Wacken. Zum nunmehr neunten mal besuchte ich das kleine norddeutsche Dorf und ich kann sagen, ich habe dort oben schon wahrlich alles gesehen. War man in Wacken, wird man stets gefragt: Wie war das Wetter? Und wie sollte es anders sein: In diesem Jahr war alles dabei. Regen, strahlender Sonnenschein, Gewitter und somit auch der allseits beliebte Schlamm.
Was wäre Wacken ohne Schlamm?
Wir kamen bereits am Dienstagmorgen auf dem heiligen Acker an und da wir Bekannte hatten die uns etwas freigehalten haben, hatten wir einen super Platz auf Zeltplatz C und waren 2 Minuten Fußweg vom Eingang entfernt. Geiler geht’s eigentlich nicht. Das Wetter am Dienstag war top. Direkt vor unserem Camp hatten Menschen Spaß mit einer Plane und Seifenwasser. Es hat also nicht mal einen Tag gedauert, bis man dann schließlich auch nackte Menschen sah. Aber auch das gehört zu Wacken. Beim Merchstand gab’s allerdings die erste Überraschung. Die T-Shirts wurden teurer. Kostete ein T-Shirt im vergangenen Jahr noch 17,- oder 18,- €, lagen sie in diesem Jahr bei 20,- €. Ich hab mir trotzdem eins gekauft, gehört es doch irgendwie dazu (was vielleicht de unverschämten Preis erklärt). Die nächste unschöne Überraschung: Festival Touristen. Nachbarn, deren Musik dermaßen laut war, dass mir selbst 30 m von deren Boxen entfernt noch die Ohren schmerzten und es lief, abgesehen vom letzten Tag, nicht mal viel Rock/Metal. Überwiegend war es anderes Zeug. Ich hab auf jeden Fall jetzt ein Trauma vom Song „Ich und mein Holz“. Fragt nicht. Die Gruppe hat es jedenfalls geschafft, dass ich mir zum Schlafen mal Ohrstöpsel in die Ohren gestopft hab.
Mittwochs war das Wetter dann etwas schlechter. Es gab immer mal wieder einen ziemlich nervigen Schauer. Trotzdem spielten die ersten Bands und ich konnte anfangen, mich beim Wackinger Village durchzufuttern. Ich liebe das Essen auf Mittelaltermärkten und genau das gibt es auch im Wackinger.
Gesehen hab ich allerdings nur Vogelfrey. Im Regen durch den Matsch zu waten macht irgendwie nur bedingt Spaß, also ließ man’s Mittwoch doch etwas ruhiger angehen. Zu Vogelfrey kann ich aber sagen, dass diese Band immer wieder Spaß macht und auch das Publikum immer wieder gut dabei ist. Das bekannteste Lied dürfte „Wir sind Helden“ sein. Wer auf Mittelalter-Metal steht und Vogelfrey noch nicht kennt, sollte das dringend ändern.
Donnerstag. Los ging es für mich um kurz vor 16:00 Uhr und der Abend versprach lang und gut zu werden. Saxon, Foreigner, Whitesnake und Iron Maiden. Ein Feuerwerk der großen Namen. Da ich nicht nur Metalfan bin, sondern auch sehr gerne den alten Rock höre, konnte ich mich darauf nur freuen. Im Infield eine – diesmal positive -Überraschung. Die Bechergröße wurde bei gleichbleibendem Preis (4 €) wieder auf 0,4l erhöht. Somit ist der Stand von vor 3 Jahren wiederhergestellt.
Leider konnte ich die Urgesteine um Biff Byford nicht komplett sehen, da ich zu Beginn der Show noch im Stau der Einlasskontrolle stand. Aber natürlich haben sie trotzdem die Klassiker wie „20000ft“, „Denim and Leather“ und „747 Strangers in the Night“ gespielt. Auch wenn man Saxon schon gefühlte 100-mal gesehen hat, machen sie mir immer wieder Spaß. Direkt im Anschluss konnte ich mein erstes Mal Foreigner erleben und ich war begeistert. Eine super Set List mit einem Hit nach dem anderen. Es fehlte weder “Urgent“, noch „JukeBox Hero“, oder „Cold as Ice“ und auch die Überballade „I want to know what Love is“ fehlte nicht.
Geil war’s.
Nach einer weiteren Umbaupause für Whitesnake konnte ich die Jungs um David Coverdale ebenfalls von meiner Liste der Bands streichen, die ich noch nicht gesehen habe. Auch hier wurde ein Hit um Hit abgefeuert, aber warum drei Solis direkt nacheinander sein müssen, weiß ich nicht. Es hat trotzdem Spaß gemacht.
Das Wetter hielt am Donnerstag nicht, was es tagsüber so versprach. Zum Ende von Whitesnake kam ein ordentlicher Schutt runter, der dann auch Wege wieder verschlimmerte und auch während Iron Maiden nie ganz aufhörte. Aber wer 2015 in Wacken war, der wird nur gelangweilt mit den Schultern zucken.
Egal. Poncho drüber und weiter geht’s.
Iron Maiden.Das Infield war zum Glück noch nicht zu stark aufgeweicht, man fand also immer noch einen guten Platz zum Stehen. Leider hat es auch während Maiden immer wieder etwas geregnet, was die Stimmung etwas drückte. Trotzdem machen die Jungs immer wieder Spaß. Ich hab sie jetzt zum dritten mal gesehen. Sie spielten natürlich viel vom neuen Album, aber auch Klassiker wie „Number of the Beast“ und „The Trooper“ waren mit dabei. Mir war es wie bei den letzten beiden male ein Fest. Auch wenn ich gern ein paar mehr Klassiker gehabt hätte.
Hätte es nicht geregnet wäre ich vielleicht nach Maiden noch ins Zelt zu Blue Oyster Cult, habe aber stattdessen noch ein Moment ausgeharrt und das Abschiedsvideo für Lemmy geschaut, während auf der Black Stage das Bühnenset von Motörhead mit dem Bomber aufgebaut war. Ich muss gestehen, ich hatte ein bisschen Pipi in den Augen.
Freitags Niesel. Und irgendwie ist man ja auch ziemlich faul. Grade nach ein paar Tagen Festival. So fielen dann für mich Orden Ogan und Beyond The Black aus. Los ging es für mich gegen 17:30 Uhr zu Eluveitie. Auf deren Auftritt war ich gespannt, da vor kurzem Anna und zwei weitere die Band verlassen haben. Auf dem RockFels hab ich sie schon ohne Anna gesehen und so war ich gespannt was für ein Set gespielt wird. Überrascht war ich allerdings als Liv Kristine (ehemalige Leaves Eyes Sängerin) auf die Bühne geholt wurde und „Call of the Mountains“ und „A Rose for Epona“ gespielt wurden. Leider merkte man, dass Liv den Text noch nicht kennt, da sie regelmäßig zum Boden schaute, um abzulesen. Außerdem ist Liv halt irgendwie nicht Anna. Für mich fehlt Anna leider ziemlich. Auch der Pokémon Hype machte vor Wacken übrigens nicht halt. Während des Konzertes von Eluveitie fing vor mir einer ein Hornilu.1
Kann man machen, muss man aber nicht. 🙂
Meine Mitcamper sind in der Zeit bei Krayernzeit auf der Wackinger gewesen. Im Wackinger legten Bodh’aktan los. Kannte ich nicht, klang aber ganz gut. Zum Ende des Tages standen schließlich noch Blind Guardian auf dem Plan und ich rechnete mit anschließendem Nacken. Meine Erwartungen sind immer hoch, wenn ich sie sehe. Bei 90% aller Blind Guardian Konzerte komme ich mit Nacken raus. So auch dieses Mal. Die letzten drei Songs waren mit dem „Bard Songs“ (Gänsehaut, wie immer bei diesem Stück. Ich liebe es), „Mirror Mirror“ und „Valhalla“ sogar ein kleines bisschen Wunschkonzert. Das waren nämlich genau die drei Songs, die mir zu diesem Zeitpunkt noch fehlten. Meine Haare allerdings waren schon total verknotet und gut durchgelüftet. Ich machte trotzdem weiter. Der arme Nacken. Im Anschluss gab’s dann die obligatorische Party im Camp. Im Zelt bin ich um 5 gelandet.
Es war böse. 🙂
Am Samstag weckten prasselnder Regen und Gewitter. An Schlaf war natürlich nicht mehr zu denken. Das ganze dauerte zum Glück nicht lange und ich schälte mich danach aus dem Zelt. Es kam dann auch kurz darauf die Meldung, dass das Unwetter vorbei ist und dass das Vorfeld erst um 11:00 Uhr aufgemacht werde, damit der Regen noch etwas ablaufen könne. Die Wege waren natürlich wieder entsprechend aufgeweicht. Matsch. Abbau. Callejon gesehen, um anschließend zu Steel Panther zu wechseln. Nun ja…
Callejon ist eigentlich nicht so meins.
Ich bin trotzdem mitgegangen. Letztlich ein Fehler. Ich hätte mir wohl besser Therion anschauen sollen, die gleichzeitig spielten. Callejon jedenfalls waren größtenteils nicht sonderlich gut abgemischt. So dass man nur die Double Base und das Gegrowle des Sängers hörte. Andere Instrumente leider viel zu selten. Ein sehr häufiges Problem in Wacken, was bei einer solchen Festivalgröße eigentlich nicht passieren darf. Aber ich muss gestehen, die Songs kenn ich jetzt auch nur teilweise, immerhin konnte ich „Schrei nach Liebe“ mitsingen. Trotzdem war ich enttäuscht.
Als Callejon den letzten Song spielen wechselten wir zur True Stage. Dort sollte Steel Panther kurz darauf anfangen. Die Jungs aus Kalifornien dürfte die versauteste Band auf dem Festival gewesen sein. Wie eigentlich immer wenn sie irgendwo auftauchen. Frauen, die ihre Brüste entblößen, gehören bei den Jungs zur Tagesordnung. Einige sagen, dass sie zu viel quatschen und zu wenig spielen. Allerdings gehört das Gequatsche mit zur Show und ist eigentlich immer einen Lacher wert. Stellenweise allerdings ziemlich sexistisch. Trotzdem machen Steel Panther live immer wieder ziemlichen Spaß, gerade weil Lexxi Fox den Glam Metal auf die Schippe nimmt. Man merkt, dass sie sich stellenweise selbst nicht ganz ernst nehmen und das trägt zu ihrem Erfolg bei.
Um Twisted Sister zu sehen, galt es, erst noch Tryptikon zu überstehen. Eine Black Metal Band die ich eigentlich nur nur ein Pausenfüller war. Vor der Bühne war auch eher wenig los, ich konnte an der Seite ohne Probleme bis zum Fotograben vor und mir diesen mal aus der Nähe ansehen. Was die Musik der Band angeht, kann ich leider nicht allzu viel sagen, da ich mit Black Metal eher wenig anfangen kann. Daher hörte sich für mich auch irgendwie jeder Song gleich an.
„Wow“
Twisted Sister. Im Anschluss kam dann noch der Auftritt der Jungs um Dee Snider. Eigentlich fällt mir nur ein Wort dazu ein. „Wow“. Das war definitiv mein persönliches Festival Highlight und wer es verpasst hat, sollte sich grün und blau ärgern. Nicht nur war es das letzte Konzert von Twisted Sister in Deutschland (also wirklich letztes Konzert. Dee konnte sich ein paar Seitenhiebe auf die Scorpions oder Kiss in diesem Zusammenhang nicht verkneifen) auch die Show war ziemlich grandios und Dee Snider auf der Bühne zu erleben, war super. Die Songauswahl war Top. „The Price“ wurde dann auch direkt einigen verstorbenen Musikern gewidmet (u.a. AJ der ehemalige Drummer von Twisted Sister und natürlich Lemmy), was mir Pipi in die Augen brachte. Die beiden Über-Hits „We’re not gonna take it“ und „I wanna Rock“ durften natürlich auch nicht fehlen und das Publikum feierte. Schade, dass es wohl das letzte Konzert auf deutschem Boden gewesen ist.
Wer es nicht gesehen hat, hat auf jeden Fall etwas verpasst.
Gerne hätte ich mir auch noch das Hologramm von Dio angesehen, leider habe ich erst zu Hause erfahren, dass das stattfand.
Text: Bernd Preißmann
Fotos: Lars Peters
Einen kleinen Überblick über die Wacken Fotos findet ihr in unserer Galerie:
- Wacken 2016 [93]
1 Hornliu ist ein kleines, braun gefärbtes Pokémon
Links:
www.wacken.com