Heisskalt: Vom Wissen und Wollen (2016) Book Cover Heisskalt: Vom Wissen und Wollen (2016)
Deutschrock
Departement Musik (Sony Music)
10.06.2016
www.heisskaltmusik.de

Tracklist:

  1. Euphoria
  2. Absorber
  3. Nacht ein
  4. Angst hab
  5. Apnoe
  6. Trauriger Macht
  7. Von allem
  8. Doch
  9. Nichts weh
  10. Lied über Nichts
  11. Tanz, Tanz
  12. Papierlunge

Gut 2 Jahre haben sich Heisskalt Zeit gelassen mit ihrem neuen Album. „Vom Wissen und Wollen“ heisst es und kommt mit 12 sehr unterschiedlichen Songs daher. Aber dieses Album ist weit mehr als eine Aneinanderreihung von Liedern. Es ist eine musikalische Auseinandersetzung mit der Frage, die man mittlerweile schon fast als symptomatisch für unsere heutige Gesellschaft bezeichnen kann: Es geht um eine nicht weiter definierbare Unzufriedenheit, um eine diffuse Unruhe, um eine Suche nach dem Irgendetwas. Oder vielleicht auch die Suche nach dem Irgendwem oder dem Irgendwo.

Die Grundunzufriedenheit ist da, der Schuh drückt. Irgendwie und Irgendwo. Es ist ein Zustand zwischen Wohlstand und Verzweiflung. Zwischen smartphonewischend erträglich und unerträgliche Wut. Zwischen Ablenkung und Verzweiflung. Zwischen Freude und tiefe Traurigkeit. Zwischen dekadentem Wohlstandsproblem und Verstörung. Es ist eine Suche nach dem eigenen Standort, nach Bestätigung, nach einer Verortung des Selbst. Aber es ist auch ein Bedürfnis, etwas zu bewegen, zu verändern, zu hinterlassen. Wo jedoch die Lösung oder der Ausweg aus diesem als zutiefst verstörend empfundenen Zustand zu finden ist, bleibt diffus. Und gerade dieses Nichtwissen ist Teil der Unzufriedenheit, Teil des Dilemmas. Damit bleiben Heisskalt ganz die Kinder ihrer Zeit. Und damit hört der Mainstream aber auch schon wieder auf.

Als Zutaten verwenden Heisskalt deutschsprachige Texte, 2 E-Gitarren, 2 Sänger, 1 Bass, 1 Schlagzeug und 4 Schwaben. Herauskommt eine energetische Musik, mitreißend, fesselnd, gefühlvoll. Musikalisch irgendwo zwischen Rock, Indie und Punk zu verorten. Die beschriebene Unzufriedenheit, die Verzweiflung werden sowohl textlich als auch musikalisch in verschiedenen Facetten transportiert und verarbeitet. Dabei reicht die Bandbreite von melancholisch, ruhig, traurig bis hin zu euphorisch, verzweifelt, trostlos. Der Frust und die Verzweiflung werden gleichsam herausgeschrien, untermalt von teilweise grenzwertigen Disharmonien. Aber immer wieder ist auch eine Prise Selbstironie und Selbstreflexion dabei. Wie zum Beispiel in dem Song „Lied über Nichts“. Ein Lied zwischen Liebeslied, Sarkasmus, Optimismus und eigentlich ein Lied über Nichts und doch ganz viel.

Im Gegensatz zum Vorgängeralbum „Vom Stehen und Fallen“ lässt sich eine musikalische Weiterentwicklung erkennen. Während „Vom Stehen und Fallen“ insgesamt traurig, ruhig und auch etwas unbestimmt wirkt, haben Heisskalt mit „Vom Wissen und Wollen“ gefunden, was sie bewegt. Es ist eine klare Auseinandersetzung mit einer Fragestellung, die für die Musiker zurzeit im Mittelpunkt steht. Diese Fragestellung wird von verschieden Blickwinkel betrachtet und interpretiert. Zugleich sind Heisskalt musikalisch selbstbewusster geworden. Den Tönen wird eine emotionale Facette gegeben, den Instrumenten eine andere Dimension entlockt. Und alles zusammen wird zu einem gefühlvollen, energiegeladenen Cocktail zusammengebraut, der sich zwischendrin in einem Feuerwerk entlädt. Heisskalt haben ihre musikalische Heimat gefunden zu haben.

Daher: Regler hoch, denn Heisskalt machen Musik, die man laut hören muss! Oder aber live. Und dazu gibt es im Herbst Gelegenheit, wenn es nach der Festivalsaison auf Deutschlandtour geht.

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Judith Sander
Es gibt Sucht-Charaktere, die entsagen und es gibt andere, die setzen sich ins Epizentrum ihres Verlangens. Nein, Judith ist keine Schweizer Taschenmesserwerferin, sie ist bekennend schokoladensüchtig und metzelt ohne zu zucken für ‘ne Toblerone oder Eiscreme oder Tobleroneeiscreme oder.. na jedenfalls: Die Frau ist echt Zucker, echt hart drauf, hat ein feines Näschen, legt sich für die richtigen Dinge ins Zeug, in die Kurve und nascht am allerliebsten an kleinen, unbekannten Bands in ruhiger Atmosphäre. Wer die olle Genießerin dennoch ans Messer liefern will, sperrt sie – in einen rosa Rüschen-Alptraum gehüllt – mit stinkenden Dränglern ins Musikantenstadl und nimmt ihr das letzte Milkyway weg.