Zwar lässt der finnische Sommer in diesem Jahr mit durchwachsenem Wetter und ebenso unspektakulären Temperaturen auf sich warten; die Sommerfestival Saison lässt sich aber wie immer trotzdem niemand vermiesen. Zum achten Mal stieg am zweiten Juniwochenende der Kivenlahti Rock, allerdings nicht wie zuvor im gleichnamigen Ort, sondern auf dem Sportparkgelände im zur Stadt Espoo gehörenden schönen Leppävaara.
Überraschenderweise waren am Freitag selbst am späten Nachmittag noch relativ wenige Besucher anwesend. Ob das am nicht gerade prickelnden Wetter, an der neuen Location oder einfach daran lag, dass Freitag nachmittags in Finnland zum Sommeranfang hin fast jeder mit Sack und Pack aufs Sommerhaus fährt – jedenfalls kam die Festivalstimmung während der ersten Bands noch nicht so richtig auf. Selbst Chisu mit ihrer eigenen Anhängerschaft ließ den Funken nicht überspringen, aber Pop ist auch nicht jedermanns Sache. Etwas lockerer ging's dann doch bei "Jukka Poika & Sound Explosion Band" ab. Einerseits sicherlich, weil man inzwischen schon das ein oder andere Bier intus hatte. Andererseits auch, weil Jukka Poika – so absurd und paradox finnischsprachiger Reggae auch klingen mag – mit karibischen Klängen Urlaubs- und Partystimmung schnell erzeugten. Kurz vor 23 Uhr war's dann Zeit für den Headliner des ersten Abends: Wie fast alle international erfolgreichen finnischen Bands spielen Apocalyptica nur noch selten in ihrer Heimat und waren auch jetzt erst zwei Tage zuvor aus Bogota, Kolumbien in skandinavische Gefilde zurückgekehrt. Möglicherweise war der Jetlag für den anfangs ziemlich schlappen Einstieg ins Set Schuld, nach ein paar Songs Anlaufzeit gab sowohl die Band als auch das Publikum letztendlich doch noch Gas. Nachdem Tipe Johnson, der als Gastvokalist die gesamte 7th Symphony-Tour bisher stimmkräftig unterstützt hat, mit seiner Version von "End Of Me" und "I'm Not Jesus" das Eis gebrochen hatte, wurde der erste Kivenlahti-Abend schließlich doch noch zu einer richtig rockigen Sache.
Sparzanza aus Schweden im Anschluss daran haben zwar bereits einen Namen, die größeren Verstärker und das bessere Budget für Nebel- und Feuerwerkseffekte, kamen aber diesmal leider etwas arrogant rüber. Und da sich Schweden und Finnen eh besonders "liebhaben", konnte sich die Band auch nicht die entsprechenden bissigen Bemerkungen über ihren Eurovisionssieg und die Tatsache, dass Finnland mit einem Beitrag in schwedischer Sprache schon in der Vorentscheidung aus dem Rennen waren, verkneifen.
Die nächsten im Programm waren Waltari – diese Jungs können inzwischen auf eine 26-jährige Bandkarriere zurückblicken und haben im Laufe der Zeit zwischen Metal, Hard Rock, Hip Hop, Punk und Pop fast keine Stilrichtung ausgelassen. Leider waren die ohnehin schon immer eigenwilligen Songs diesmal alle durchweg auf der ruhigeren, poppigeren Seite angesiedelt, und so begaben sich Viele nach einer Weile ins Experience-Festzelt, um sich die zeitgleich dort auftretenden Amoral zu geben, anstatt bis zum Ende des Sets bei Waltari auszuharren.
Glücklicherweise hielt die Enttäuschung nicht lange an, denn Stam1na hatten eine Überraschung parat.
Wer jetzt aber denkt, dass die durch Stam1na angeheizte Menge durch die nachfolgenden "Eläkeläiset" (zu Deutsch "die Rentner") wieder abkühlen würde, der hat die finnischen Metalfans ganz falsch eingeschätzt. Um die Begeisterung für "Humppa" (=schnelle Tanzmusik, verwandt mit Jazz und sehr schnellem Foxtrott) zu verstehen, muss man wohl in Finnland aufgewachsen sein, denn wie auch die härtesten Rocker im Lederoutfit mit Begeisterung zur Massenpolonaise mit gegenseitigem Abklatschen ausrücken ist zumindest für Außenstehende ein bisher unerklärbares Phänomen. Die Musik mag gewöhnungsbedürftig sein – aber erlebt haben sollte man das wenigstens einmal im Leben unbedingt!
Derart angeheizt und warmgetanzt sammelte sich danach alles vor der Hauptbühne. Dort lieferten Michael Monroe und Band anschließend noch das musikalische Sahnehäubchen – immer gut gelaunt und alte Hasen im Rockbusiness, die es einfach draufhaben richtig zu rocken und mit dem Publikum hautnah zu interagieren. Seit dem Ende von Hanoi Rocks gar nicht mehr so Glam, aber dafür rockiger denn je sind Michael Monroe-Auftritte eigentlich immer fantastisch. So auch an diesem Abend.
Einen besseren Ausklang hätte man sich nicht wünschen können, und ungeachtet des Wetters, des neuen Veranstaltungsortes und einiger Schwächen im Programm gibt es eigentlich nur ein Fazit zu ziehen: Kivenlahti Rock – immer gern, und hoffentlich im nächsten Jahr wieder!
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