Review: Absolut Schönes sPektakel – zutiefst, ASP (10.11.2017, Dresden)

Nach dem ASP schon zu Beginn des Jahres unterwegs waren, bei „Intimus Rar und Pur“ mit Unplugged-Gewand in einem etwas anderem Rahmen. Nun also aktuell wieder in Rock-Formation, inklusive Stromgitarren und Verstärker. Außerdem haben die fünf Frankfurter ihre neue Veröffentlichung „zutiefst“ im Gepäck, welche Ende Oktober gerade erst auf den Markt gekommen ist und den dritten Teil des „Fremder-Zyklus“ darstellt. Das Album ist laut bandeigenen Webseite in neun verschiedenen Versionen zu erwerben, was ich ehrlich gesagt für ziemlich übertrieben halte – keine Ahnung, ob sie damit einen Rekord brechen wollen.

Persönlich habe ich ASP bis jetzt schon einige Male auf bekannten Veranstaltungen, wie dem WGT oder dem Amphi, live gesehen. Zuletzt auf dem diesjährigen M’era Luna Festival, was vielen Besuchern bzw. etlichen Hildesheimern als sogenanntes „W’acken Luna“ noch lange in Erinnerung bleiben wird und wo der Auftritt der Band im August durch den Regen bedingten Stromausfall beinahe buchstäblich ins Wasser gefallen wäre. Da die Musiker im Zusammenhang mit der aktuellen „20.000 Meilen“-Tour gleichzeitig eine anschließende Auszeit für 2018 bekanntgegeben haben, dachte ich mir, ich nutze lieber das Konzert in Dresden für meine ASP-Solo-Show-Premiere. Nach dem Motto: Wer weiß schon genau, wann es wieder dafür eine Gelegenheit geben wird.

Gothminister (Foto: Kristin Hofmann bs! 2017)

Mutter Natur bietet mit windigen, nasskaltem November-Wetter die perfekte Einstimmung auf dem Weg zum Alten Schlachthof für einen Goth-Rock-Gig. Der kleine Saal dieser Lokalität war bereits zuvor schon ausverkauft, was Band bzw. Veranstalter sicherlich gefreut haben wird. Allerdings bedeutet ausverkauft 2017, nicht das was es noch beispielsweise 1997 ausgemacht hat, denn 30 bis 40 Menschen hätten schon noch Platz gefunden. Die Anwesenden freuen sich über die Bewegungsfreiheit, während wiederum Andere vielleicht froh gewesen, noch ein Ticket ergattern zu können. Mittlerweile lautet auf allen Veranstaltungen bzw. Festivitäten die Devise ‚Safety First‘ und das macht sich eben auch bei der maximal zulässiger Personenanzahl bemerkbar.

Gothminister (Foto: Kristin Hofmann bs! 2017)

Den Auftakt an diesem Freitag Abend bestreitet der selbsternannte Minister des Gothic Bjørn Alexander Brem und um es gleich vorweg zu nehmen, ich habe zwar die „Happiness In Darkness“ LP von Gothminister im Regal stehen, bin aber nicht der größte Fan der Band und von den neueren Alben eher nicht überzeugt. Vielleicht liegt es daran, dass bei mir der Funke nicht wirklich überspringen will, vielleicht aber auch an dem uninspirierten Wirken der Musiker. Brem zieht seine Show ab und die Anderen spielen mehr oder weniger vor sich hin. Ich sehe auf der Bühne eigentlich nicht, dass da eine Band zusammen musiziert. Auch die eingesetzten Deko-Elemente und das Podium auf dem Mr. Gothminister steht, hinterlassen eher einen billig bzw. lieblos wirkenden Eindruck. Jedenfalls bin ich nicht böse, als nach knappen 45 Minuten Schluss ist. Dem Applaus zu entnehmen, hat es den meisten ZuschauerInnen im Saal allerdings gefallen.

Gothic Rock im besten
Sinne dieses Genres!

ASP (Foto: Kristin Hofmann bs! 2017)

Die Umbaupause dauert gar nicht lange und bevor es los geht tritt offensichtlich jemand von der Crew ans Mikrophon und bittet das Publikum auf häufiges Nutzen von Handy & Co, um Bilder vom Konzert zu machen, zu verzichten und diese Geräte in den Taschen zu lassen. Das wird eher gemischt aufgenommen, aber als das Licht ausgeht, setzt sich Euphorie und Vorfreude sofort in begeisterten Applaus im Auditorium um. Alexander „ASP“ Frank Spreng betritt, in einem schwarzen Regenmantel, samt passendem Hut gekleidet und in der Hand eine Laterne haltend, die Bühne. Die vier anderen Protagonisten Lutz Demmler (Gitarre, Keyboard & Co.), Sören Jordan (Gitarre), Andreas „Tossi“ Gross (Bass) und Stefan Günther (Schlagzeug) folgen und die ersten Takte erklingen. Passend dazu ist die Bühne dem Artwork der neuen Platte angelehnt dekoriert. Nach dem ersten Stück „Duett“ begrüßt ASP die „wunderschönen Menschen in Dresden“ zum vorletzten Termin auf der aktuellen Tournee.

ASP (Foto: Kristin Hofmann bs! 2017)

Jetzt kann die Reise quer durch die Diskographie beginnen, welche mittlerweile mit elf Studioveröffentlichungen bestückt ist und die Liederauswahl dadurch bestimmt nicht einfacher macht. Herr Spreng wiederholt noch einmal die Bitte nicht ständig mit den Smartphones herum zu hantieren und so die Show viel besser genießen zu können, außerdem sei dadurch doch die Verbindung zwischen ihm und uns viel intensiver. Er vereinbart mit den Menschen im Saal einen Pakt, beim nächsten Stück kann ein(e) Jede(r) die entsprechenden Erinnerungsbilder machen und anschließend sollen die Geräte wieder in den Taschen verschwinden. Nebenbei bemerkt haben das Eisbrecher vor gut einem Monat in selbiger Lokalität genauso gehandhabt. Jetzt trifft diese Bitte jedenfalls beim Publikum auf mehr Bereitschaft, sie kommt ja auch vom ‚Chef‘ persönlich. Wie so oft an dem Abend gelingt ihm damit zugleich eine perfekte Überleitung zum nächsten Lied „Werben“.

[…] Ich trag die Wahrheit auf der Zunge
Ich trage nur das Schwarz, das mir gefällt
Ich trag auf meinen schmalen Schultern
wie Atlas schwer die Last der ganzen Welt

Ihr seid so bunt und farbenfroh
Ihr seid das Licht, ich wenn’s erlischt
Ihr positiv, ich Gegenpol
Ihr seid so grau wenn man euch mischt

Ich lebe immer noch
– Immer noch
Ich gebe immer noch
– Immer noch
Ich taumle weiter
-VORWÄRTS!
-ABWÄRTS!
In meinen Adern fließt das schwarze Blut […]
(Auszug: ASP-Schwarzes Blut)

ASP (Foto: Kristin Hofmann bs! 2017)

Die neuen Stücke wie „Sonaarta“ oder „Torpedos“ fügen sich genauso gut ins ASP-Korsett ein, wie dies „Astoria verfallen“, „Wechselbalg“ oder „Krabat“ schon seit längerem tun. Der Klassiker „Schwarzes Blut“ darf natürlich nicht fehlen und wird von fast allen Menschen lauthals mitgesungen. Nach Aufforderung zwischendurch erst nur vom männlichen Teil im Alten Schlachthof, dann vom weiblichen Teil des Publikums und anschließend wieder das gesamte Auditorium zusammen mit der Band. Am Ende präsentieren sie noch einmal einige neue Lieder wie „Zutiefst …“ vom gleichnamigen Album oder „Die Untiefen“ bzw. „Bernsteinmeerengel“. Herr Spreng hat sich zwar während der Show neuen Ingwer-Tee, mit der Begründung einer Erkältung, bringen lassen, davon ist bis hierhin allerdings nichts zu merken gewesen und so lassen sich ASP auch nicht lange für weitere Darbietungen bitten, der Saal ist zum wiederholten Mal absolut begeistert…

Und wir tanzten
(Ungeschickte Liebesbriefe)

ASP (Foto: Kristin Hofmann bs! 2017)

Im Zugabenteil gibt es noch eine Ankündigung, welche ich hier leider nicht veröffentlichen darf, denn zwischen Band und Publikum wird auf diesem Konzert eine Art Verschwiegenheitsvereinbarung darüber getroffen – alle BeucherInnen der „20.000 Meilen“-Shows wissen von ich spreche und für alle anderen Menschen gilt, lasst Euch einfach mal überraschen. Ganz zum Schluss merkt man Mr. ASP dann doch die gesundheitliche Einschränkung an, dies hält Herrn Spreng allerdings nicht davon ab, sein Glaubensbekenntnis – wie er selbst sagt – zum Besten zu geben. Die Rede ist natürlich vom dem Band-Klassiker und einer Genre-Hymne „Ich Will brennen„.

[…] Fass mich nicht an
Sonst kanns passiern
Dass wir uns in der Hitze
Dieser Nacht verliern

Komm mir nicht zu nahe
Sonst kanns geschehen
Dass wir beide
Lichterloh in Flammen stehen

Ich will brennen! Ich will brennen!
Auch wenn danach nur kalte Asche übrig ist
Ich will brennen! Ich will brennen!
Selbst, wenn du meinen Namen morgen schon vergisst
Heißes Licht im Himmelsflug
Mit dem letzten Atemzug
Will ich brennen! Ich will brennen! […]
(Auszug: ASP-Ich will brennen)

Das war ein richtig gutes Konzert, toll inszeniert, Licht und Sound perfekt und ein Publikum, welches mit voller Euphorie die Musik zelebrierte. Mir sind Kapellen wie ASP mit Haltung ehrlich gesagt lieber, als solche mit etwas aufgesetzter Attitüde, wie die Band im Vorprogramm aus Norwegen. Wie bereits erwähnt machen die Frankfurter jetzt erst einmal eine Pause mit einer kleinen Ausnahme, der Konzertzusage für das LineUp des Plage Noire 2018. Für das Festival in Schleswig-Holstein gibt es allerdings kaum noch Karten, wer dahin will sollte sich eher beeilen. Ich bin jedenfalls beim nächsten Konzert hier vor Ort auch wieder mit am Start – in diesem Sinne.

Gothminister (Foto: Torsten Volkmer bs! 2017)

Galerien (by Kristin Hofmann & Torsten Volkmer bs! 2017):

ASP (Foto: Kristin Hofmann bs! 2017)

Setlist:

  1. Mondscheinsirenade
  2. Duett (Das Minnelied der Incubi)
  3. 20.000 Meilen
  4. Eisige Wirklichkeit
  5. Werben
  6. Weichen(T)stellung
  7. SonaARta
  8. Astoria verfallen
  9. Die Kreatur mit der stählernen Maske
  10. Wechselbalg
  11. Torpedos
  12. Das Kollektiv
  13. Schwarzes Blut
  14. Bernsteinmeerengel
  15. Die Untiefen
  16. Krabat
  17. Zutiefst …
    Encore
  18. Und wir tanzten (Ungeschickte Liebesbriefe)
  19. Fortsetzung folgt
  20. Ich will brennen

Weiterhören:

  • ASP: „Hast Du mich vermisst? (Der Schwarze Schmetterling I)“, „Duett (Der Schwarze Schmetterling II)“, „Weltunter (Der Schwarze Schmetterling III)“, „Aus der Tiefe (Der Schwarze Schmetterling IV)“, „Requiembryo (Der Schwarze Schmetterling V)“, „Zaubererbruder – Der Krabat-Liederzyklus“, „fremd (Fremder-Zyklus 1)“, „Maskenhaft (Fremder-Zyklus 2)“, „Verfallen-Folge 1: Astoria)“, “ Verfallen-Folge 2: Fassaden)“ & „zutiefst (Fremder-Zyklus, Teil 3)“
  • Gothminister: „Gothic Electronic Anthems“, „Empire Of Dark Salvation“, „Happiness In Darkness“, „Anima Inferna“, „Utopia“ & „The Other Side“

Links:
www.aspswelten.de
www.gothminister.com
www.alter-schlachthof.de

Veranstalter:
Aust Konzerte

Tobias Richter
Tobias Richterhttps://www.facebook.com/mischband/
Jeder sollte einen Tobi haben. Keiner von uns hat ihn je gesehen, der Typ ist einfach zu groß und artig, der schmeißt aufgeblasene orange Dinger in Einkaufsnetze und - wie man so hört - muss sich der Ü190 Hüne dafür bücken. Eat Sleep Ball Repeat. Ansonsten ist ein Tobi einer, der Kassetten professionell aufwickeln kann, "der immer Ärger macht, der Streiche spielende Anstifter, der, der süchtig nach Furcht ist, ein Sinnbild für Gefahr." Jeder sollte einen Tobi haben. Und eine B-Seite.

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