Da mensch seit der Fertigstellung der Autobahn zwischen Dresden und Prag nur noch eine reichliche Stunde mit dem Auto unterwegs ist, macht es durchaus Sinn, dass The Dandy Warhols auf Ihrer aktuellen Europa-Tour in Richtung Berlin einen Halt in der sächsischen Landeshauptstadt einlegen – zum allerersten Mal in der über 20jährigen Bandgeschichte – und zu einem Konzert im Beatpol einladen. Wahrscheinlich war es auch eher umgedreht und die Verantwortlichen des besten Live-Clubs der Stadt wollten die Alternative-Rock-Band aus Portland schon eine ganze Weile hier spielen lassen.
Bohemian Like You
Schön, dass es heute Abend geklappt hat und das szenekundige (Dresdner) Publikum dankt es durch eine gut gefüllte Lokalität. Wobei einige BesucherInnen, zumindest laut Autokennzeichen, aus den Nachbarländern Polen bzw. Tschechien angereist sind. Dank des poppigen Dandy-Überhits „Bohemian Like You“ hat sich sogar die eine bzw. der andere MainstreamerIn mehr in der Beatpol verlaufen. Das wäre ohne die Durchnudelung des Songs mittels der Werbung eines bekannten Mobilfunkanbieters höchstwahrscheinlich nicht passiert. Der angenehme Nebeneffekt für die Band: Beim Einrichten ihres Studiokomplexes mit dem Namen „Odditorium“ musste nicht ganz so genau auf das Geldausgeben geachtet werden. Damit haben sich The Dandy Warhols ihre eigene künstlerische Spielwiese geschaffen wie es einst in den 60er Jahren Bandvorbild bzw. „Mitnamensgeber“ Andy Warhol mit seiner „The Factory“ tat.
Den Abend im Dresdner Beatpol beginnen die Newcomer Telegram mit einer Mischung aus Glam Rock und Punk. Die Londoner präsentieren ihr Debut-Album „Operator“ und vertreiben als passender Support-Act die Wartezeit auf Courtney Taylor-Taylor (Gesang/Gitarre), Peter Holmström (Bass/Gitarre), Brent DeBoer (Schlagzeug) sowie Zia McCabe (Keyboards/Sampler).
Gegen zehn Uhr abends ist es dann endlich an der Zeit. The Dandy Warhols kommen auf die Bühne. Dabei verschwindet Peter gleich wieder im unbeleuchteten Bereich und wechselt während des gesamten Abends seine Gitarren wie andere ihre Klamotten. Zia justiert im Halbdunkeln ihre Tasteninstrumente, dadurch sind Eric und Courtney gleichberechtigt auf der Bühne platziert und eigentlich auch nur die beiden richtig eingeleuchtet. Letztgenannter wirkt von Anfang an ein wenig desorientiert, woran es liegt, bleibt sein Geheimnis.1 Jedenfalls geht es ohne Ansagen & Co. gleich richtig los – quer durch die Dandy-Discographie – im ersten Teil des Sets ist u.a. der Klassiker „Not If You Where The Last Junkie On Earth“ untergebracht.
Allerdings erhalten die poppigen Hits im Live-Gewand mehr Gitarrenklänge, im Vergleich zu den LP-Versionen, mit bisweilen etwas ausufernden, psychedelischen (Electro-)Noise-Zwischensequenzen, bei denen mensch für die Wiedererkennung des ein oder anderen Songs schon genauer hinhören muss.
Diesen schweren, düsteren und basslastigen Live-Sound habe ich so nicht ganz von der Band erwartet, er wird aber ebenso passend – ohne übertriebenes, grelles LED-Licht – gut in Szene gesetzt.
In diesem Zusammenhang wird mit dieser Sperrigkeit die Nähe zu den Idolen der Dandys erkennbar. Die Rede ist natürlich hier von The Velvet Underground, deren Veröffentlichungen teilweise vom schon erwähnten Andy Warhol produziert worden sind und nicht umsonst tauch die eine oder andere „Pop Art“-Banane auf manchen LP-Covern von The Dandy Warhols auf. Mit
„Thick Girls Knock Me Out (Richard Starkey)“
…ist ein brandneuer Track im Set enthalten und erwartungsgemäß wird der absolute, sofort wieder erkennbare Kracher „Bohemian Like You“ zum Besten gegeben. Dieser Song wird vom Publikum richtig abgefeiert und lädt alle Anwesenden zum Tanzbeinschwingen ein. Viele im Publikum sind allerdings, wie ich auch, über das ziemlich abrupte Ende des Konzertes irritiert – ohne Zugabe bzw. großartige Ansagen ist einfach so Schluss.
Aller paar Jahre mal ein Album veröffentlichen, dazu ab und an mal eine Tour spielen, aber nicht zu viel des Guten, es könnte evtl. in Arbeit ausarten, irgendwie passt dies zum bandeigenen Rhythmus der letzten Zeit. Nur Zia McCabe, pitch ihren Sampler noch am Ende, verbunden mit dem Hinweis, dass in der Dresdner Neustadt in Katy’s Garage eine After-Show-Party stattfindet, wo sie selbst als DJane auflegen wird, hoch. Nun gut, dann geht es eben etwas eher ins Bett als gedacht…in diesem Sinne.
Galerien (by Kristin Hofmann):
Setlist:
- Be-In
- Crack Cocaine Rager
- Get Off
- Not If You Were The Last Junkie On Earth
- STYGGO
- I Love You
- Everyone Is Totally Insane
- Catcher In The Rye
- Plan A
- Holding Me Up / (Unknown)
- Every Day Should Be A Holiday
- You Are Killing Me
- Thick Girls Knock Me Out (Richard Starkey)
- We Used To Be Friends
- Bohemian Like You
- Godless
- Pete International Airport / Boys Better / Zia Outroset
Weiterhören:
The Dandy Warhols: „Distortland“; „This Machine“; „The Dandy Warhols Are Sound“; „Earth To The Dandy Warhols“; „Odditorium Or Warlords Of Mars“; „The Black Album / Come On Feel The Dandy Warhols“; „Welcome To The Monkey House“, „Thirteen Tales From Urban Bohemia“; „…The Dandy Warhols Come Down“ & „Dandys Rule OK?“
Telegram: „Operator“
Anmerkungen:
1 Im U.S. Bundesstaat Oregon ist der Konsum des grünen Grases zum Rauchen mittlerweile auch erlaubt.
Links:
www.dandywarhols.com
www.facebook.com/teletelegramgram
Veranstalter:
Schoneberg Konzerte