Radio Havanna: Utopia (2018) Book Cover Radio Havanna: Utopia (2018)
Pop-Punk
Dynamit Records
12.01.2018
www.radiohavanna.de

Tracklist:

  1. Utopa
  2. Früher oder Späti
  3. Faust hoch
  4. Anti alles
  5. Homophobes Arschloch
  6. Mein Name ist Mensch
  7. Hassliebe
  8. Schwarzfahrer
  9. Ich hab die Zeit
  10. Houston
  11. Hinter mir
  12. Phönix

Mit ihrem sechsten Studioalbum „Utopia“ liefern Radio Havanna 12 neue, aalgatt produzierte 3-Minuten-Punk-Rock-Pop Stücke, die sich thematisch zwischen Alltag und Politik bewegen. Politisch bedienen sich Radio Havanna an der heiligen Punkrockdreifaltigkeit bestehend aus Anti-Rassismus, Anti-Homophobie und Anti-Kapitalismus - und das ist auch gut so.

So erhalten die HörerInnen mit „Faust hoch“ einen starken Song gegen die neuen Rechten in Deutschland, dessen Refrain mensch schon jetzt durch die Konzerthallen tönen hört. So verhält es sich auch mit dem zugegeben etwas plakativen Titel „Homophobes Arschloch“, dessen wunderbar gewitzter Liedtext direkt ins Ohr geht und der sich musikalisch irgendwo zwischen Blink-182 und Green Day einordnet – was sich im Prinzip über die gesamte Platte sagen lässt.

Mit „Mein Name ist Mensch“ setzen Radio Havanna einen Haken hinter das dritte wichtige Thema Kapitalismus und Umwelt. Der Song an sich etwas schneller, etwa dreckiger, doch noch immer eingängig. Ansonsten geht es um die Jugend  („Anti Alles“), Zwischenmenschliches („Hassliebe“), Verherrlichung von Kleinkriminalität („Schwarzfahren“) und das ‚anders sein‘ („Hinter Mir“, „Ich hab die Zeit“) – alles gespickt von unzähligen Mitsing-Oh Oh Ohs und NaNaNas, einprägsamen Refrains und leicht verständlichen Texten. Musikalisch gibt es keine großen Überraschungen oder Innovationen. Ruhigere Strophen mit vorherrschendem Bass und Schlagzeug werden abgelöst von gitarrengetriebenen lauten Ohrwurmrefrains, während es hier und da nochmal für ein kleines Instrumentalteilchen reicht.

Wer mit „Utopia“ auf eine neue, ernste, deutschsprachige Punkrockplatte hofft, wird jedoch enttäuscht. „Utopia“ ist poppig-bunt und positiv, gemacht für interaktionsreiche live Shows, wie es bei den großen amerikanischen Vorbildern Gang und Gäbe ist. Vor allem auf den großen Sommerfestivals im Nachmittagsprogramm dürften Radio Havanna mit ihren Songs super Shows abliefern, um die verkaterten Massen wieder in Schwung zu bringen. Somit dürfte sich die Zielgruppenhörerschaft im Durchschnitt auf die jungen wilden U-20er beschränken, die ihre ersten Erfahrungen im Punkrock suchen, gegen AFD und all die schlechten Dinge auf der Welt protestieren wollen, ohne dabei den Spaß zu verlieren.

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Thea Drexhage
Thea Drexhage hat Salma Hayek einiges voraus! 10 mm. Wie die meisten Frauen der Redaktion, Duffy, Beth Ditto, Joan Rivers oder Angus Young kann sie die MusikerInnen aus dem Bühnengraben also völlig problemlos sehen, wenn jemand ihren Hocker trägt, wird aber - das hat sie mit Salma dann doch wieder gemein - dennoch viel zu oft auf Ihre Körpergröße, ihre Mähne und ihre leicht misanthropischen Anflüge reduziert. Damit sie also nicht im nächstbesten Titty Twister von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang Menschenmengen und Bläser mätzelt, halten wir “Aggro-Thea”, die zuvor ganze Landstriche in Mecklenburg Vorpommern ausgerottet hat, halbtags im spießbürgerlichen Oldenburger Exil an der langen Leine. Seither legt sich die scheißpünktliche existentialistische Besserwisserin analog mit Sartre, Camus & Kodak an und ja, auch wir müssen neidlos zugestehen, dass der Instagram-Account ihrer beiden Katzen “Salma” und “Hayek” mehr Follower pro Tag hat, als unser webzine im ganzen Jahr.