Es gibt so Bands, grundsympathisch, konzentriert, strahlend, die will und muss mensch einfach sehen. Beyond the Black sind so eine, davon können sich werdende Fans im sehr lesenswerten Tourblog von Bassist Stefan Herkenhoff überzeugen.
Rückblende.
Es begab sich aber zu der Zeit, da machte sich der kleine DiktaTor des besten webzines ever an einem strahlend schönen Tag schon vor Sonnenaufgang auf ins entfernte Sulingen, um der allererste und einzige Fotograf einer vielversprechenden Band im Reload 2015 Fotograben zu sein, einer Band, die das Schwarz erleuchtet. Beyond the Black!
Und als sei es ein Omen, verdunkelte sich an jenem Tag der Himmel Kilometer um Kilometer, Minute um Minute, Ort für Ort. Doch es gelang. Profis, Fans und Wahnsinnige hält nichts auf. Weder ein Gewitter auf freiem Feld, noch endloses Warten auf das Ende des Regens und schon gar kein Temperatursturz im Matschfest. Nichts, bis auf eines vielleicht: Vergesslichkeit. Ein Fotograf ohne Kamera. Lol. Zwinkersmiley. ROFL. Noch heute lachen selbst die PraktikantInnen in seinem Kellerarchiv hinter vorgehaltener Hand, während sie versuchen rauszufinden, ob man die Weberknechte auch dressieren kann.
Also Zurück zum Anfang, durchnässt, zermatscht, unterkühlt. Und wie es so ist in magischen Momenten, wird es mit jedem Meter, der ihn, den lachenden Propheten, von Beyond the Black trennt, heller und heller, heißer und heiterer. Also fährt er nackt und trocknet seine Socken im Fahrtwind. Bis Jennifer Haben (Vocals) und ihre Mannen die Bühne betreten, wird er zurück sein. Nichts kann ihn jetzt noch bremsen. Er ist Profi, er ist auf Adrenalin, er ist schneller als die Beschilderung erlaubt, da kann die perfekt vorbereitet bessere Hälfte auf dem Sozius auch schnell noch `ne Pullerpause machen und Gummistiefel kaufen. Drei wenn sie will. Jawoll! Er hat endlich das Okular im Gepäck und wird nahtlos gebräunt ankommen, da werden die Backing-, Klimper- & Gitarrenboys vor Neid erblassen!
Und wie es so ist in Paralleluniversen, wird es – je näher er dem Reload, auf das er einzig und allein für Beyond the Black wollte, kommt –, dunkler und dunkler, kälter und kälter, vor allem jedoch später und später. Und wie sollte es anders sein, hat der Drummer vermutlich gerade die letzten Drumstick ins maschige Gefilde geworfen, als er nackt und gut bestückt mit Objektiven vor die leergefegte Bühne tritt, auf der sich Beyond the Black vermutlich gerade verabschiedet und verbeugt haben. Seine Stimmung ist im Keller bei den Praktikanten.
Somewhere beyond this world
Far beyond this life
Fate will raise our souls out of the past
Nach einigen Monaten als das NacktBlitzerBild in den Sozialen Medien fast in Vergessenheit geraten ist, kann er es kaum glauben: Beyond the Black, Epica und Powerwolf on tour.
Beyond the Black 2017 in neuer Formation! Jetzt ist seine Stunde gekommen.
Und wie es so ist mit magischen Momenten, wenn mensch ganz fest daran glaubt, können Weberknechte Saltos spinnen. Heute braucht es nur ein kleines glitzerndes Mikro, kein großes Tam Tam, kein unnötiges Wort und eine Band, die auf der Bühne die Nähe zueinander sucht und augenzwinkernd mit dem Publikum kommuniziert. Beyond the Black wirken natürlich, bescheiden, funktionieren als eine Einheit. Schließlich stellt die Band ihre Single „Night will fade“ vor, verbeugt und bedankt sich brav. Beyond the Black. Und dann ist alles ist schwarz.1
Somewhere beyond this day
Night will fade away
Will you follow my final words
For tomorrow beyond this world
Ganz anders: Epica. Das Schwarz ertrinkt in Nebel und Licht. Viel hilf viel, weiß der Theatergott und die Fans bekunden frenetisch, dass sie damit goldrichtig liegen. Epica sind von Anfang an ein ästhetisches Versprechen. Simone Simons – die rote Zora des Symphonic-Metal – hat sich in ein Designer Kleid, das aus einer Rettungsdecke und Gaffa upcyklingmäßig geschneidert wurde,2 eingenäht und würde – das muss mensch neidlos anerkennen – auch in einem Kartoffelsack eine gute Figur machen.
Vielleicht ist diese Frau zu schön um wahr zu sein, immerhin sind Epica aktuell mit „The Holographic Principle“ [Review] unterwegs und bei solch einem Albumtitel – der seine visuelle Entsprechung in bunten LichtLaserPyramiden findet – kann mensch schon mal auf gewisse Gedanken kommen. Egal.
Epica sind alles, was das Symphonic Metal Herz begehrt.
Große Geste, ein wahnsinnig interaktives Brummkreisel-Piano, Wechsel und Posen auf der Bühne sowie ein Gesang, der sich in Frequenzbereichen abspielt, für die das menschliche Ohr eigentlich nicht gemacht ist. Alle Ohren hier sind allerdings gespitzt, alle Fäuste – von Anfang an(!) – in der Luft und Epica wirken – in Slow Motion – wie die coolste Schaumawerbung, die je gedreht wurde.
Fest steht: Epica geben alles – vom Abstecher in den Graben bis zum schweißigen Handtuch –, um ihren Fans was zu bieten.
Metalfans sind treu,
… ob jedoch Fans einer Power-Metal-Band wie Powerwolf der Roten Zora und ihrer Bande etwas abgewinnen können, müssen wir offen lassen, können aber zu bedenken geben, dass die satirische Metal-Messe, die die Wölfe hier feiern, auch für sich hätte stehen können. Im Nu verwandelt sich das Capitol in einen Kreuzgang und erbebt im Gebet.
Der Hohepriester der hier Fürbitte hält, ist hässlich wie die Nacht (gemacht), es ist entzückend! Das Publikum tanzt Rosenkränze (Circle Pit), Klagemauern (Wall of Death) und kommt auf jedes Ave Maria. Der Abt an den Keys orgelt und salbt was das Zeug hält, die Fratzen zum Gebet verzerrt. Die Mission – so der Leitwolf – laute heute alttestamentarisch, gnadenlos und satirisch:
Fight for heavy metal. Fight for Powerwolf.
Amen und Attacke. Amerika ist kacke. (sinngemäß! Anm. I.H.)
Die Show ist tatsächlich ein Gottesdienst, ein Fest für die Augen und huldigt – gar mönchisch und zölibatär – all jenen »Männern (!), die denken, der Hodensack sei heilig« Amen. Das Capitol bebt potent zur Liturgie. Der Vatikan wirkt – vergleichen mit dieser Segnung – selbst zu Ostern wie ein Kasperletheater auf Ritalin, denn selbst Agnostikern und Nonnen jucken schon nach den ersten drei Songs die Gonaden, wenn Powerwolf den Mond anheulen. Mehr geht nicht an einem heiligen Sonntag.
Und der Wolf sprach „gebt mir all euer Blut“
und die Gemeinde neigt das Haupt auf und nieder.
Immer wieder.
In the Sacrament of God we drink up
All You Can Bleed
No remorse
All You Can Bleed
In the midnight mass we celebrate you
Galerien (by Torsten Volkmer bs!):
- Powerwolf (29.01.2017, Hannover) [34]
- Epica (29.01.2017, Hannover) [36]
- Beyond The Black (29.01.2017, Hannover) [27]
Setlist Powerwolf:
Amen.
Setlist Epica:
- Edge of the Blade
- A Phantasmic Parade
- Universal Death Squad
- The Essence of Silence
- Ascension – Dream State Armageddon
- Dancing in a Hurricane
- Unchain Utopia
- Cry for the Moon
- Sancta Terra
- Beyond the Matrix
- Consign to Oblivion
- I was there
Setlist Beyond the Black:
- Intro
- Lost In Forever
- Night will Fade
- Shine and Shade
- Running to the Edge
Links:
www.powerwolf.net
www.epica.nl
www.beyond-the-black.com
Anmerkungen:
1 Apropos Magie. Für den SAT 1 Film „Die Ketzerbraut“ steuern Beyond The Black den Titelsong. Sängerin Jennifer Haben ist darin in einer Nebenrolle zu sehen. Das SAT.1 TV-Event wird im Frühjahr 2017 in SAT.1 ausgestrahlt.
2 Beim Upcycling (englisch up „nach oben“ und recycling „Wiederverwertung“) werden Abfallprodukte oder (scheinbar) nutzlose Stoffe in neuwertige Produkte umgewandelt. Im Gegensatz zum Downcycling kommt es bei dieser Form des Recyclings zu einer stofflichen Aufwertung.