Gäste: Daniel Wirtz, Johannes Oerding, Stefanie Heinzmann, Sebastian Krumbiegel, Josephin Busch, Carl Carton
Wenn Udo Lindenberg „erneut“ in Hannover halt macht, kommen sie alle. Jede Altersgruppe, von 7 bis 77, alles dabei. Jede Gesellschaftsschicht und natürlich pure Fans der Udo Lindenberg-Musik; letztere zahlreiche an diesem Abend an ihren Hüten und den schwarzen schulterlangen Haaren zu erkennen, klar. Ob nun Rocker, Volksmusik-, Pop- oder Disco- als auch Metal-Fan, Udo vereint sie alle und schafft es, mit seiner Megashow jeden in eine andere Welt eintauchen zu lassen. Es passiert bei der knapp dreistündigen Show so viel, dass man es in seiner Gesamtheit gar nicht im Einzelnen wiedergeben kann. Entertainment auf allerhöchstem Niveau! Es wäre nicht gelogen, wenn man sagen würde, dass selbst Kiss, Robbie Williams und Rammstein an solchen Shows noch die ein oder andere Anleihe nehmen dürften.
Erst letztes Jahr gastierte Udo in Hannover, im Stadion und jene Show war – wie auch heute – ausverkauft. Kein Wunder, dass nach Bekanntgabe dieser neuen Konzertreihe für 2016 ein Zusatztermin für die Stadt an der Leine gebucht worden ist. In der Stadt, in der Udo einige Tage verbracht hat, um sich auf diese ausgiebige Tour vorzubereiten und auch mit seinem Freund Martin davon ausgeht, dass 96 bald wieder erstklassig ist. Hannover scheint ihm zu gefallen und..
die Fans lieben ihn.
Aber was eine Udo Lindenberg Show bietet, übersteigt so ziemlich alles, was man sonst so gesehen haben mag. Sicherlich kann man sich darüber streiten, ob Udo ein guter Sänger ist und man Musikfans heutzutage noch „überraschen“ oder gar provozieren kann, doch was hier an Showeffekten, Überraschungen und Titeln im Set geboten wird, ist eben nicht wirklich zu beschreiben. Man muss eine solche Show erlebt haben – und dies aufgrund der Fülle eben nicht nur einmal.
Über allem schwebt die lebende Legende Udo Lindenberg über die Fans hinweg. Die „Odyssey“ beginnt nach einem Intro vom Der Pate-Soundtrack. Udo fliegt durch die Gegend, Udo rennt über die riesige Bühne, Udo küsst sein Panik-Ensemble und auch mal die Fans der ersten Reihen.
Udo ist überall und allgegenwärtig.
Mit seinem Charisma und dem gewissen Charme wickelt er das zunächst eher kühle Publikum sofort um den Finger. Man kann sich seiner Person gar nicht entziehen, obwohl zeitweise auf der Bühne an die vierzig Personen rumturnen, spielen und singen. Ja, man bekommt das Gefühl, dass es zeitweise auch zu viel für´s Auge ist. Und auch wenn man es gern vermeiden wollen würde darauf explizit hinzuweisen, aber Udo ist vor kurzem 70 geworden. Selbst das kann er gut in die Show einbringen, in dem er sich einfach selbst feiert und ein „Happy Birthday“ anstimmt, um auf genau das Lied aufmerksam zu machen, welches ihn doch wohl zur Vernunft gebracht hat, um weniger Alkohol zu sich zu nehmen
„Mein Body und ich“.
Was wurde in letzter Zeit nicht alles über ihn geschrieben, anlässlich des runden Geburtstags und natürlich des neuen Albums „Stärker als die Zeit“, welches eben bei der heutigen Show ebenso seine Berechtigung findet wie zahlreiche Klassiker, die so gut wie jede/r mitsingt – und sei es im Stillen. Ja, es fließen auch Tränen beim Antikriegssong.
Emotional und rockig.
Doch auch die Überraschungsgäste können im Panik-Orchester trumpfen. Als einziger im Vorfeld genannt war Daniel Wirtz, der zwar als Support angekündigt worden ist, aber im Endeffekt doch nur bei einem Song mitwirkte. In diesem hat er seine eigene „Rock me Amadeus“-Rap-Version auf Udo zum besten gegeben; im Zwischenpart des abgespackten Hip-Hop-Songs „Bunte Republik Deutschland“. Des Weiteren hatten die Ehre mitzuwirken: Johannes Oerding („Cello“), Stefanie Heinzmann beim Rühmann-Coversong „Ich brech‘ die Herzen…“ oder auch mal Sebstian Krumbiegel (Die Prinzen). Dass eine Josephin Busch dabei ist, dürfte der eingefleischten Fangemeinde nicht neu sein, ist sie es doch, die Udos Musical so hörens- und sehenswert macht. Udo wird zwischendurch auch politisch, das kennt man von ihm. Er lässt es sich nicht nehmen, auf den derzeitigen türkischen „Herrscher“ einzugehen wie auch die Tatsache, dass dem Herrn Gauland zu danken sei, weil er endlich mit seinen Zitaten dafür gesorgt habe, dass „…die hässliche Fratze und die Richtung der AfD aufgezeigt worden ist…“. Der Mittelfinger folgte auf die Nazis dieser Welt, passend zum Song „Sie brauchen keinen Führer“, bei dem Krumbiegel hinzustößt –
Rock gegen Rechts!
Irgendwann ist es dann auch soweit, dass Gerhard Gösebrecht mit seinem Ufo landet und ein Kind vom Chor auch als Darth Vader verkleidet durch die Bühne stolziert. Das schöne daran ist, dass auch zum Schlussakt der spektakulären Show die Pressefotografen nochmal in den Graben dürfen, um die Show aus nächster Nähe festhalten zu dürfen. Welcher Künstler macht derartige Aktionen schon?!
Und jene halbe Stunde zum Ende der Show hat es nochmal voll und ganz in sich. Ab „Honky Tonky Show“ ist Rock´n´Roll pur angesagt, mit einigen Ansätzen von Klassikern der Rockgeschichte (Beatles, Pink Floyd usw.). Bei „Candy Jane“ durften natürlich alle Vertreter des Panik Orchesters auf die Bühne und haben eine nicht enden wollende Party gefeiert; als ob Karneval und Silvester auf St. Pauli gleichzeitig fallen würde. Man traut seinen Augen nicht und möchte eigentlich die Show etwas langsamer angehen lassen, um eben alle Geschehnisse einzufangen. Doch das ist nicht wirklich möglich,
die Rockshow geht ab wie sau.
Ja, Udo schwört bald wiederzukommen, bevor er wieder über dem Publikum schwebt und schlussendlich im Astronautenanzug von der Bühne abhebt. Mit einem Countdown startet die Rakete auf der riesigen Leinwand in den Weltraum. Es knallt gewaltig (Tinnitus lässt grüßen) und das Feuer brennt sich in die Augen der Fans ein. Um kurz vor 23 Uhr ist dann mit einem leisen Outro Schluss und erst auf dem Heimweg versucht mensch all das zu begreifen, was hier auf dieser Bühne passiert ist. Jedes einzelne Detail, jede Anekdote oder Aktion, jedes Highlight. Man muss einfach dabei gewesen sein, es zählt das Erlebte.
Diese Show ist wärmstens zu empfehlen.
Fazit:
„…Udo, kommt bald wieder, bald wieder, nach Haus…HANNOVER“ – wir werden gern wieder mit dabei sein!
Eine phänomenale Show, die man sich nicht entgehen lassen sollte, egal welches Musik- oder Entertainment-Genre bevorzugt. Ja, wir können uns glücklich schätzen, dass Udo uns noch immer mit derartigen Shows beglücken und von den vielen Problemen dieser Welt für gut drei Stunden entführen kann.
TEXT: Arthur Harste
Unsere Konzertfoto-Galerie aus Hannover:
Setlist:
- Intro: „O.S.T. – Der Pate“
- Odyssee
- Einer muss den Job ja machen
- Ich mach mein Ding
- Coole Socke
- Cello (mit Johannes Oerding)
- Ich lieb‘ Dich überhaupt nicht mehr
- Durch Die Schweren Zeiten
- Plan B
- Rock ’n‘ Roller
- Wozu sind Kriege da
Straßenfieber - Sie brauchen keinen Führer (mit Sebstian Krumbiegel)
- Gegen die Strömung (mit Josephin Busch)
- Das kann man ja auch mal so sehen
- Ich brech‘ die Herzen der stolzesten Frau’n (mit Stepahnie Heizmann)
- Bunte Republik Deutschland (mit u.a. Wirtz)
- Mein Body und ich
- Nimm dir das Leben
- Sternenreise
- Gerhard Gösebrecht
- Honky Tonky Show
- Bodo Ballermann
- Der Greis ist heiß
- Hinterm Horizont
- Bis ans Ende der Welt
- Johnny Controlletti
- Sonderzug nach Pankow
- Alles klar auf der Andrea Doria
- Candy Jane
- Reeperbahn
- Eldorado
- Ich schwöre
- Woddy Woddy Wodka
Links:
www.udo-lindenberg.de