On“, „Setting Forth“ und besonders auch bei dem herausragenden „Lucky Man“. Das mag mit daran liegen, dass bei fast jedem Track Hammondorgel und Bläser zum Einsatz kommen. Wobei Glens Stimme natürlich viel kantiger und angekratzter ist.

Es macht Freude zu hören, wie gut die Band aufeinander eingespielt ist und wie treffend die Arrangements gesetzt sind. Weniger ist mehr war die Maxime. Die Schwarz-Weiß-Bilder von Zoran Orlic im beigelegten Booklet dokumentieren die freundschaftliche Atmosphäre die unter den Musikern herrschte. Hansard behielt bei allem das Steuer fest in der Hand und ließ es sich nicht nehmen, alle Stücke mit Ausnahme von „Movin’ On“ selbst zu produzieren.

„One Of Us Must Lose“ macht wieder einmal klar, dass die Stärken des Iren in den getragenen Balladen mit gefühlvollen Lyrics und anrührenden Melodien besteht.

Mit „Time Will Be The Healer“ endet das beeindruckende Werk. So zart und zerbrechlich hat man Glen Hansard’s Stimme wohl noch nie gehört. Die E-Gitarre gespielt von Rob Bochnik ist einfach zum dahinschmelzen.

Das großartige Album pendelt zwischen Indie-Folk und Soul, wie zwischen zwei Küsten auf dem offenem Meer. Es nimmt uns mit auf eine Reise zu unseren Stimmungen und Gefühlen. Auf zu neuen Ufern!

https://www.youtube.com/watch?v=iq1jFHPR9cE

 

Vorheriger ArtikelPreview: M’era Luna – Das LineUp steht – The Prodigy machen den Deckel drauf! (2018)
Nächster ArtikelBuchtipp: Thorsten Nagelschmidt veröffentlicht neuen Roman „Der Abfall der Herzen“ (2018)
Axel Ganguin
Axel Ganguin hat ungeduldig die Alchemie der Worte studiert. In alten Büchern, in farblosen Flamingos, in einem Traumzauberbaum. Er hat sie in den Wolken gesucht. In Italien. Im Rotwein. Im Regen. Und manchmal geht er barfuß ins Bett. Er hat die Farbe der Vokale ausgespuckt wie eine tote Auster. Er schrieb ein Schweigen in die Glut und hat sich als Grafik-Designer erfunden. Axel trägt die Klamotten von Nick Drake auf und küsst die Nacht, bis der Spannungsbogen albern knistert. Axel lässt sein Vokabular für uns „mit unversehrtem, bösartigem Herzen, mit einer tyrannischen Unschuld“ zur Ader.